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       # taz.de -- Bauvorhaben Pankower Tor: Noch offene Fragen
       
       > Nachdem der Nabu seine Klage zurückgezogen hat, könnte es am Pankower Tor
       > endlich losgehen. Ein paar Hürden müssen allerdings noch genommen werden.
       
   IMG Bild: Eng bebaut wird das neue Quartier in Pankow sein
       
       Berlin taz | Geht jetzt alles ganz schnell? Steht das [1][Pankower Tor] nun
       weit offen? Endet die never ending story gar mit einem Happy End?
       
       Cornelius Bechtler ist jedenfalls optimistisch. „Wir haben uns vorgenommen,
       am 31. März einen städtebaulichen Vertrag und einen Erschließungsvertrag zu
       unterzeichnen“, sagt [2][Pankows grüner Baustadtrat] der taz.
       
       Es geht beim Pankower Tor um nicht weniger als das derzeit größte
       städtebauliche Projekt in Berlin. Auf dem ehemaligen Güter- und
       Rangierbahnhof soll zwischen den S-Bahn-Stationen Pankow und
       Pankow-Heinersdorf ein neues Stadtquartier entstehen. 2.000 Wohnungen, eine
       Schule, zwei Kitas, Einkaufen, Erschließung durch eine Tram, der
       Radschnellweg Panke-Trail – und natürlich ein Möbelhaus.
       
       Denn der Eigentümer des Grundstücks und potenzielle Investor macht
       eigentlich in Möbel. Doch [3][Kurt Krieger], dem unter anderem die
       Höffner-Möbelhäuser gehören, ist eben auch in Pankow aufgewachsen. Mit dem
       Pankower Tor will er sich einen Traum erfüllen. Ein Stadtviertel als
       biografisches Statement.
       
       ## Viel Zeit verstrichen
       
       Auf Zeit kann der 1948 geborene Krieger also nicht mehr spielen. Ohnehin
       haben die Planungen für das 500 Millionen Euro schwere Vorhaben aus seiner
       Sicht schon viel zu lange gedauert. Nachdem er das 34 Hektar große Gelände
       2009 gekauft hatte, war von Wohnungsbau noch keine Rede. Nicht nur seinen
       Möbelmarkt wollte Krieger bauen, sondern vor allem Büros und eine
       Shoppingmall.
       
       Nur, wo sollte die hin? Gleich neben den Bahnhof Pankow oder doch auf die
       östliche Seite des Areals am Bahnhof Heinersdorf? Über Jahre stritten sich
       Investor, Bezirk und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung um die
       Frage, welche Auswirkungen die Mall auf den Einzelhandel in Pankow hätte
       und welche Verkehrsströme welcher Standort nach sich ziehen würde.
       
       Das ist Geschichte. Seit 2022 liegt ein Masterplan auf dem Tisch. Ein Jahr
       zuvor war aus einem [4][„konkurrierenden Workshopverfahren“] der
       [5][Architekt Tobias Nöfer] als Sieger hervorgegangen. Schon in der
       Auslobung war von einer Shoppingmall keine Rede mehr gewesen. Stattdessen
       soll das Einkaufen ganz klassisch in den Erdgeschosszonen der einzelnen
       Blöcke stattfinden.
       
       Nöfers Masterplan sieht zudem einen Park auf der Nordseite nahe der
       Damerowstraße sowie einen Stadtplatz am Bahnhof Pankow und einen weiteren
       Park zwischen Berliner Straße und Mühlenstraße vor. Schon bei der
       Vorstellung der sechs Entwürfe im Workshopverfahren hatte Nöfer den meisten
       Zuspruch bekommen.
       
       ## Ein Kreuz mit den Kröten
       
       Doch dann kam, was Zukunftsforscher manchmal eine Wildcard nennen. In
       diesem Fall war das mit dem „wild“ sogar wörtlich zu nehmen: Über die Jahre
       hat sich auf dem Areal eine der größten Kreuzkrötenpopulationen
       Deutschlands angesiedelt. Schnell war davon die Rede, die streng
       geschützten Tiere nach Brandenburg umzusiedeln.
       
       Doch der [6][Naturschutzbund Nabu] bezweifelte den Erfolg einer Umsiedlung
       und reichte eine Klage ein. Wieder drohten Jahre des Stillstands in Pankow.
       So ungehalten war Kurt Krieger, dass er bei einem digitalen Bürgerforum im
       Februar 2022 die damals noch Regierende Bürgermeisterin in die Pflicht
       nehmen wollte: „Frau Giffey muss ein Machtwort sprechen. Möge sie mit der
       Faust auf den Tisch hauen.“
       
       Doch nicht Franziska Giffey (SPD) hat das Problem abgeräumt, sondern
       Krieger selbst. „Kreuzkröte bleibt Berlinerin“, freute sich der Nabu im
       Oktober und kündigte an, seine Klage wieder zurückzuziehen. Zuvor hatten
       sich die Umweltverwaltung und Krieger darauf verständigt, der
       Krötenpopulation auf dem Ostteil des Geländes hinter der Prenzlauer
       Promenade fünf Hektar zur Verfügung zu stellen.
       
       Ganz vom Tisch ist das Thema freilich noch nicht, räumt Stadtrat Bechtler
       ein. Denn die für den Artenschutz vorgesehenen Flächen seien alleine auf
       dem Grundstück von Krieger nicht unterzubringen. Also müssen auf den
       benachbarten Grundstücken Ausgleichsflächen gefunden werden.
       
       „Die Artenschutzproblematik ist und bleibt derzeit unsere größte
       Herausforderung“, sagt Bechtler. „Wir wollen das bestmöglich lösen.“ Dass
       das Pankower Tor an der Krötenfrage noch einmal scheitern könnte, glaubt
       der Grüne aber nicht. „Es wird nicht eng.“
       
       Offene Fragen gibt es laut Cornelius Bechtler auch beim Thema Verkehr. Zwar
       habe noch niemand den Panke-Trail an der Damerowstraße oder die
       Straßenbahntrasse entlang der Granitzstraße infrage gestellt. „Einen
       Planfeststellungsbeschluss für die Tram gibt es allerdings noch nicht“,
       sagt Bechtler.
       
       Tatsächlich scheint [7][Berlins CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner]
       keine große Anhängerin von Straßenbahnen zu sein. In ihrem vor kurzem
       vorgestellten Verkehrskonzept für den dynamisch wachsenden Norden Berlins
       kommt der Tram nur die Rolle einer Übergangslösung zu. So stoppte Schreiner
       die Planungen für eine Straßenbahntrasse bis zum Bahnhof Blankenburg.
       Stattdessen setzt die Senatorin auf neue U-Bahnen. Die werden aber, wenn
       überhaupt, erst in Jahrzehnten fertig.
       
       ## Kommt die Straßenbahn?
       
       „Die Tram muss kommen, und zwar rechtzeitig“, fordert deshalb Cornelius
       Bechtler. „Wenn man ein autoarmes Quartier will, muss man es auch optimal
       an den öffentlichen Nahverkehr anbinden.“ Da seien sich alle Fraktionen in
       Pankow einig.
       
       Offen gegen die geplante Straßenbahn hat sich Manja Schreiner bislang aber
       nicht ausgesprochen. Bei einem Spitzengespräch Anfang Juni hat sie, wie
       auch Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD), die Pankower
       Bezirksbürgermeisterin Cordelia Koch (Grüne), Verkehrsstadträtin Manuela
       Anders-Granitzki (CDU), Baustadtrat Bechtler sowie Investor Krieger das
       Gesamtpaket abgesegnet. Das Planfeststellungsverfahren für die Trasse der
       Tram, hieß es am Mittwoch aus dem Hause der Verkehrssenatorin, soll
       allerdings erst 2025 eingeleitet werden.
       
       Seitdem laufen im Bezirk die Arbeiten an einem Bebauungsplan auf
       Hochtouren. Ende 2024 soll er fertig sein, so dass 2025 der erste
       Spatenstich folgen könnte.
       
       Happy End also? Sicherheitshalber hat Bechtlers Amt den Bebauungsplan in
       zwei Teile geteilt. Der Bebauungsplan 3-60A gilt für die westlich der
       Prenzlauer Promenade gelegene „Westfläche“, auf der die Wohnungen, der
       Stadtplatz und die Parks entstehen werden. „Wir machen das, weil wir auf
       der Westfläche weiter sind“, sagt Bechtler.
       
       Etwas später soll dann der Bebauungsplan 3-60B für die „Ostfläche“
       festgezurrt werden. Zu ihm gehört auch der denkmalgeschützte
       Ringlokschuppen aus dem Jahr 1893, der vor den Abrissplänen Kriegers
       gerettet werden konnte. Inzwischen wird er saniert.
       
       ## Sozialwohnungen sicher
       
       Rund um den Lokschuppen sollen dann auch die inzwischen 800 Kröten ihren
       neuen Platz finden. Der 18 Kilometer lange Panke-Trail, der ursprünglich
       dort entlangführen sollte, muss dann einen großen Bogen um die Kröten
       machen.
       
       Die beiden Verträge, die am 31. März unterzeichnet werden sollen, werden
       derzeit unter Hochdruck zwischen dem Bezirk und der Wohnungsbauleitstelle
       des Senats ausgearbeitet. Auch die Zahl der preisgebundenen Wohnungen steht
       nun fest. „Es wird ein Drittel der 2.000 Wohnungen werden“, betont Stadtrat
       Bechtler.
       
       Auch das war lange Zeit nicht sicher gewesen. Noch im Februar 2022 hatte
       Kurt Krieger, der Möbelkönig, der sich in Pankow ein Denkmal setzen will,
       die Frage nach bezahlbaren Wohnungen lapidar beantwortet: „Das entscheiden
       wir nach Kassenlage.“
       
       21 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://pankower-tor.de/
   DIR [2] https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksamt/cornelius-bechtler/
   DIR [3] https://krieger.de/
   DIR [4] /Sechs-Entwuerfe-fuer-ein-Stadtquartier/!5750434
   DIR [5] https://www.noefer.de/de/projekte/pankower-tor/
   DIR [6] https://berlin.nabu.de/index.html
   DIR [7] https://www.berlin.de/sen/uvk/ueber-uns/leitung/senatorin-manja-schreiner/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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