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       # taz.de -- Verzögerung bei Sozialreform: Kindergrundsicherung wohl später
       
       > Familienministerin Paus prüft eine stufenweise Einführung. Damit reagiert
       > sie auf Kritik, die Reform sei finanziell kaum zu stemmen.
       
   IMG Bild: Sparen beim Sozialen?
       
       Berlin taz | Bei der Kindergrundsicherung haben die Grünen die Latte
       ziemlich hoch gehängt. Als „Einstieg in den Kampf gegen strukturelle
       Kinderarmut“ hat Parteichefin Ricarda Lang die Reform immer wieder
       bezeichnet, die grüne Familienministerin Lisa Paus spricht gern vom
       „größten sozialpolitischen Projekt der Ampel“. Die Kindergrundsicherung, so
       das Vorhaben, soll Kinder aus der Armut holen – und nebenbei dafür sorgen,
       dass den Grünen Kompetenz in der Sozialpolitik zugeschrieben wird.
       
       Doch bislang macht die Kindergrundsicherung den Grünen vor allem eines:
       Ärger. Erst mussten sie in der Ampel [1][große Zugeständnisse machen], dann
       hagelte es [2][Kritik von allen Seiten], zuletzt aus dem Bundesrat – der
       nach der Verabschiedung im Bundestag zustimmen muss.
       
       Jetzt scheint Ministerin Paus jedoch bereit zu sein, [3][vom Starttermin
       der Reform abzurücken]. Zwar soll das entsprechende Gesetz weiter zum 1.
       Januar 2025 in Kraft treten. Aber das Anliegen des Bundesrats, eine
       stufenweise Einführung der Kindergrundsicherung vorzusehen, wird derzeit
       geprüft. Das sieht eine Gegenäußerung zur Stellungnahme der Länderkammer
       vor, die das Kabinett gerade verabschiedet hat. Paus’ Ministerium hat sie
       federführend erarbeitet. Wie eine solche Stufenlösung aussehen kann, müsse
       gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) geprüft werden, heißt es
       weiter.
       
       Die BA hatte in einer Anhörung im Bundestag erklärt, ein Start am 1. Januar
       2025 wie bisher vorgesehen, sei aus finanziellen und organisatorischen
       Gründen nicht machbar, dieser sei frühestens ein halbes Jahr später
       denkbar. Die bisherigen Familienkassen bei der BA sollen zu einem
       „Familienservice“ ausgebaut werden und für die Abwicklung der
       Kindergrundsicherung zuständig sein. Mit der Kindergrundsicherung sollen
       Leistungen wie das Kindergeld, der Kinderzuschlag und das Bürgergeld
       gebündelt und das Antragsverfahren vereinfacht werden.
       
       ## Bisher waren 2,4 Milliarden Euro eingeplant
       
       Das Familienministerium geht derzeit davon aus, dass durch eine spätere
       Einführung der Kindergrundsicherung zur Jahresmitte 2025 mit „etwas über
       die Hälfte hinausgehenden Kosten“ zu rechnen sei, konkrete Schätzungen aber
       gebe es noch nicht, wie die taz aus Ministeriumskreisen erfuhr.
       
       Mit mehr als der Hälfte der Kosten rechne man, da „vor allem
       Anschaffungskosten unabhängig vom genauen Einführungsdatum am Anfang
       getätigt werden müssen“. Bislang sind für 2025 insgesamt 2,4 Milliarden für
       die Kindergrundsicherung vorgesehen. Im Haushalt 2025 könnte also etwa 1
       Milliarde eingespart werden.
       
       „Zurzeit wird auch geprüft, inwiefern auch die Infrastruktur der Jobcenter
       genutzt werden könnte, um die Antragsstellung für Familien zu erleichtern“,
       sagt zudem ein Sprecher des Familienministeriums. Eltern, die Bürgergeld
       beziehen, können dann möglicherweise die Kindergrundsicherung auch bei den
       Jobcentern beantragen, zu denen sie wegen der eigenen Leistungen ohnehin
       müssen. Nach Paus’ Plänen sollte genau dies nicht mehr der Fall sein, weil
       so Kinder stigmatisiert werden könnten. Zuständig sollte allein der
       „Familienservice“ bei der BA sein.
       
       Auch daran hatte es bei der Anhörung im Bundestag massive Kritik gegeben:
       Ein solches System verkompliziere Lage, statt sie zu vereinfachen.
       „Zentrales Ziel der Kindergrundsicherung ist es, eine Leistung für alle
       Kinder aus einer Hand zu gewähren“, argumentiert dagegen ein Sprecher des
       Ministeriums. „Dafür sieht der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung vor,
       dass eine einheitliche Aufgabenwahrnehmung für die Kindergrundsicherung
       durch den Familienservice erfolgt.“
       
       7 Dec 2023
       
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