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       # taz.de -- CDU-SPD-Koalitionsvertrag in Hessen: Schwarz-roter Populismus
       
       > SPD und CDU haben sich in Hessen auf einen Koalitionsvertrag geeinigt.
       > Gendern soll abgeschafft werden und es soll mehr Abschiebungen geben.
       
   IMG Bild: Wiesbaden, 14.12.2023: Boris Rhein (winkt), Ines Claus und Manfred Pentz gehen zur Pressekonferenz
       
       Die Arbeitsgrundlage für die künftige Landesregierung von CDU und SPD in
       Hessen ist alles andere als ein großer Wurf. Nicht in einer öffentlichen
       Präsentation, sondern via Internet wurde das fast 200 Seiten starke Papier
       über Nacht platziert. Erst am Tag darauf waren Rückfragen möglich.
       
       Als weiteres Symbol für den unglücklichen Auftakt der selbsternannten
       „demokratisch-christlich-sozialen Koalition“ können die populistischen
       Sätze gegen gendergerechte Sprache gelesen werden: [1][Im
       Koalitionsvertrag] steht, dass in der öffentlichen Verwaltung, in
       staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen wie Schulen und
       Universitäten auf das „Gendern der Sprache mit Sonderzeichen“ verzichtet
       werden soll.
       
       Wie will die neue Landesregierung das durchsetzen, ohne Grundsätze der
       Verfassung zu verletzen? Was ist mit der Meinungsfreiheit und der Freiheit
       von Presse und Wissenschaft? Bestenfalls sind diese Sätze als folgenloses
       Zugeständnis an die Galerie zu lesen, auf der sich die üblichen
       Verdächtigen über das Bemühen zu einer geschlechtergerechten Sprache
       ereifern – Bild-Zeitung, AfD und Rechtskonservative aller Couleur.
       
       So unbestimmt wie diese Formulierungen bleiben in dem Papier auch die
       begrüßenswerten Ankündigungen neuer Investitionen in Bildung und
       Infrastruktur. Die Offensive bei der Förderung frühkindlicher Bildung
       bleibt ebenso vage und ist nicht mit Zahlen unterfüttert.
       
       Dass der Vertrag, den Bundesinnenministerin [2][Nancy Faeser als
       SPD-Landesvorsitzende] maßgeblich mit ausgehandelt hat, in der
       Migrationspolitik [3][auf Härte setzt], kommt nicht überraschend. Mit einer
       „echten Rückführungsoffensive“ soll die „irreguläre“ Einwanderung gestoppt
       werden. Es soll „Rückführungszentren für ausreisepflichtige Ausländer“
       geben, Geflüchtete sollen in Hessen „keine monetären Auszahlungen mehr
       erhalten – auch um direkte Überweisungen ins Ausland zu verhindern“.
       
       ## Am Rande der Bedeutungslosigkeit
       
       Es bleibt abzuwarten, wie der SPD-Landesparteitag das Papier am Wochenende
       diskutiert. Am Ende wird wohl eine Mehrheit der Delegierten zähneknirschend
       zustimmen, denn nach 25 Jahren in der Opposition und dem desaströsen
       Ergebnis bei der Wahl im Oktober käme eine Ablehnung dem politischen
       Selbstmord gleich.
       
       Die schwache Verhandlungsposition der hessischen SPD zeigt sich nicht
       zuletzt am Zuschnitt des Kabinetts. Acht RessortchefInnen stellt die CDU,
       nur drei die SPD. Als Regierungspartei werden die Sozialdemokraten mit
       ihrer praktischen Arbeit erst noch beweisen müssen, dass sich der Einstieg
       in die Koalition gelohnt hat. Zweifel sind erlaubt.
       
       14 Dec 2023
       
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