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       # taz.de -- Einseitiger Protest an der UdK Berlin: Kleingeistiger Aktivismus
       
       > Am Mittwoch trafen sich an der Berliner UdK Studierende erneut zum
       > „Strike for Palestine“. Medien waren beim einseitigen Protest
       > unerwünscht.
       
   IMG Bild: Symbolhaftes Kleidungsstück: Die Kufiya, oft auch einfach Palästinensertuch oder Pali-Schal genannt
       
       Es sollte ein großer Streik „für Palästina“ werden an diesem Mittwoch an
       [1][der Berliner Universität der Künste (UdK)]. Das Geschehen entpuppte
       sich dann aber rasch als weitere Episode kleingeistigen Aktivismus.
       
       Bei Schneetreiben versammelten sich ungefähr zwei Dutzend maskierte
       Studierende in der Eingangshalle der Universität. Auf dem der Gruppe
       zuzuordnenden Instagram-Account „notinourname_udk“ hatten die
       palituchtragenden Kunststudierenden seit Tagen um Unterstützung geworben.
       Der Vormittag blieb ruhig, Banner und Plakate hatten die Studierenden
       diesmal größtenteils zu Hause gelassen.
       
       Gegen Mittag verkündete die Gruppe auf ihrem Social-Media-Konto, die
       Universität habe ihnen verboten, sich in der Eingangshalle zu versammeln,
       und erklärte, die weiteren Programmpunkte im studentischen „Café kubik“ im
       Obergeschoss abhalten zu wollen.
       
       ## Falsche Auslegung
       
       Auf Anfrage der taz erklärte die Universitätsleitung, es habe mangels
       vorheriger Anmeldung der Veranstaltung „auf studentischer Seite eine
       falsche Auslegung des Rechtsrahmens bezüglich des Versammlungsrechtes“
       gegeben, weswegen die Aktion in Absprache örtlich verlegt worden sei.
       
       Am neuen Ort dann: geschlossene Gesellschaft. Medienvertreter*innen
       waren unerwünscht. Dabei hatte man sich im Vorfeld auf Instagram so sehr
       einen Ort für „offenen Austausch und Diskussion“ gewünscht.
       
       Die Aussage vor Ort, man wolle sich in einem privaten, zurückgezogenen
       Rahmen versammeln, konterkarierten die Aktivist*innen dann aber
       performativ mit der Tatsache, dass sie ein eigenes Kamerateam vor Ort
       hatten und Teile ihrer Aktion vom Café live auf Instagram streamten. Zu
       sehen war eine Person, eine Kufiya über den gesamten Kopf gezogen,
       inklusive Gesicht. Der politische Aussagegehalt blieb indes unklar.
       
       ## Rote bemalte Handinnenflächen
       
       Es war nicht die erste propalästinensische Aktion der Kunststudierenden.
       Die [2][FAZ hatte am Montag über eine andere „Performance“ berichtet], die
       schon am 13. November stattfand. Demnach hatten sich dort 80 bis 100
       Studierende in der Eingangshalle versammelt, in ihrer Mitte ein Banner mit
       der kühnen Aussage „It’s not complicated“. Die Protestierenden hatten
       überdies ihre Handinnenflächen rot bemalt. Als Zeichen, dass angeblich Blut
       an den Händen deutscher Politiker klebe.
       
       Die Symbolwirkung auf Beobachter*innen, die sich nicht der Illusion
       hingeben, es sei ja alles ganz unkompliziert, war indes eine andere: Im
       Oktober 2000 ging das Bild eines palästinensischen Mörders um die Welt,
       dokumentiert von einem italienischen TV-Team. Der Mann hatte in einer
       Polizeistation in Ramallah als Teil eines Lynchmobs zwei israelische
       Reservisten ermordet.
       
       ## Grausame Symbolik
       
       Nach der Tat zeigte er der Menge vor der Wache stolz seine
       blutverschmierten Hände. Eine grausame Symbolik, an die Mitte November 2023
       Kunststudierende auf den Fluren einer deutschen Universität wieder
       anknüpften.
       
       Der ideologische Unterbau ihres neuerlichen „Streiks“ war vorab auf
       Instagram zu begutachten. Die Studierenden stimmten ein in den
       aktivistischen Chor juristischer Laien, die die gegenwärtige, zweifellos
       dramatische, Situation für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen als Genozid
       bezeichnen.
       
       Auch wähnen sich die Studierenden inmitten der „größten Maßregelung der
       freien Rede in öffentlichen Orten Deutschlands im 21. Jahrhundert“. Ihre
       Veranstaltung aber konnte stattfinden, das dürften die Studierenden bemerkt
       haben. Man weigere sich, schreiben sie weiter, hinzunehmen, dass das
       normale Alltagsleben auf dem Campus weitergehe. Tatsächlich war am Mittwoch
       aber augenscheinlich genau das der Fall. Es beinhaltet auch: Von
       Gegenprotest anderer Studierender an diesem verschneiten Mittwoch keine
       Spur.
       
       30 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Linker-Antisemitismus/!5966630
   DIR [2] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/udk-berlin-antisemitismus-und-israelhass-treten-offen-hervor-19343147.html?GEPC=s5
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julian Sadeghi
       
       ## TAGS
       
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