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       # taz.de -- Neue Regeln für V-Leute: Vorstrafen erlaubt
       
       > Bisher gibt es fast keine Regeln für V-Leute bei der Polizei.
       > Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat nun einen Gesetzentwurf
       > vorgelegt.
       
   IMG Bild: Bundesjustizminister Marco Buschmann
       
       Freiburg taz | Erstmals soll in Deutschland der Einsatz von V-Leuten zur
       Strafverfolgung gesetzlich geregelt werden. Bundesjustizminister Marco
       Buschmann (FDP) legte kurz vor Weihnachten [1][einen entsprechenden
       Gesetzentwurf] vor.
       
       Bisher sind in der Strafprozessordnung nur verdeckte Ermittler:innen
       geregelt. Das sind Polizist:innen, die unter falschem Namen in kriminellen
       Szenen ermitteln. Vertrauenspersonen (V-Personen) sind dagegen keine
       Polizist:innen, sondern Kriminelle oder sonstige Privatleute, die gegen
       Geld mit der Polizei zusammenarbeiten. In einem neuen § 110b der
       Strafprozessordnung soll nun der Einsatz von V-Personen geregelt werden.
       
       Die wichtigste Neuerung: Eine Ermittlungsrichter:in muss den Einsatz
       der V-Person vorab genehmigen. Voraussetzung ist, dass Straftaten von
       erheblicher Bedeutung aufgeklärt werden sollen, etwa aus den Bereichen
       Drogen, organisierte Kriminalität, Staatsschutz, Cyberkriminalität und
       Betrug. Die richterliche Anordnung muss bei Bedarf alle drei Monate
       verlängert werden.
       
       Als V-Leute dürfen keine Minderjährigen angeworben werden und keine
       Personen, die sich in einem Aussteigerprogramm befinden. Sonst gibt es
       wenig Ausschlusskriterien. Insbesondere Vorstrafen sind kein
       Hinderungsgrund. Ausnahme: Vorstrafen wegen Meineids oder falscher
       Verdächtigung, weil diese die Zuverlässigkeit des Spitzels infrage stellen.
       In einem ersten Entwurf aus dem Juli war noch vorgesehen, dass Kriminelle
       mit schweren Vorstrafen nicht V-Leute sein dürfen. Diese Einschränkung hat
       Buschmann auf Wunsch von Innenministerin [2][Nancy Faeser] (SPD)
       gestrichen.
       
       ## Keine intimen Beziehungen
       
       V-Leute dürfen keine [3][Straftaten begehen], auch nicht zur Tarnung. Wenn
       sie im Einsatz straffällig werden, ist die Zusammenarbeit zu beenden, so
       der Gesetzentwurf. V-Leute sollen mit den Spitzel-Honoraren auch nicht
       ihren Lebensunterhalt bestreiten. Außerdem sollen sie maximal zehn Jahre
       mit der Polizei zusammenarbeiten. So soll eine gefährliche Symbiose von
       Polizei und Unterwelt verhindert werden.
       
       Die Identität der V-Leute muss zum Schutz vor Racheakten der Szene geheim
       bleiben, auch bei Aussagen vor Gericht. Auf eine Aussagepflicht wird aber
       nicht verzichtet. Erlaubt ist dann jedoch die Verfremdung von Stimme und
       Aussehen.
       
       Beim Einsatz dürfen V-Leute und verdeckte Ermittler:innen keine intimen
       Beziehungen eingehen oder sonst in den Kernbereich des Privaten eindringen.
       Damit wird ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Vorjahr
       umgesetzt.
       
       Erstmals geregelt wird auch der Einsatz von V-Leuten und verdeckten
       Ermittler:innen als Lockspitzel, etwa als Scheinkäufer:innen von
       Drogen. Zulässig ist dies nur bei bereits tatgeneigten Personen. Unzulässig
       ist aber die staatliche Anstiftung zu Taten, die ohne Tatprovokation nicht
       begangen würden.
       
       In solchen Fällen soll künftig ein Verfahrenshindernis vorliegen, das
       heißt: ein Strafprozess und eine Bestrafung ist dann nicht möglich. Damit
       folgt der Gesetzentwurf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
       für Menschenrechte in Straßburg. Dagegen wollte der Bundesgerichtshof bei
       rechtswidriger Tatprovokation lange Jahre nur eine Strafmilderung
       zubilligen.
       
       28 Dec 2023
       
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