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       # taz.de -- DFB und Fifa gegen Hate Speech: 400.000 Hasskommentare
       
       > Der DFB will seine U17-Weltmeister gegen rassistischen Hass schützen.
       > Nach einer Fifa-Studie betrifft Hate Speech im Netz vor allem
       > Fußballerinnen.
       
   IMG Bild: Nicht biodeutsch genug? Die deutschen U17-Weltmeister mussten Unsägliches vom Fanvolk lesen
       
       Der Deutsche Fußball-Bund geht gegen Hate Speech im Internet vor. Diese
       Meldung hat durchaus einen Nachrichtenwert und ist nicht
       selbstverständlich. Der DFB hat das fast wortgleich am Dienstag in einer
       Pressemitteilung verkündet. Grund sind die zahlreichen, [1][massiven und
       übelsten Beleidigungen], die via Social-Media-Kanälen über einige der
       deutschen Juniorennationalspieler ausgeschüttet wurden.
       
       Sie sollen an dieser Stelle keine Weiterverbreitung finden. Nur so viel: Es
       ging um äußerliche Merkmale. Bemerkbar machte sich der wachsende
       rassistische Bodensatz dieser Gesellschaft, der sich damit schwertut, dass
       erfolgreiche Teams aus diesem Lande nicht mehr so blond und blauäugig
       daherkommen wie anno dazumal.
       
       In 14 Fällen, so teilte der DFB mit, seien der Tatbestand der
       Volksverhetzung erfüllt, weswegen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden.
       Der Verband wird in Zusammenarbeit mit der Zentralstelle zur Bekämpfung der
       Internetkriminalität (Zit) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt aktiv.
       Nach Angaben des DFB sei dies bereits [2][nach ähnlich rassistischen
       Angriffen auf U21-Nationalspieler im Juni] geschehen.
       
       Es tut sich also etwas beim Deutschen Fußball-Bund, nachdem 2018 der
       deutsche Nationalspieler Mesut Özil, das erste große DFB-Opfer von Hate
       Speech, noch beklagte, er fühle sich vom Verband gegen rassistische
       Attacken nicht geschützt. Nach dürftigen deutschen WM-Auftritten in
       Russland wurde Özil zum Sündenbock und nachträglich auch wegen seiner
       Kungelei mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan aufs
       Übelste beschimpft und verbal ausgebürgert. Özil warf der passiven
       DFB-Führung selbst Rassismus vor und trat zurück.
       
       ## Hass-Schutzschirm mit Hilfe von KI
       
       Wie virulent das Problem mit den Hatern weltweit in den sozialen Netzwerken
       ist, belegt auch ein [3][Bericht, welcher der Fußballweltverband gemeinsam
       mit der Gewerkschaft der Profifußballer Fifpro am Montag vorgelegt hat.]
       Dass dieses Problem in schönstem Gewand präsentiert wurde, garantiert schon
       die Mitarbeit der Fifa.
       
       Gepriesen wurde nämlich, wie toll der Schutzschirm, der Social Media
       Protection Service, funktioniere, den die Fifa erstmals bei der Männer-WM
       2022 in Katar zum Einsatz brachte. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz
       werden seither die Teilnehmer:innen der letzten sieben Großturniere
       geschützt. Auf ihren Social-Media-Kanälen werden Hasskommentare so gut wie
       möglich herausgefiltert.
       
       Die Zahlen, die dank der neuen Werkzeuge ermittelt wurden, sind indes
       erschreckend. Bei der Frauen-WM im Sommer in Australien und Neuseeland hat
       jede fünfte Spielerin diskriminierende, beleidigende oder bedrohende
       Nachrichten erhalten. Die Hälfte davon waren homofeindlich und sexistisch
       beschimpfend. Im Vergleich zu den Männern bei der WM in Katar waren die
       Frauen um 29 Prozent häufiger Zielscheibe von Onlinebeschimpfungen.
       „Relevante Informationen“, versicherte die Fifa in ihrer Studie, würden den
       Mitgliedsverbänden und Strafverfolgungsbehörden mitgeteilt werden.
       
       Wie sehr insbesondere Fußballerinnen Anfeindungen ausgesetzt sind, musste
       jüngst auch die deutsche Nationalspielerin Svenja Huth erfahren. Der DFB
       hatte nach der Ankunft des deutschen Teams vor dem Länderspiel in Rostock
       gegen Dänemark [4][ein Foto gepostet,] das Huth mit ihrer Ehefrau und einem
       Kinderwagen zeigt. Der Verband hatte daraufhin größte Probleme, mit dem
       Löschen der Hassnachrichten gegen dieses Familienmodell hinterherzukommen,
       und warb wegen der Verzögerungen um Verständnis.
       
       Bei der U17-WM in Indonesien, erklärt die Fifa in ihrem Report, sei der
       Social Media Protection Service ebenfalls eingesetzt worden. Dass sich der
       Hass auch jenseits der Social-Media-Aktivitäten der Profifußballerinnen und
       Fußballer seine Bahn bricht, damit setzt sich nun der DFB mit den
       Justizbehörden auseinander. Die 400.000 Hasskommentare, welche die Fifa
       nach eigener Zählung mit ihrem Schutzschirm abgefangen hat, sind wohl nur
       ein kleiner Bruchteil dessen, was im Umlauf ist.
       
       13 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rassismus-im-Fussball/!5973870
   DIR [2] /Rassismus-vor-deutscher-Heim-EM/!5939851
   DIR [3] https://www.fifa.com/social-impact/campaigns/no-discrimination/media-releases/fifa-and-fifpro-release-report-on-the-social-media-protection-service-at-the
   DIR [4] https://twitter.com/DFB_Frauen/status/1729222982646612122
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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