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       # taz.de -- Staatsbesuch von Erdoğan: Mini-Demo gegen Erdoğan
       
       > Berlin wurde für den türkischen Staatspräsidenten teilweise abgeriegelt.
       > Auf Demonstrationen gegen ihn nahmen nicht mal 100 Menschen teil.
       
   IMG Bild: Empfang mit rotem Teppich: Präsident Erdogan bei Steinmeier im Schloss Bellevue
       
       Berlin taz | Ausfälle bei S-Bahn und Bus, größere Absperrungen im
       Regierungsviertel: [1][Der Staatsbesuch] des türkischen Präsidenten Recep
       Tayyip Erdoğan, für den die höchste Sicherheitsstufe gilt, hat Berlin
       teilweise lahmgelegt. Demonstrationen waren wegen des umstrittenen
       Staatsbesuchs ebenfalls geplant, zu größeren Demonstrationen kam es aber
       nicht.
       
       Unter dem Motto „Kein roter Teppich für den Islamisten Erdogan“ hatten die
       Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und das Syrian Kurdish Diaspora
       Network in Europe e. V. eine Demonstration in der Nähe des Schlosses
       Bellevue angemeldet, wo sich Erdoğan am Nachmittag mit Bundespräsident
       Frank Walter Steinmeier traf.
       
       „Es ist unbegreiflich, dass unser Staatsoberhaupt und unser Regierungschef
       sich beeilen, diesem Mann die Hand zu schütteln. Solange er regiert, wird
       die Türkei kein verlässlicher Partner Deutschlands, Europas oder der NATO
       sein“, kritisierte GfbV-Nahostexperte Kamal Sido und machte auch auf die
       [2][jüngsten Äußerungen Erdoğans] zum Nahostkonflikt aufmerksam. „Erdoğan
       sind die Menschenrechte der Palästinenser egal. Er instrumentalisiert den
       politischen Islam, um bei den Islamisten zu punkten“.
       
       Allerdings war die Beteiligung an der Demonstration deutlich geringer als
       bei [3][früheren Besuchen Erdoğans]: Angemeldet waren 50 Demonstranten,
       teilgenommen haben rund 20. Sido erklärt die geringe Zahl unter anderem mit
       den Polizeiabsperrungen rund um das Kanzleramt, das Schloss Bellevue sowie
       die türkische Botschaft im Tiergarten.
       
       ## „Die große Hoffnung auf einen Wandel wurde zerstört“
       
       Tatsächlich durften die Teilnehmenden im Tiergarten demonstrieren, zuvor
       war die Demonstration vor dem Schloss Bellevue angemeldet. „Wir haben
       stundenlang versucht, den Weg hierher zu finden. Viele andere haben hier
       die Stelle auch nicht gefunden“, so Sido. Weitere Teilnehmende berichteten,
       dass sie wegen der Absperrungen nicht mehr zum Demonstrationsbereich fahren
       konnten.
       
       Auch bei der Demonstration am späten Nachmittag vor dem Kanzleramt, wo
       Erdoğan am Abend Bundeskanzler Olaf Scholz treffen wird, waren etwa 50
       Menschen anwesend.
       
       Der Politikwissenschaftler Mahir Tokatlı erklärt das unter anderem mit der
       Ernüchterung in der oppositionellen Diaspora: „Die große Hoffnung auf einen
       Wandel wurde durch den erneuten Sieg der AKP zerstört, was die Motivation
       verringert auf die Straße zu gehen und zu protestieren“, sagt Tokatlı der
       taz.
       
       Zeitgleich habe die jüngere Geschichte gezeigt, dass Demonstrationen gegen
       Staatsbesuche Erdoğans politisch nichts ändere. „Dafür gab es in den
       letzten Jahren zu viele Besuche, die von extrem großer Kritik begleitet
       wurden, ohne jedoch die Türkeipolitik der Bundesrepublik zu verändern“, so
       Tokatlı. Auch die politischen Ereignisse im Nahen Osten überdeckten den
       aktuellen Staatsbesuch.
       
       ## 2.800 Polizisten im Dienst
       
       Am Freitag sind nach Angaben der Polizei rund 2.800
       Polizeibeamt*innen im Einsatz. Unterstützung kam aus anderen
       Bundesländern und von der Bundespolizei. Wegen des Staatsbesuchs kam es zu
       kurzzeitigen Sperrungen einzelner Buslinien sowie zu Ausfällen und
       Verspätungen im gesamten S-Bahn-Netz.
       
       Auch für den Samstag ist eine Demonstration geplant: die Kampagne
       „PKK-Verbot Aufheben“ ruft anlässlich des [4][30-jährigen PKK-Verbots] in
       Deutschland und des Staatsbesuchs Erdoğans am kommenden Samstag um 11 Uhr
       zu einer Demonstration auf dem Berliner Oranienplatz auf. Die Veranstalter
       rechnen mit 3.000 Teilnehmer*innen.
       
       17 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Yağmur Ekim Çay
       
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