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       # taz.de -- Austausch fossiler Heizungen : Wärmewende in Gefahr
       
       > Der Austausch fossiler Heizungen stockt. Die Ziele der Regierung für den
       > Einbau von Wärmepumpen drohen verfehlt zu werden, warnt der
       > Branchenverband.
       
   IMG Bild: Ein Beschäftigter am Bosch Thermotechnik-Standort Eibelshausen arbeitet an einer Wärmepumpe
       
       Berlin taz | Die anhaltende [1][Flaute bei Wärmepumpen] gefährdet das
       Erreichen der Wärmewende-Ziele. Davor warnt Christian Sieg,
       Vorstandsmitglied im Bundesverbands der Wärmepumpe. Verbraucher:innen
       sind verunsichert und zögern deshalb mit dem Heizungstausch.
       
       Fast ein Fünftel der klimaschädlichen CO2-Emissionen in Deutschland stammen
       aus Gebäuden, der größte Teil davon aus den mehr als 20 Millionen
       Heizungen. Die Bundesregierung will die Hälfte der Wärmegewinnung in
       Gebäuden bis 2030 auf erneuerbare Energien umstellen. Dabei spielen
       strombetriebene Wärmepumpen eine wichtige Rolle. In den kommenden Jahren
       sollen 6 Millionen Wärmepumpen installiert werden, ab 2024 jedes Jahr
       500.000. Doch danach sieht es zurzeit nicht aus. „Wenn es so weitergeht,
       werden wir im Jahr 2024 nur 300.000 erreichen“, sagt Sieg, der auch
       Geschäftsführer der Firma BDR Thermea in Deutschland ist, der taz.
       Unklarheit über die staatliche Förderung und die vergiftete Diskussion um
       das Heizungsgesetz hat potenzielle Kund:innen verunsichert, ist er
       überzeugt.
       
       Das Problem: Die ausgebliebenen Installationen können nicht einfach in den
       folgenden Jahren nachgeholt werden. „Dazu fehlen die Kapazitäten“, sagt
       Sieg. Es gibt schlicht nicht genug Handwerker, um Verzögerungen
       wettzumachen. Schon jetzt scheitert so mancher Wärmepumpeneinbau daran,
       dass Eigentümer:innen keine Installateur:innen finden. Sieg rät,
       auf den Internetseiten von Herstellern nach Handwerker:innen zu suchen
       – die sind in der Regel für den Einbau einer Wärmepumpe ausgebildet.
       
       2023 haben sich die Absatzzahlen schlechter als erwartet entwickelt. „Das
       erste Halbjahr war noch sehr stark“, berichtet Sieg. „Hätte sich die
       Entwicklung fortgesetzt, hätten wir in diesem Jahr 400.000 Wärmepumpen
       erreicht.“ Doch jetzt erwartet die Branche nur einen Absatz von höchstens
       350.000. „Der Einbruch ist dramatisch, auch weil ein großer Teil der
       350.000 noch in den Handelsregalen liegen und nicht beim Kunden installiert
       wurden“, sagt er. Weil eine Wärmepumpe selten von heute auf morgen
       installiert wird, zeigen sich Veränderungen im Markt stets mit etlichen
       Monaten Verzögerung.
       
       ## Hetzkampagne zeigt Wirkung
       
       Die Zurückhaltung in der zweiten Jahreshälfte geht also auf das Geschehen
       in der ersten zurück. Da hat die Kampagne der Springermedien und der FDP
       gegen [2][das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)
       und Bauministerin Klara Geywitz (SPD)] zu einer massiven Verunsicherung
       geführt. Die Zahl der Anträge auf Förderung lag 2023 nach Angaben des
       Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zwischen Januar und
       November bei 86.560, im gleichen Zeitraum 2022 waren es noch stolze
       329.000. „Der Wärmepumpenboom ist vorbei“, sagt Frederic Leers vom
       Bundesverband der deutschen Heizungsindustrie. Dabei hätten die Anbieter
       ihre Kapazitäten drastisch ausgebaut. „Die Industrie und das Handwerk haben
       geliefert, die Politik aber nicht.“
       
       Das sieht auch Sieg so. Nach der Ankündigung der Bundesregierung, die
       Förderung neu aufzustellen, warten nach seinen Erfahrungen viele erst
       einmal ab. Bislang fördert der Staat den Einbau einer Wärmepumpe mit bis zu
       40 Prozent der Kosten, das läuft trotz der aktuellen Haushaltssperre
       weiter. Immer wieder heißt es, dass es künftig bis zu 70 Prozent sein
       werden. Vielen ist aber nicht klar, dass das nur für Haushalte mit einem
       Einkommen bis 40.000 Euro gilt. Vor allem: [3][Die neue Grundförderung von
       30 Prozent plus einer Geschwindigkeitszugabe von 25 Prozent und dem
       einkommensabhängigen Bonus] kann erst mit dem Haushalt 2024 auf den Weg
       gebracht werden, über den die Ampel noch verhandelt. „Das ist ein Treiber
       für die Verunsicherung von Kunden“, sagt Sieg.
       
       Im Schnitt kostet eine Wärmepumpe derzeit rund 25.000 Euro, sagt Sieg – als
       der Markt überhitzt war, waren die Preise höher. Doch auch jetzt liegen die
       Kosten für eine Gasheizung bei nur etwa einem Drittel. „Kunden wollen keine
       Fehlentscheidung treffen, weil die kaum zu korrigieren ist“, sagt Sieg.
       Deshalb haben sich viele noch für eine neue Gasheizung entschieden.
       
       Die Branche versucht solche Vorbehalte mit sogenannten Hybridlösungen
       aufzufangen. Dabei wird etwa ein moderner Gaskessel mit einer kleinen
       Wärmepumpe kombiniert. Diese Lösung ist bis zu 30 Prozent billiger als eine
       große Wärmepumpe, sagt Sieg. Sie hat einen großen Vorteil: Sie ist auch für
       ältere Gebäude geeignet, die nicht optimal gedämmt sind. Wird das Haus nach
       und nach saniert, steigt der Heizanteil der Wärmepumpe. Sieg: „Das Gasgerät
       wächst dann aus dem Haus heraus.“
       
       7 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
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   DIR Anja Krüger
       
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