URI: 
       # taz.de -- Grundsatzprogramm der CDU: Eine gute Streitbasis
       
       > Die CDU hat nun einen Plan, wofür sie in den nächsten zehn Jahren stehen
       > will. Was man sagen kann: Die Diskussionen mit ihr bleiben garantiert.
       
   IMG Bild: Harte Law-and-Order-Politik: Die CDU möchte mehr Videoüberwachung
       
       Die CDU liefert eine Diskussionsgrundlage für die Frage ihrer politischen
       Relevanz. [1][Der Entwurf zum neuen Grundsatzprogramm], den die Partei am
       Montag vorlegte, hat es tatsächlich in sich: Mit dem Papier will die Partei
       festhalten, worin sie ihre Bedeutung für die kommenden zehn Jahre sieht.
       Der Entwurf ist der ganz deutliche Versuch, mit einigen Stichpunkten das
       konservative Profil der Partei zu schärfen. Hinter dem schnarchigen Titel
       „In Freiheit leben“ stehen 70 Seiten, mit denen die CDU viel Grund zum
       Streiten bietet, und das ist gut so.
       
       Manches ist in dem Dokument nicht ausformuliert. So soll ein „christliches
       Menschenbild“ der Partei den „Kompass“ bieten. Zwar stellt die CDU durchaus
       etwa Überlegungen zur Menschenwürde an, die sie daraus ableitet. Andere
       Gedanken, die man zum „christlichen Menschenbild“ biblisch anstellen
       könnte, fehlen jedoch prominent: Die Fehlbarkeit des Menschen und sein
       Bedürfnis nach Barmherzigkeit.
       
       Was im Entwurf zum CDU-Grundsatzprogramm stattdessen folgt, sind
       Vorstellungen einer harten Law-and-Order-Politik unter dem Titel
       „Sicherheit für alle“. Die CDU möchte schnellere Gerichtsverfahren mit
       „weniger Instanzen“, [2][mehr Videoüberwachung], mehr Kompetenzen für
       Polizei und Verfassungsschutz und dadurch Strafen, die der Tat „auf dem
       Fuße“ folgen. [3][Von der Resozialisierung von Straftäter*innen], die
       sich auch aus einem „christlichen Menschenbild“ ableiten ließe, spricht die
       Partei hingegen nicht. Auch hier liefert die CDU einen guten Grund für die
       harte Auseinandersetzung mit ihrer Programmatik.
       
       ## Verkürzte Vorstellung von Solidarität
       
       Solidarität ist neben Sicherheit und Freiheit ein Grundbegriff in dem
       Programm. Während die CDU Freiheit und Sicherheit nicht als gegensätzlich,
       sondern als komplementär darstellt („Nur in Sicherheit ist ein Leben in
       Freiheit möglich“), wird Solidarität als eine Art letzter Ausweg gesehen:
       „Solidarität durch die Gemeinschaft bedarf es dort, wo nur
       gesamtstaatliches Handeln sozialen Herausforderungen gerecht werden kann.“
       Abgesehen von der Gleichsetzung der Solidarität mit Staatlichkeit an dieser
       Stelle (es steht nicht überall im Programm so) ist das eine brutale
       Verkürzung des gemeinsamen Schulterschlusses zwischen Menschen.
       
       An anderer Stelle werden auch Ableitungen aus dieser Vorstellung deutlich:
       Der Entwurf propagiert mehr Eigenverantwortung und Sparsamkeit im
       Gesundheitswesen sowie eine „Aktivrente“ mit steuerfreien Einkünften für
       Rentner, die ihre Bezüge mit Arbeit aufbessern wollen. Dazu möchte die CDU
       das Renteneintrittsalter konsequent an die Lebenserwartung knüpfen.
       
       Wo das wohl hinführen soll mit der CDU in den kommenden 10 Jahren? Streit
       mit der Partei ist auf dieser Basis garantiert.
       
       16 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neues-Grundsatzprogramm-der-CDU/!5975994
   DIR [2] /Freundschaft-mit-einem-Gefaengnisinsassen/!5976726
   DIR [3] /Freundschaft-mit-einem-Gefaengnisinsassen/!5976726
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Cem-Odos Güler
       
       ## TAGS
       
   DIR CDU
   DIR Grundsatzprogramm
   DIR Christen
   DIR Solidarität
   DIR Rente
   DIR GNS
   DIR Friedrich Merz
   DIR Haushalt
   DIR Islam
   DIR Friedrich Merz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Merz will keinen Streit zu Kanzlerschaft: Die Kabbel-Frage der Union
       
       Der CDU-Chef spricht in der K-Frage nochmal ein Machtwort. Vielleicht sitzt
       der Streithahn diesmal gar nicht in München, sondern in Düsseldorf.
       
   DIR Einigung im Haushaltsstreit: Eine Rettung mit unbekanntem Preis
       
       Die Regierung einigt sich beim Haushalt, doch viele Details sind unklar. Wo
       wird konkret gekürzt? Klar ist nur: Für Bürger*innen wird es teurer.
       
   DIR Neues Grundsatzprogramm der CDU: Ende der abstrakten Bekenntnisse
       
       Die CDU will sich offenbar von der Aussage abwenden, dass der Islam zu
       Deutschland gehöre. Sie erinnert damit an eine notwendige Debatte.
       
   DIR Soziale Kälte der CDU: Weil Merz Merz ist
       
       Der CDU-Chef hätte gute Chancen, der nächste Kanzler zu werden. Was ihm
       allerdings im Wege steht: strategische Dummheiten, wie beim Bürgergeld.