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       # taz.de -- Krieg in Nahost: Der Winter bringt Krankheiten
       
       > „Wir haben nicht genügend Mittel“: Die UN weist auf die dramatische
       > humanitäre Lage in Gaza hin. Derweil konnten weitere Ausländer ausreisen.
       
   IMG Bild: Rafah, Süd-Gaza, 21.11.2023: Menschen mit Mehlsäcken, die von der UNRWA verteilt wurden
       
       Berlin/Tel Aviv taz | Im Gazastreifen geht die Flucht aus dem Norden in den
       Süden weiter: Mehrere zehntausend Menschen sollen in den vergangenen Tagen
       den Weg in den Süden eingeschlagen haben. Dort wird die Versorgungslage der
       Binnenvertriebenen immer dramatischer. „Wir haben aktuell 900.000 Menschen
       in 154 Unterkünften“, sagte der Sprecher des UN-Hilfswerks für
       Palästina-Flüchtlinge (UNRWA), Adnan Abu Hasna, am Montag aus Rafah
       gegenüber der taz.
       
       „Wir versuchen, sie zu versorgen, aber wir haben nicht genügend Mittel.“ Es
       breiteten sich Hunger sowie Durchfall- und Hautkrankheiten aus. Hinzu
       kommen die beginnenden winterlichen Regenfälle. Mit ihnen kämen
       Überschwemmungen, die aus der in Teilen nicht mehr funktionierenden
       Kanalisation ungeklärtes Abwasser in die Straßen spülen.
       
       Das Küstengebiet verlassen können nur sehr wenige der mehr als zwei
       Millionen Menschen in Gaza. Im Laufe des Dienstags sollten insgesamt rund
       370 Menschen, viele mit ausländischem Pass, ausreisen, darunter neben rund
       220 Deutschen auch Schweden, Australier, Portugiesen und Franzosen.
       
       Nach ägyptischen Angaben müssten damit bald alle ausländischen
       Staatsangehörigen, die ausreisen wollen, den Gazastreifen verlassen haben.
       Das seien insgesamt etwa 7.000 Menschen. Die rund 240 zumeist israelischen
       Geiseln sind in dieser Rechnung nicht berücksichtigt; eine Freilassung
       einiger der Verschleppten im Rahmen eines Deals zwischen Israel und der
       Hamas zeichnete sich am Dienstag jedoch ab.
       
       ## Südafrika wirft Israel „Genozid“ vor
       
       Aus israelischen Regierungskreisen kommen unterdessen weiter Überlegungen
       über eine Vertreibung von Palästinensern aus Gaza. Die israelische
       Botschaft in Washington stellte allerdings klar, dass ein umstrittener
       Meinungsartikel von Geheimdienstministerin Gila Gamliel nicht der
       Regierungslinie entspreche und die Likud-Politikerin nicht Teil des
       Kriegskabinetts sei, das aktuell die wichtigen Entscheidungen im Gazakrieg
       treffe.
       
       Gamliel hatte sich am Sonntag [1][in der Jerusalem Post] dagegen
       ausgesprochen, dass die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), die mit
       begrenzter Macht im Westjordanland regiert, nach dem Krieg auch eine Rolle
       in Gaza spielt. Sie schlug stattdessen vor, eine „freiwillige Umsiedlung
       von Palästinensern aus dem Gazastreifen aus humanitären Gründen zu
       fördern“. Drittstaaten sollten im Rahmen eines „weltweiten Programms zur
       Neuansiedlung von Flüchtlingen“ alle Ausreisewilligen aufnehmen. Was mit
       jenen Menschen passieren würde, die den Gazastreifen nicht verlassen
       wollen, erwähnte die Ministerin nicht.
       
       Scharfe Worte für Israels Vorgehen im Gazastreifen, mit dem das Land auf
       das beispiellose Hamas-Massaker vom 7. Oktober reagiert, wählte indes
       Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa bei einem Zusammenkommen der
       besonderen Art: Auf einem virtuellen Sondergipfel der Brics-Staaten warf er
       Israel am Dienstag Kriegsverbrechen und einen „Genozid“ vor.
       
       Die Brics-Gruppe besteht aktuell aus Brasilien, Russland, Indien, China und
       Südafrika. Doch auch die Staats- und Regierungschefs von Argentinien,
       Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen
       Emiraten nahmen am Sondergipfel teil. Letztere waren im Sommer eingeladen
       worden, dem bisherigen Fünferbündnis im Januar beizutreten. Die Erweiterung
       um etliche autoritäre Staaten werteten viele Beobachter als Positionierung
       der Brics-Gruppe gegen eine wahrgenommene Dominanz des Westens.
       
       21 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.jpost.com/opinion/article-773713
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
   DIR Felix Wellisch
       
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