# taz.de -- Arbeitskampf an Hochschulen: Bündnis will Tariflücke schließen
> Nur in Berlin gibt es Tarifverträge mit studentischen Hilfskräften. Der
> Druck steigt, dass sich das in anderen Bundesländern ändert.
IMG Bild: Arbeitsniederlegung beim Hochschulaktionstag in Dresden am 20. November
Berlin taz | Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften und
Studierendenvertretungen hat am Montag faire Arbeitsbedingungen an
deutschen Hochschulen gefordert. Am [1][bundesweiten Hochschulaktionstag],
zu dem das Bündnis aufgerufen hatte, legten Beschäftigte nach Angaben der
Veranstalter an 50 Hochschulen ihre Arbeit nieder, an insgesamt 80
Standorten gab es Aktionen und Infoveranstaltungen.
Zu den Kernforderungen zählen eine deutliche Gehaltserhöhung für
studentische Beschäftigte um 10,5 Prozent und ein bundesweit gültiger
Tarifvertrag für diese Gruppe (TVStud). Bislang hat Berlin als einziges
Bundesland einen Tarifvertrag mit seinen studentischen Hilfskräften (SHK)
geschlossen und zahlt knapp 13 Euro pro Stunde. Zudem schreibt das Berliner
Hochschulgesetz vor, dass SHK-Verträge eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren
haben müssen.
Von solchen Arbeitsbedingungen können Studierende in den anderen
Bundesländern derzeit nur träumen. „In den meisten Bundesländern erhalten
studentische Beschäftigte höchstens Mindestlohn“, kritisiert Katrin
Greiner, Vorstandsmitglied des freien Zusammenschluss von
Student*innenschaften (fzs), gegenüber der taz. Zudem endeten die
Verträge je nach Bundesland teils nach drei oder sechs Monaten. Die
Befristung sei ein Riesenproblem in der Wissenschaft, so Greiner: „Wir
Studierenden werden wie so oft in den vergangenen Jahren von der Politik
komplett allein gelassen“. [2][Greiner erinnert an die noch ausstehenden
Bafög-Reformen.]
Auch die Juso-Hochschulgruppen fordern mehr Einsatz gegen die Prekarität im
Hochschulbetrieb. „Angst, Unsicherheit und Ausbeutung sind die tägliche
Realität von studentischen Beschäftigten“, sagte Clara Schüssler aus dem
Bundesvorstand der Juso-Hochschulgruppen mit Verweis auf den niedrigen
Stundenlohn und Kettenbefristungen.
## 6 Monate Vertrag
Wie verbreitet Kurzzeitverträge unter Studierenden sind, die Jobs an ihren
Unis übernehmen, hat Anfang des Jahres eine Befragung von 11.000
studentischen Hilfskräften durch die Universität Bremen gezeigt. Demnach
sind Vertragslaufzeiten von einem halben Jahr an Hochschulen außerhalb
Berlins die Regel.
Das Kuriose dabei: In 10 der 15 tariflosen Bundesländer zeigten sich die
Landesregierungen zuletzt offen für einen Tarifvertrag für studentische
Beschäftigte oder wenigstens dafür, deren Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Noch im Sommer äußerten sich Vertreter:innen der bundesweiten
TVStud-Kampagne daher optimistisch, dass es bald zu einer historischen
Einigung mit der Arbeitgeberseite kommen könnte.
Doch bei den aktuellen Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher
Länder (TdL), in der die Finanzminister:innen der Länder vertreten
sind, tut sich wenig. „Wir hören in den Verhandlungen von der TdL: ‚Das
wollen wir nicht‘“, berichtet Andreas Keller, stellvertretender
GEW-Vorsitzender, der taz über die ersten Verhandlungsrunden im Oktober und
November. „Das ist klar im Widerspruch zu dem, was die Landesregierungen in
ihren Koalitionsverträgen versprechen.“
Keller fordert die Länder deshalb auf, zu ihren Versprechen zu stehen und
sich für einen bundesweiten Tarifvertrag einzusetzen. Die nächsten
Gespräche mit der Arbeitgeberseite sollen am 7. und 8. Dezember in Potsdam
stattfinden. Dass bis dahin Bewegung in die Sache kommt, scheint
unwahrscheinlich.
## Was kommt vom Bund?
Der Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel teilt der taz im Namen der TdL
mit, dass es mit „Blick auf die zahllosen ungelösten finanziellen
Herausforderungen in den Ländern (…) in dieser Tarifrunde nach jetzigem
Stand keine Zustimmung der TdL zu einem eigenen TV Stud“ gebe. Gleichzeitig
sei die TdL aber bereit, über einzelne Punkte zu sprechen, etwa „ein
angemessenes, deutlich über dem Mindestlohn“ liegendes Mindestentgelt.
Sollten die Verhandlungen ohne Verbesserungen enden, bleibt noch die
Hoffnung auf den Bund. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger
(FDP) nämlich hat noch für den Herbst eine Reform des
Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) versprochen. Dabei geht es
auch um die Verträge von studentischen Beschäftigten. Stark-Watzinger will,
dass diese Verträge künftig eine Mindestlaufzeit von einem Jahr haben.
Für GEW-Vize Keller wäre das „ein Schritt in die richtige Richtung“. Aus
seiner Sicht sollte sich der Bund jedoch ein Beispiel an Berlin nehmen –
und die Mindestvertragslaufzeit auf zwei Jahre hochsetzen. „Man sieht
anhand der Regelung in Berlin, dass dies möglich ist“, so Keller.
20 Nov 2023
## LINKS
DIR [1] https://hochschulaktionstag.de/
DIR [2] /Armut-unter-Studierenden/!5933566
## AUTOREN
DIR Ralf Pauli
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