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       # taz.de -- Regierung aus CDU und SPD: Hessen einig beim Koalitionsvertrag
       
       > Die hessische Regierung setzt auf eine Bildungsoffensive und einen
       > strikten Kurs bei der Migration. Die SPD stellt künftig 3, die CDU 8
       > Ressorts.
       
   IMG Bild: Hatte Grund zum Lachen: Boris Rhein nach den Landtagswahlen in Hessen am 9. Oktober
       
       Wiesbaden taz | In Hessen haben sich CDU und SPD am späten Mittwochabend
       auf [1][einen Koalitionsvertrag] zur Bildung einer neuen Landesregierung
       geeinigt. Schwerpunkte – [2][unter der Führung von Ministerpräsident Boris
       Rhein (CDU)] – setzen die künftigen Regierungsparteien in der
       Bildungspolitik, bei der „Stärkung des Rechtsstaats“, bei der Schaffung
       gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land sowie bei der
       „Begrenzung der irregulären Migration“. In der öffentlichen Verwaltung, in
       staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen wie Schulen und
       Universitäten soll auf das „Gendern der Sprache mit Sonderzeichen“
       verzichtet werden.
       
       Das Papier, um das die Verhandlungsdelegationen der beiden Parteien bis
       zuletzt gerungen haben, umfasst fast 200 Seiten. Der Zeitplan war ins
       Rutschen gekommen, weil Hessens SPD-Landesvorsitzende Nancy Faeser in ihrer
       Rolle als Bundesinnenministerin [3][bei den Beratungen über den Haushalt]
       und bei den Bundestagsdebatten in Berlin unabkömmlich war. An diesem
       Donnerstag, nur zwei Tage vor den abschließenden Beratungen der Gremien,
       wurde der Vertragsentwurf öffentlich vorgestellt.
       
       Vor allem beim Ausbau der Kitas und bei der frühkindlichen Bildung will die
       künftige Landesregierung Akzente setzen. Angekündigt wird ein
       Investitionsprogramm für den Ausbau der Kindertagesstätten, zusammen mit
       den Kommunen soll zudem eine langfristige Finanzierungsstrategie für die
       Betreuungskosten erarbeitet werden, um Städte und Gemeinden nachhaltig zu
       entlasten. CDU und SPD bekennen sich zur Vielfalt der Schulformen, zur
       pädagogischen Selbständigkeit und dem Erhalt des mehrgliedrigen
       Schulsystems, „inklusive Noten und Sitzenbleiben“.
       
       ## Migration eines der wichtigsten Themen
       
       In ihrem Vertragsentwurf versprechen CDU und SPD eine „echte
       Rückführungsoffensive“, mit der irreguläre Einwanderung gestoppt werden
       solle. Mit der Einrichtung von „Rückführungszentren für ausreisepflichtige
       Ausländer“ sollen staatliche Entscheidungen konsequenter umgesetzt werden,
       heißt es. Angestrebt werde eine „bundesweite Lösung, die den Übergang zum
       Sachleistungsprinzip regelt“; im Gespräch mit den Kommunen solle erreicht
       werden, „dass Geflüchtete keine monetären Auszahlungen mehr erhalten – auch
       um direkte Überweisungen ins Ausland zu verhindern“.
       
       CDU und SPD bekennen sich außerdem zu „Nachhaltigkeit für Klima, Umwelt und
       stabile erneuerbare Energie“, Ökonomie und Ökologie sollten dabei
       allerdings nicht gegeneinander ausgespielt werden; dabei setzen die neuen
       Partner auf „Innovation statt Ideologie, mit Anreizen statt Verboten“,
       heißt es in dem Vertragsentwurf. Das klingt nach den Slogans, mit denen
       Ministerpräsident Rhein und seine CDU im Wahlkampf auf Distanz [4][zum
       bisherigen grünen Koalitionspartner] gegangen waren.
       
       Keines der künftig 11 Ministerien wird den Klimaschutz im Namen führen.
       Allerdings wird es, anders als von der CDU versprochen, auch kein
       selbständiges Landwirtschaftsministerium geben. Auch künftig werden
       Landwirtschaft und Umwelt in einem gemeinsamen Ressort verwaltet werden.
       
       Die SPD soll für drei Ressorts verantwortlich sein, die CDU erhält acht
       Ministerien. Zur Einhaltung der Schuldenbremse versprechen die
       Koalitionspartner eine klare Prioritätensetzung; allerdings sollen die
       Regelungen des Ausführungsgesetzes zur Schuldenbremse „im Lichte der
       Erfahrungen der vergangenen Jahre evaluiert“ werden, heißt es in dem
       Papier.
       
       Auch andere CDU-geführte Landesregierungen hatten Beratungsbedarf
       angemeldet, weil die Schuldenbremse auch Kredite für dringend nötige
       Zukunftsinvestitionen strikt begrenzt. Bevor der Koalitionsvertrag in der
       kommenden Woche unterschrieben werden kann, müssen die jeweiligen
       Parteigremien zustimmen. Die Billigung durch den CDU-Landesausschuss gilt
       als Formsache. Die SPD hat für Samstag zu einem Landesparteitag im
       südhessischen Groß-Umstadt eingeladen, bei dem es eine kontroverse Debatte
       geben dürfte. Dass die Hessen-SPD dem maßgeblich von ihrer
       Landesvorsitzenden Faeser ausgehandelten Vertrag die Zustimmung verweigert,
       gilt indes als unwahrscheinlich.
       
       14 Dec 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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