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       # taz.de -- Kochbuch aus Afghanistan: Chutneys und Pickles
       
       > Afghanistan kommt nicht zur Ruhe, aber die Traditionen werden weiter
       > gepflegt. Sarghuna Sultanie hat typische Gerichte in einem Kochbuch
       > versammelt.
       
   IMG Bild: In der afghanischen Küche dürfen Chutneys und Pickles auf keinem Tisch fehlen
       
       Jeder Mensch hat so seine Vorlieben. Die eine mag Pasta, der andere
       bevorzugt Reis. Die afghanische Küche kennt beides. Kein Wunder, dass sie
       mir vor langer Zeit ans Herz wuchs. Gleich mehrere Kochbücher besitze ich
       zum Thema, und in diesem Jahr hat sich ein neuer Band hinzugesellt:
       „Afghanische Küche“ ist sein maximal schlichter Name, verfasst von Sarghuna
       Sultanie, die 1980 mit ihrer Familie aus Afghanistan flüchten musste und
       nach Deutschland kam. Hier wurde die studierte Chemikerin nun mit 80 Jahren
       noch zur Autorin.
       
       [1][Weil Afghanistan seit Jahrzehnten nicht zur Ruhe kommt], ist es sehr
       tröstlich, dass seine Traditionen weiter gepflegt werden. Dazu gehört
       natürlich das Essen, in dem sich zahlreiche Kulturen spiegeln und friedlich
       miteinander vereint sind. Das Land liegt an der historischen Seidenstraße
       und hat viele Nachbarn. Wie in Pakistan finden sich Dal, Samosa, Pakora in
       der afghanischen Küche, auch Chutneys und Pickles, Torschi genannt, dürfen
       laut Sarghuna Sultanie bei keiner Tafel fehlen. Neben Brot und der
       Kartoffel ist Reis Grundnahrungsmittel, gewissermaßen das Herz der Küche.
       Er wird in Langkorn- und Rundkornvariante gekocht.
       
       Aus Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan kamen vermutlich Mantu ins Land.
       Diese gefüllten Nudeln machen geradezu süchtig. Sie werden, auch wegen des
       leicht erhöhten Arbeitsaufwands, gerne zu besonderen Anlässen und Festen
       serviert. Der Teig besteht aus Mehl, Wasser, Öl und Salz. Überhaupt ist die
       Menge an Zutaten im Buch überschaubar. Gut so! Wer möchte schon hundert
       Elixiere, Tinkturen und Schäume kaufen.
       
       Die Mantufüllung besteht im Buchrezept aus Rinderhack, Zwiebeln, Salz,
       Pfeffer, Koriander und Öl. Dazu werden Hackfleischsoße und ein Joghurtdip
       gereicht. Fans der vegetarischen Kost dürfen nun laut oder leise aufatmen,
       denn die afghanische Küche ist nicht per se fleischlastig, und auch Mantu
       existieren in einer vegetarischen Variante: Dann heißen sie Aschak und
       werden mit Lauch gefüllt. Mir würde es extrem schwerfallen, eines der
       beiden Gerichte auswählen zu müssen.
       
       ## Langsamer geht’s auch
       
       Kabab und Qorma, Gebratenes und Geschmortes, sind die
       Hauptzubereitungsarten für Fleisch (meist Lamm) und Gemüse. Qorma,
       hierzulande wenig bekannt, in Afghanistan aber weit verbreitet, ist am
       ehesten mit Gulasch vergleichbar. Weil fürs Garen der Herd sorgt, stehe ich
       nicht mit der Stoppuhr daneben, sondern schätze den meditativen Aspekt.
       Muße kommt in meiner Küche meistens auf, und besonders schön ist es, wenn
       sich jemand dazugesellt und Geschichten erzählt werden.
       
       In Afghanistan versteht sich das von selbst, und so finden sich im Buch
       auch Anekdoten, etwa von Bäckern, die im großen Tontopf (Tandor) auf
       loderndem Feuer [2][Fladenbrote] herstellen, was den kleinen Sohn der
       Autorin immer wieder faszinierte. Wer noch skeptisch ist, probiert etwas
       Schnelleres wie Nudelsuppe mit Kichererbsen und Kurkuma.
       
       „Afghanische Küche“ bietet verständliche Instruktionen, die Lust aufs
       Nachkochen machen und keine großen Vorkenntnisse erfordern. Fotografiert
       wurden die Gerichte so, wie sie auf den Tisch kommen, nicht foodpornmäßig
       inszeniert. Getrunken wird in Afghanistan übrigens Tee, ob zum Essen,
       danach oder zwischendurch. Besonders gut ist grüner mit Milch und Kardamom,
       obendrauf dann Kaymak, dicker Rahm.
       
       Ein Teil des Erlöses geht an [3][den afghanischen Frauenverein], der für
       Wiederaufbau und Frieden im Land arbeitet. Seit 1992 kümmern sich die
       Ehrenamtlichen in mehr als 20 Projekten um über 200.000 Menschen. Sarghuna
       Sultanie ist von Anfang an dabei.
       
       18 Dec 2023
       
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