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       # taz.de -- Vor den Wahlen in der DR Kongo: EU bricht Wahlbeobachtung ab
       
       > Drei Wochen vor Kongos Wahlen packen die EU-Wahlbeobachter in Kinshasa
       > ihre Koffer. Grund: Sie dürfen keine Satellitentelefone benutzen.
       
   IMG Bild: Kongos Präsident Félix Tshisekedi bei einer Wahlkampfveranstaltung in Kinshasa am 19. November
       
       Brüssel taz | Gerade etwas über eine Woche ist es her, dass die
       EU-Beobachtermission für [1][die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in
       der Demokratischen Republik Kongo] am 20. Dezember in der Hauptstadt
       Kinshasa landete und ihr Quartier im Hilton-Hotel aufschlug. Nun packt die
       42-köpfige Mission unter Führung der schwedischen EU-Abgeordneten Malin
       Björk, der auch der deutsche Diplomat [2][Martin Kobler] angehört,
       ehemaliger Chef der UN-Kongo-Mission (Monusco), schon wieder die Koffer.
       
       Als Grund nennen EU-Diplomaten, die Mission könne nicht wie vorgesehen
       arbeiten. Kongos Geheimdienst ANR (Agence Nationale de Renseignement) gibt
       demnach die Nutzung der Satellitentelefone der EU-Beobachter nicht frei. In
       einem Land von der achtfachen Größe Deutschlands, wo die Mobilfunknetze
       längst nicht flächendeckend sind und jederzeit vom Staat abgeschaltet
       werden können, sind Satellitentelefone unverzichtbar für sichere und
       unabhängige Kommunikation, heißt es im EU-Parlament.
       
       Die Anträge zur Genehmigung des Gebrauchs von Satellitentelefonen liegen
       den kongolesischen Behörden seit Oktober vor, aber es wurde ihnen bis heute
       nicht stattgegeben, sondern lediglich unverbindliche Versprechen abgegeben,
       die Situation zu regeln.
       
       Am Mittwoch [3][verkündete der diplomatische Dienst der EU offiziell den
       Abbruch der Mission]. Man sei dazu „aus technischen Gründen jenseits
       unserer Kontrolle gezwungen“, sagte eine Sprecherin. Zuvor hatten die
       Monusco und Frankreich vergeblich versucht, das zu verhindern. Ein
       EU-Sprecher bestätigte gegenüber der taz bereits am Dienstagabend, die seit
       17. November in Kinshasa präsenten EU-Wahlbeobachter hätten aus
       „Sicherheitsgründen“ nicht wie vorgesehen ab 21. November landesweit
       stationiert werden können. „Dies macht die nötige Langzeitbeobachtung
       unmöglich. Die EU prüft derzeit die verfügbaren Optionen.“
       
       ## Sorgen um die Wahlen in Kongo
       
       Die Blockade verstärkt Mutmaßungen, die Regierung von Präsident Félix
       Tshisekedi wolle eine ebenso weitreichende Wahlfälschung organisieren wie
       die Regierung von Präsident Joseph Kabila bei den vorhergehenden Wahlen
       2011 und 2018. Ohnehin mehren sich [4][Sorgen, dass die Wahlen nicht wie
       geplant am 20. Dezember stattfinden können].
       
       Zahlreiche kongolesische Kritiker der Arbeit der Wahlkommission CENI
       verweisen darauf, dass das Wahlregister intransparent sei, viele Wähler
       mangelhafte oder nicht zu gebrauchende Wählerausweise erhalten hätten und
       dass es immer noch keine öffentlich einsehbare Aufstellung der Wahlzentren
       und Wahllokale gebe. Dieses ist nötig, um zu verhindern, dass bei der
       Auszählung Stimmen fiktiver Wähler aus nichtexistierenden Wahllokalen unter
       die realen Ergebnisse gemischt werden.
       
       Am vergangenen [5][Sonntag hatte der katholische Erzbischof von Kinshasa,
       Kardinal Fridolin Ambongo], in seiner Sonntagspredigt diese Sorgen
       aufgegriffen und gesagt, es sei nicht sicher, dass es Wahlen am 20.
       Dezember geben werde. Die [6][Wahlkommission CENI reagierte darauf am
       Dienstag] scharf und warf dem obersten Katholikenführer des Landes vor, er
       wolle mit „verfrühten und grundlosen“ Anschuldigungen „den Wahlprozess
       diskreditieren“. Kongos katholische Kirche hatte schon bei den Wahlen 2018
       Fälschungen aufgedeckt, die Präsident Tshisekedi damals den offiziell
       verkündeten Sieg beschert haben sollen.
       
       Luc Lutala, Leiter der kongolesischen Wahlbeobachterkoalition Symocel
       (Synergie des missions d'observation citoyennes des élections), bekräftigte
       am Dienstag in einem Interview mit dem UN-geförderten Rundfunksender Radio
       Opaki die Sorgen. Die Wahlkommission habe zwar einen Zeitplan vorgelegt,
       gebe aber keine Rechenschaft über die zu dessen Erfüllung getätigten
       Ausgaben. Die in Südkorea von der Firma Miru Systems erworbenen
       Wahlmaschinen, die eine elektronische Stimmabgabe und Stimmauswertung
       ermöglichen sollen, seien nicht in ausreichender Zahl gekauft worden, nur
       zwei Drittel seien bisher ausgeliefert, und das unter intransparenten
       Umständen.
       
       Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hatte die EU den Abbruch
       noch nicht bestätigt. Dies hat der diplomatische Dienst der EU am
       Mittwochnachmittag getan. Die betreffende Stelle wurde am Mittwoch
       aktualisiert.
       
       28 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.digitalcongo.net/article-en/655df528ab36360014feafa2/
   DIR [2] /Krise-im-Kongo/!5055221
   DIR [3] https://www.eeas.europa.eu/eeas/r%C3%A9publique-d%C3%A9mocratique-du-congo-d%C3%A9claration-de-la-porte-parole-sur-annulation-de-la-mission-d_und_en?s=94
   DIR [4] /Schwere-Kaempfe-im-Ostkongo/!5971531
   DIR [5] /Wahlvorbereitung-im-Kongo/!5921799
   DIR [6] https://twitter.com/cenirdc/status/1729571555179376851
       
       ## AUTOREN
       
   DIR François Misser
       
       ## TAGS
       
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