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       # taz.de -- Studie zum Bildungssystem: Bei Bildung ist die Laune im Keller
       
       > Abgehängte Schüler:innen, zu wenig Personal, Defizite beim Lesen: Wer
       > täglich mit dem Bildungssystem zu tun hat, kann viel meckern.
       
   IMG Bild: Ist das Bildungssystem gut auf die Zukunft vorbereitet? Viele glauben das nicht
       
       Berlin taz | Das Bildungssystem steht unter Druck: Ein Viertel der
       Grundschüler:innen kann nicht richtig lesen. Beim Thema
       Chancengleichheit ist Deutschland so weit wie vor 20 Jahren. Und an vielen
       Kitas und Schulen ist der Personalmangel mittlerweile dramatisch.
       [1][Entsprechend kritisch bewerten diejenigen, die tagtäglich mit dem
       Bildungssystem zu tun haben, die Lage.]
       
       Wie eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage des Bildungsverlags Cornelsen
       zeigt, ist nicht mal jede:r Fünfte zufrieden mit dem Bildungssystem.
       Besonders große Defizite sehen die Befragten in den Bereichen
       Chancengleichheit und Personalausstattung. Hier stufen jeweils rund zwei
       Drittel die Situation als unzureichend ein. Insgesamt fließen die Antworten
       zu sieben Fragen in den „Cornelsen Bildungsindex“ ein, der nun erstmals
       erscheint.
       
       Das Bild, das er vom Bildungssystem zeichnet, ist kein gutes. In zwei der
       drei abgefragten Bereiche – Leistungsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit –
       überwiegt die Unzufriedenheit, bei der Werte- und Chancenorientierung hält
       sich die Stimmung insgesamt die Waage. Allerdings gibt es deutliche
       Unterschiede, je nachdem, von welchem Standpunkt aus die Befragten auf die
       einzelnen Punkte blicken.
       
       So glauben etwa 55 Prozent der Schüler:innen und Eltern unter den
       Befragten, [2][dass das Bildungssystem nicht gut auf die Zukunft
       vorbereitet ist] – der Wert ist fast doppelt so hoch wie bei
       Vertreter:innen aus der Politik. Und Personen aus dem Bereich
       Frühkindliche Bildung sehen beispielsweise deutlich häufiger Probleme bei
       der Kompetenzvermittlung als Vertreter:innen anderer Bereiche.
       
       ## Alle sprechen über Bildung – und sind unzufrieden
       
       „Insgesamt ist uns aufgefallen, dass Personen aus der Frühkindlichen
       Bildung besonders kritisch auf das Bildungssystem blicken“, sagt Sarah
       Fichtner vom Berliner FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und
       Sozialökonomie. Sie hat die Umfrage im Auftrag des Cornelsen-Verlags
       konzipiert und durchgeführt. 250 Personen haben Fichtner und ihr Team
       befragt, je 50 aus den Bereichen Frühkindliche Bildung, Schule und
       schulische Bildung, berufliche Ausbildung, Hochschule und Erwachsenen- und
       Weiterbildung. Neben Schüler:innen, Lehrkräften, Erzieher:innen,
       Ausbilder:innen, Schul- und Kitaleiter:innen sind auch Expert:innen
       aus der Forschung, Politik und Verwaltung vertreten.
       
       Die Multiperspektivität sei das Besondere an dem Bildungsindex, sagte
       Fichtner der taz: „In vielen Studien reden Lehrkräfte über Schule oder
       Kitaleitungen über Kitas“. Beim vorliegenden Bildungsindex seien die
       verschiedenen Gruppen zu allen Bereichen des Bildungssystems befragt
       worden. Idealerweise steige dadurch auch die Sensibilisierung aller
       Bildungsbeteiligter für andere Perspektiven sowie für die Zusammenhänge des
       lebenslangen Lernens. So spreche sich die Mehrheit der Befragten auch für
       mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung aus, denn diese lege den
       Grundstein für alles andere.
       
       Für den Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes Stefan Düll kommen die
       Ergebnisse des Bildungsindexes wenig überraschend: „Das System ist seit
       Jahren überlastet“, sagte Düll zur taz. Das komme nun in der breiten
       Unzufriedenheit derer zum Ausdruck, die diese Überlastung tagtäglich
       erlebten. Düll fordert deshalb die Politik auf, endlich stärker auf die
       Bedürfnisse von Kitas und Schulen einzugehen und [3][die dringend
       benötigten Ressourcen zur Verfügung zu stellen.]
       
       ## Eigentlich funktioniert das System
       
       „Ansonsten weiß ich nicht, wie wir angemessen auf die gestiegene
       Heterogenität in Kitas und Schulen und die gestiegenen Ansprüche an Bildung
       reagieren sollen“. Vor einem Rückschluss allerdings warnt Düll: Die große
       Unzufriedenheit mit dem Bildungssystem bedeute nicht, dass alles schlecht
       sei. „Im Grunde haben wir ein funktionierendes System.“
       
       Dass nicht alles negativ ist, bestätigt auch der Cornelsen Bildungsindex.
       Bei der Demokratieerziehung ist das Feedback mehrheitlich positiv –
       allerdings auch nur in diesem einen Thema. Im kommenden Jahr will Cornelsen
       die Umfrage wiederholen. Mal sehen, wie die Zufriedenheit mit dem
       Bildungssystem dann ausfällt.
       
       15 Nov 2023
       
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   DIR Ralf Pauli
       
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