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       # taz.de -- Jugendämter gegen sexualisierte Gewalt: Vertrauen der Kinder fehlt
       
       > Laut einer Studie zu Jugendämtern gibt es beim Umgang mit sexualisierter
       > Gewalt gegen Minderjährige Defizite. Kinder müssten ernst genommen
       > werden.
       
   IMG Bild: Jugendämter stehen in der Pflicht, Zeichen sexualisierter Gewallt gegen Kinder wahrzunehmen
       
       Berlin taz | Hätten Mitarbeiter_innen des Jugendamts Signale besser
       erkannt, hätte sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen verhindert
       werden können. Zu diesem Ergebnis kommt die Unabhängige Kommission zur
       Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, die am Mittwoch [1][Ergebnisse
       einer Studie] vorgestellt hat.
       
       „Uns liegen einerseits Schilderungen von guter Fachpraxis und positiven
       Hilfeverläufen vor“, sagte die Soziologin Barbara Kavemann, die Teil der
       Kommission ist. Jedoch gebe es auch „klare Defizite“. Es mangele an einem
       einheitlichen Verfahren bei der Erarbeitung von einzelfallbezogenen
       Schutzkonzepten. Oft werde die Perspektive der Kinder und Jugendlichen
       nicht einbezogen. Dieses Vorgehen sollte laut der Kommission gesetzlich
       verankert werden.
       
       Die Kommission kritisierte außerdem, dass es Mitarbeiter_innen von
       Jugendämtern in manchen Fällen nicht gelinge, Vertrauen zu den Betroffenen
       aufzubauen. Das liege einerseits am schlechten Ruf der Jugendämter unter
       Kindern und Jugendlichen, andererseits auch an Täter_innen, die mit
       Drohungen wie der Abgabe ins Heim Kinder zum Schweigen brächten.
       
       Thomas Meysen, Co-Autor der Studie und Jurist, betonte am Mittwoch die
       [2][Rolle der Familiengerichte]. In Deutschland sei es üblich, dass beide
       Elternteile nach einer Trennung Kontakt zu ihren Kindern halten dürfen.
       Elternteilen, die Gewalt des Partners an den Kindern thematisieren, werde
       oft unterstellt, dem Ex-Partner das Kind entziehen zu wollen und die Gewalt
       deshalb zu erfinden.
       
       ## Kinder ernst nehmen, Fortbildungen für Mitarbeiter_innen
       
       Die Kommission gab Empfehlungen für die Jugendämter ab. Beim ersten Kontakt
       sei es wichtig, die Kinder ernst zu nehmen, [3][denn Kinder und Jugendliche
       äußerten sich in der Regel nicht] über sexualisierte Gewalt. Zweitens sei
       es nötig, das Angebot der Jugendämter zu den Kindern und Jugendlichen zu
       bringen – beispielsweise durch einen starken Auftritt in sozialen Medien.
       Und drittens müssten Mitarbeiter_innen der Jugendämter mehr Fortbildungen
       zum Thema Kinderschutz erhalten.
       
       In der Regel stammen Täter_innen von sexualisierter Gewalt aus dem Umfeld
       der Kinder. 47 Prozent seien laut Studie leibliche sowie Stief- und
       Pflegeväter gewesen. Zudem seien in der Hälfte der Fälle mehr als ein_e
       Täter_in beteiligt; die sexualisierte Gewalt beginne oft vor dem dritten
       Lebensjahr, mehrheitlich vor dem zehnten Lebensjahr. Für die Studie wurden
       69 Betroffene, ihre Angehörigen sowie Expert_innen aus der Praxis befragt.
       Zudem wurden schriftliche Berichte und acht Jugendamtsakten ausgewertet.
       
       12 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.aufarbeitungskommission.de/mediathek/sexueller-kindesmissbrauch-und-die-arbeit-der-jugendaemter/
   DIR [2] /Haeusliche-Gewalt-beim-Sorgerecht/!5947126
   DIR [3] /Kampagne-gegen-sexuellen-Missbrauch/!5972564
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicole Opitz
       
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