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       # taz.de -- Umgang mit Bisphenol A: Mediziner fordern mehr Vorsorge
       
       > 56 Mediziner:innen fordern einen anderen Umgang mit Chemikalien. Sie
       > kritisieren den Gesundheitsschutz der Bundesregierung.
       
   IMG Bild: Sooo lecker. Aber in Dosen leider häufig mit Bisphenol A verseucht
       
       Berlin taz | Wissenschaftler:innen kritisieren den Umgang der
       Bundesregierung mit giftigen Chemikalien. In einem offenen Brief an
       Umweltministerin Steffi Lemke und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir
       (beide Grüne) bringen 56 Mediziner:innen ihre „Besorgnis über die
       Weise, in der die deutschen Aufsichtsbehörden Bisphenol A und andere
       Bisphenole gehandhabt haben, zum Ausdruck“. Sie werfen den Ministerien vor,
       die Gesundheitsvorsorge in der EU zu behindern, weil sie zu wenig gegen die
       in allen Mitgliedstaaten zu hohe Belastung der Bevölkerung mit Bisphenol A
       unternehmen. Die Chemikalie wird zur Herstellung von Kunststoffen und
       Harzen verwendet und [1][findet sich in zahlreichen Alltagsprodukten]. Sie
       wird verdächtigt, die Fruchtbarkeit zu schädigen, Diabetes, Krebs oder
       Verhaltensstörungen auszulösen. Mit den im Brief kritisierten
       Aufsichtsbehörden wird vor allem das Bundesinstitut für Risikobewertung
       (BfR) angesprochen. Dieses lehnt einen neuen Grenzwert, [2][den die
       europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (Efsa) im Frühjahr für
       Bisphenol A festgelegt hatte, als zu niedrig ab]. Das BfR zweifelt die
       Methodik an, mit der die Efsa zu ihrer neuen Einschätzung gelangt ist; auf
       der BfR-Website legt die Behörde dar, die Studien seien schlecht
       ausgewählt, zum Teil nicht valide und nicht aussagekräftig. Sie
       veröffentlichte deshalb einen eigenen Grenzwert, der bis zu 1.000-mal höher
       ist als der der Efsa.
       
       Diese Grenzwertableitung „ist fahrlässig“, sagt Andreas Kortenkamp,
       Professor für Humantoxikologie an der Brunel-Universität in London und
       Mitinitiator des offenen Briefes, „weil der BfR-Wert Dosierungen nahe
       kommt, die in Tierversuchen schon Effekte auf die Spermienqualität
       ausgelöst haben“. Einen solchen Grenzwert festzulegen sei ein Prozess, in
       dem man immer wieder Entscheidungen treffen müsse, so Kortenkamp, „das BfR
       hat sich jedes Mal für die weniger vorsorgende Variante entschieden, von
       der Auswahl der Tierversuchsstudien bis zu den Dosis-Wirkungs-Analysen“. In
       ihrem Brief betonen die 56 Wissenschaftler, Bisphenol A sei „eine der am
       umfassendsten untersuchten Chemikalien, dessen Toxizität sehr gut
       beschrieben ist“. Alle wissenschaftlichen Befunde, die nötig seien, die
       Verwendung dieser Chemikalien gemäß der Europäischen Chemikalienverordnung
       Reach einzuschränken, lägen vor.
       
       Das Umweltministerium teilte mit, der Umgang mit Bisphenol A werde neu
       geprüft. Die deutschen Fachbehörden agierten unabhängig von politischen
       Maßgaben, so eine Sprecherin, der offene Brief sei ihnen bekannt. Das
       Landwirtschaftsministerium ließ die Anfrage der taz bis Redaktionsschluss
       unbeantwortet.
       
       3 Dec 2023
       
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