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       # taz.de -- Globaler C02-Ausstoß: Klimatrickser aus dem All aufspüren
       
       > Viele Länder unterschätzen ihren C02-Ausstoß. Eine neue Methode soll
       > jetzt aus dem Weltall konstante Messungen liefern, ohne dass Staaten
       > eingreifen.
       
   IMG Bild: Japan von sehr weit oben: Die Crew der ISS blickt auf die Erde hinab
       
       In den vergangenen Jahren haben sich in der Klimapolitik sogenannte
       C02-Budgets etabliert. Diese sollen angeben, wie viel Kohlenstoffdioxid die
       Weltbevölkerung noch ausstoßen kann, um die Erderhitzung so gering wie
       möglich zu halten. Dafür geben die Regierungen weltweit an, wie viele
       Treibhausgase sie emittieren.
       
       Fehlende Transparenz oder finanzielle Mittel führen dazu, dass die
       angegebenen Werte nicht immer der Wahrheit entsprechen. [1][China zum
       Beispiel] unterschätzt den eigenen Kohlenstoffdioxidausstoß um bis zu 18
       Prozent. Jetzt sollen unabhängige Messungen konstante Daten liefern – und
       zwar aus dem Weltraum.
       
       ## Die Studie
       
       Wie genau die internationale Raumstation ISS bei der Datensammlung helfen
       kann, beschrieben Forscher*innen aus den USA und Spanien im
       [2][Fachmagazin Science]. 30 Tage lang zwischen Juni und Juli 2022
       sammelten sie Daten zu Methan- und CO₂-Emissionen mithilfe eines
       Spektrometers.
       
       EMIT ist seit Sommer 2022 auf der ISS montiert und kann die Wellenlängen
       erkennen, aus denen die von der Erde reflektierte Sonneneinstrahlung
       besteht. CO₂ und Methan werfen eine bestimmte Wellenlänge zurück, die EMIT
       erkennen kann. Besonders interessant für Forscher*innen ist neben dem
       CO₂-Ausstoß, der Methanausstoß. Das Gas hat einen weit stärkeren
       Treibhauseffekt als CO₂, bleibt aber kürzer in der Atmosphäre. Wenn Staaten
       ihren Methanausstoß begrenzen, sind die Ergebnisse unmittelbarer.
       
       Die Forscher*innen konzentrierten sich auf Länder des Nahen Ostens und
       Zentralasiens, weil [3][die Berichte von dort besonders unzuverlässig
       sind.] EMIT hat zwei Drittel des untersuchten Gebiets etwa zehnmal
       gemessen. Das Instrument hat eine sehr hohe Auflösung und kann daher sehr
       präzise feststellen, woher die Methan- und CO₂-Emissionen kommen.
       
       In Öl- und Gasfeldern in Turkmenistan hat EMIT Methanquellen gefunden, die
       nur wenige Kilometer voneinander entfernt waren. Insgesamt haben sie pro
       Stunde 145 bis 181 Tonnen Methan ausgestoßen. Weil das Instrument so genau
       ist, konnten die Wissenschaftler*innen feststellen, dass das Methan
       aus den Pipelines ausgetreten ist.
       
       Die Forscher*innen haben außerdem zwei Kohlekraftwerke in der
       chinesischen Provinz Xinjiang untersucht, deren Emissionen ihnen zufolge
       nicht regelmäßig weitergegeben werden.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Mit den EMIT-Daten konnten die Forscher*innen Ergebnisse anderer Studien
       bestätigen, dass Turkmenistan, [4][Iran] und Kasachstan die größten
       Methan-Emittenten Zentralasiens sind. Wenn diese Staaten also ihren
       Methanausstoß verringern könnten, würde es die Erderhitzung begrenzen.
       
       EMIT kann zwar dabei helfen, die genauen Quellen ausfindig zu machen und zu
       dokumentieren. Inwieweit die Staaten daraufhin ihren Ausstoß verringern,
       ist dann keine wissenschaftliche Frage mehr, sondern eine politische.
       
       18 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.nature.com/articles/nclimate1560
   DIR [2] https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adh2391
   DIR [3] https://acp.copernicus.org/articles/22/3235/2022/
   DIR [4] /Schwerpunkt-Iran/!t5007776
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Waack
       
       ## TAGS
       
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