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       # taz.de -- AfD im Erzgebirge: Rechtes Weihnachtsland
       
       > Das Erzgebirge ist gerade zur Weihnachtszeit malerisch schön. Doch hier
       > wohnen viele Menschen, die rechte Ideologien glauben und AfD wählen.
       > Warum?
       
       Westerzgebirge, Sachsen 
       
       Haamlich, heimelig also, wird es im sächsischen Erzgebirge zur
       Winterweihnachtszeit nicht nur in den [1][Hutzenstuben.] In den Ortschaften
       steht in beinahe jedem Fenster ein [2][Schwibbogen] (Lichtbogen) oder
       hängen Sterne. Straßen und Weihnachtsmärkte werden freundlich beleuchtet,
       ihre von Bergbaufiguren geprägten großen Weihnachtspyramiden drehen sich so
       stoisch, wie es dem Gemüt der Bergbewohner entspricht.
       
       Das Erzgebirge ist gerade zur Weihnachtszeit pittoreske Idylle. Man trifft
       auf einen knorrig-gemütvollen Menschenschlag, der über hunderte Jahre
       zusammengewachsen ist. Aber einige Arzgebirger und vor allem Beobachter aus
       dem Flachland fühlen sich nicht mehr uneingeschränkt wohl. Denn das
       Erzgebirge ist auch Heimat geworden für völkische, ausländerfeindliche und
       evangelikale Strömungen.
       
       [3][Die AfD ist mit 33 Prozent] in aktuellen Umfragen vor der Landtagswahl
       im kommenden Jahr stärkste Kraft – obwohl ihr Landesverband gerade vom
       Verfassungsschutz als [4][„gesichert rechtsextrem“] eingestuft wurde.
       Gleichzeitig versuchen gesprächsoffene Initiativen eine Trendumkehr.
       
       „Der Erzgebirgskreis kann mit seinen Besonderheiten wie den extrem rechten
       Heimatvereinen, den Tarnlisten, den bürgerlich-rassistischen und
       verschwörungsideologischen Protesten in einer bundesweiten Vorreiterrolle
       zur Erprobung extrem rechter Aktionsformen gesehen werden“, bricht der
       Vorspann [5][eines Policy Papers] von der Universität Leipzig mit der
       Weihnachtsidylle.
       
       ## Das Erzgebirge will „Deitsch on frei“ sein
       
       Anna-Louise Lang und der Journalist Johannes Gruner haben die
       „Situationsanalyse rechter und antidemokratischer Strukturen im
       Erzgebirgskreis“ geschrieben. Sie sind solide Kenner der Bergregion.
       Vorgestellt wurde die Analyse unter anderem auf einem Fachtag der Diakonie
       und der Landeszentrale für politische Bildung im November in Stollberg.
       Bürgermeister, Kirchenvertreter, Einzelkämpfer und Demokratieinitiativen
       konnten die Recherchen der Studie aus ihrer eigenen Erfahrung bestätigen.
       
       Schon der Tagungsort könnte exemplarisch für die Diskrepanz zwischen
       äußerlich harmonischer Wahrnehmung und sich ausbreitenden Geisteshaltungen
       stehen. Der Bürgergarten Stollberg ist ein neoklassizistischer Prunksaal
       mit Säulen, Kronleuchtern, Deckenmalereien und Holzausstattung. Hier haben
       sich in den vergangenen Jahren immer wieder Heimatvereine und rechte
       Verführer versammelt, um das hässliche Einsickern
       völkisch-nationalistischer Gesinnungen voranzutreiben.
       
       Da sind zum Beispiel die „Haamitleit e. V.“, die „Heimatleute“, ein Verein
       in Lößnitz. Er wurde 2016 von zwei jungen Männern gegründet, die im selben
       Jahr an der Gründung der Identitären Bewegung Erzgebirge beteiligt waren.
       Es ist einer von 15 Heimat- und Traditionsvereinen im Ort, der sich
       zunächst nur durch die Ausrichtung des jährlichen „Erzgebirgischen
       Heimattages“ hervortat. Er ist auf Märkten präsent, lädt zu Liederabenden
       und Heimatfesten ein.
       
       Am Waldrand oberhalb des Ortsteiles Dittersdorf haben die „Haamitleit“ 2018
       einen Gedenkstein für den 1937 verstorbenen Heimatdichter und Sänger
       [6][Anton Günther] errichtet. Dessen Popularität hält bis ins Flachland
       hinunter an, etwa mit schlichten Liedern wie „’s is Feierobnd“. Auch das
       Eduard-von-Winterstein-Theater Annaberg ersetzte ein geplantes
       zeitgenössisches Stück durch einen Anton-Günther-Abend.
       
       Die Inschriften auf den schon etwas verwitterten Holzbänken vor dem
       Günther-Gedenkstein sind anschlussfähig nach rechts. „Deitsch on frei wolln
       mr sei!“ (Deutsch und frei wollen wir sein), steht dort geschrieben. Das
       Lied von Günther gilt als Erzgebirgshymne. Die wenigsten empfinden das aber
       als problematisch. Bei Nachfragen zum Denkmal fallen nur anerkennende Worte
       über die „Haamitleit“ und ihre schönen Feste. „Die sind aktiv, die tun
       wenigstens etwas“, hört man, wenn man die Einheimischen fragt. Niemand
       berichtet von Agitation und Propaganda.
       
       „Der Arzgebirger is einer, der gern daheim is. Er lässt sich ungern aus der
       Ruhe bringen, is aber auch ganz schnell aufm Baum“, schätzt Manuela Götz
       ihre Landsleute ein. Götz betreibt eine abenteuerliche Bauernhof-Herberge
       bei Scheibenberg. Was bei Götz etwas flapsig klingt, das Empörungspotenzial
       im Erzgebirgler, führte während der Pandemiejahre zu
       verschwörungstheoretischen, rechtsoffenen Ausschreitungen auf den Straßen:
       Die Demonstrationen von Impfkriegern und Verschwörungstheoretikern vor
       allem in Zwönitz verliefen so heftig, [7][dass Medien] aus der ganzen
       Bundesrepublik sich auf die Stadt mit den 12.000 Einwohnern stürzten. Es
       blieb nicht bei Hetzreden: Polizisten wurden angegriffen, eine 57-jährige
       Frau biss einen Beamten. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wurde
       mit dem Ruf „Schießt ihn ab!“ empfangen. Auf das Bürgerbüro des damaligen
       Ostbeauftragten der Bundesregierung Marco Wanderwitz flogen Böller.
       
       Eine maßgebliche Rolle bei rechtsextremen Demonstrationen spielen die weit
       über das Erzgebirge hinaus aktiven [8][Freien Sachsen]. Gemessen an der
       geringen Mitgliederzahl und einem geschätzten Potenzial von weniger als
       1.000 Aktiven entfaltet die Kleinpartei eine überproportionale Wirkung, vor
       allem durch die Vernetzung im Internet. Sogar der AfD gelten die Freien
       Sachsen als unangenehme Konkurrenz von rechts.
       
       Gründungsmitglied Martin Kohlmann war Kopf der Initiative Pro Chemnitz und
       heizte 2018 die ausländerfeindlichen Krawalle in der Stadt nach dem Mord an
       einem Deutschkubaner mit an. Drei irakische und syrische Asylbewerber
       hatten ihn am Rande des Stadtfestes nach einem Streit mit Messern
       angegriffen, einer wurde später wegen Totschlags verurteilt. Stellvertreter
       des Parteivorsitzenden Kohlmann ist Stefan Hartung, einst bekanntester
       Kader der NPD im Erzgebirge. Die von ihm gemeinsam mit der Bürgerinitiative
       „Schneeberg wehrt sich“ organisierten „Schneeberger Lichtelläufe“ trugen
       zur rechten Mobilisierung bei. Schon 2013 zogen bis zu 1.800 Erzgebirger
       mit Fackeln vor die weit außerhalb der Stadt gelegene ehemalige
       Jägerkaserne der Bundeswehr, die als Flüchtlingsunterkunft eingerichtet
       wurde.
       
       Die rechten Aufmärsche gelten als Vorläufer der dann im Februar 2021 in
       Schwarzenberg gegründeten Partei. Spekulation bleibt, ob der Ort bewusst
       gewählt wurde im Anklang an die legendäre „Freie Republik Schwarzenberg“:
       42 Tage lang blieb 1945 das Gebiet von etwa 2.000 Quadratkilometern nach
       der Kapitulation der Wehrmacht unbesetzt. Der Mischung aus Anarchie und
       Ansätzen emanzipatorischer Selbstverwaltung setzte Stefan Heym in seinem
       Roman „Schwarzenberg“ 1984 ein literarisches Denkmal.
       
       Heute ermuntern die Freien Sachsen ihre Landsleute auch wieder zu einem
       „Säxit“, also zum Verlassen der vermeintlichen sächsischen Diktatur. Damit
       docken auch sie beim Heimatstolz der „Arzgebirger“ und ihrer Renitenz an.
       Ein Blick auf den Online-„Sachsenversand“ der Rechtsextremen zur
       Weihnachtszeit sagt alles: Einen Schwibbogen „Freies Sachsen“ gibt es ab
       130 Euro. Preisgünstiger ist ein [9][Teelichtkorb] „Jugend ohne
       Migrationshintergrund“ zu erwerben. Oder ein Räucherhaus-Finanzamt mit der
       Aufschrift „Stoppt den Raub“. Auch einen Mini-Metall-Gedenkstein „Corona
       Terror“ kann man erwerben. Omnipräsent im Shop ist erwartungsgemäß der
       Nationalheld Anton Günther.
       
       Auch die Reichsbürger haben sich im Bergland eingerichtet. Ihr bekanntester
       Vertreter, Peter Fitzek – selbsternanntes Oberhaupt eines fiktiven
       „Königreichs Deutschland“, kaufte erst kürzlich das malerische Schlösschen
       Wolfsgrün, ein winziger Ortsteil der Stadt Eibenstock. Die ehemalige
       Fabrikantenvilla mit Fachwerk-Obergeschoss und zwei romantischen Türmchen
       liegt mitten im Wald an einem Hang. Unten an der Straße bietet der einzige
       Imbiss weit und breit Autofahrern eine heiße Mahlzeit an. Seit Januar 2022
       warnen allerdings schon an der Auffahrt Schilder mit dem Hinweis: „Hier
       beginnt das Staatsgebiet des Gemeinwohlstaates Königreich Deutschland
       (KRD). Es gelten die Verfassung und Gesetze des KRD.“
       
       Exterritoriales Gebiet also. Der gelernte Koch und Esoteriker Fitzek, der
       vom Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt beobachtet wird, hat das Waldidyll
       über einen Strohmann für 2,3 Millionen Euro von einem niedersächsischen
       Arzt erworben. Ende November gab es bundesweite Razzien im Zusammenhang mit
       Fitzeks „Gemeinwohlkasse“. Fitzek sammelt dabei Geld von Gutgläubigen ein
       und verspricht ihnen dieses zurückzuzahlen: Im Auftrag der
       Finanzkontrollinstanz Bafin durchsuchten 42 Beamte das Grundstück,
       schleppten unter anderem Goldbarren heraus und versiegelten den Zugang.
       
       ## Immobilien für Reichsbürger
       
       Nach Recherchen der Leipziger Studie von Lang und Grunert soll der
       ehemalige Landrat Frank Vogel (CDU) vom geplanten Verkauf an Fitzek gewusst
       haben. Er habe aber nicht reagiert, als die finanziell überforderte Stadt
       Eibenstock versuchte, ein Vorkaufsrecht auszuüben. Das größere Freiberg
       hingegen schafft das gerade bei drei Flurstücken im Ort Halsbrücke: Bevor
       Fitzek auch hier zuschlagen kann, sollen sie dem „vorbeugenden
       Hochwasserschutz“ dienen, argumentiert die Stadt geschickt und macht von
       ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch.
       
       Kommunalpolitiker stehen in solchen Fällen rechter Landnahme nicht nur im
       Erzgebirge oft zwischen Baum und Borke. Inzwischen gibt es bei der
       Landesdirektion, also der sächsischen Verwaltungs-Mittelbehörde, deshalb
       auch ein beratendes „Expertennetzwerk Rechtsextremismus“. Aber auch unter
       Bürgermeistern divergieren die Einstellungen. Silke Franzl, Bürgermeisterin
       in Ehrenfriedersdorf, sprach auf der Stollberger Fachtagung im November.
       „Wenn wir nicht aufpassen, wird es immer mehr“, diagnostizierte sie einen
       Radikalisierungstrend. Die Mitte breche teilweise weg, auch Unternehmen und
       Handwerker gerieten immer mehr in den Dunstkreis von Reichsbürgern und
       ähnlich autoritären Kreisen. Rechtsextremismus sei leider kein vorrangiges
       Bürgerthema, vielmehr herrsche „angesichts der weltpolitischen
       Rahmenbedingungen“ eine diffuse Angst vor.
       
       Das Gegenbeispiel zu einer kühlen, analytischen Stimme wie der von Franzl
       ist jemand wie Marcel Schmidt von der Freien Wählerunion Stollberg. Im
       Amtsblatt veröffentlichte der Bürgermeister einen Brief: Demonstrationen
       für ein Kalifat in Deutschland, wie nach dem Überfall der Hamas auf Israel
       im Oktober in Essen, nimmt er zum Anlass, gegen „Wirtschaftsflüchtlinge“,
       Multikulti und „Überfremdung“ zu polemisieren – und wenn er schon dabei
       ist, wettert er auch gleich gegen alles Grüne wie die Energiewende. „Wir
       können aber nicht jedem der mittlerweile 8 Milliarden Menschen auf dieser
       Erde eine Einladung schicken, das deutsche Sozialsystem in Anspruch zu
       nehmen“, schreibt Schmidt. Auch Sekten wie die Lorenzianer, Esoteriker und
       Evangelikale tummeln sich im Erzgebirge.
       
       Doch woher rührt die besondere Anfälligkeit der Erzgebirger für rechte und
       verschwörungstheoretische Ideen? „Es wundert mich am Erzgebirge, dass man
       gern Menschen glaubt, die so etwas wie der Wolf im Schafspelz sind“, sagt
       Marcel Beyerlein. Der Prediger kann sein Insiderwissen mit einem Blick von
       außen verbinden. Er hat ein Saulus-Paulus-Erlebnis hinter sich, mutierte
       vom Bezirksvorsitzenden der rechtsextremen „Republikaner“ in Nordfranken
       zum Flüchtlingshelfer, bevor er sich zum freikirchlichen Prediger ausbilden
       ließ. Eine Begegnung mit einem kanadischen Missionar hatte ihn bekehrt.
       
       In Chemnitz gründete Beyerlein die Hilfsorganisation „Brücke“, wirkte
       später unter anderem bei der Diakonie Erzgebirge. Als ein „hartes, aber
       liebevolles Volk“ betrachtet er die Erzgebirger. Ein natürlich
       romantisierender Blick, der auch eine Pauschalkritik an „denen da oben“ und
       den politischen Institutionen beinhaltet, wie sie gerne von rechts kommt:
       Politikversagen, sagt Beyerlein, öffne den „Rattenfängern“ die Türen.
       
       Der ehemalige CDU-Kreisrat Schneider legt sich gern mit Beyerlein an. Er
       wiederum ist Sprecher einer evangelikal gefärbten „Arbeitsgemeinschaft für
       Weltanschauungsfragen“. Er tritt mit Kampagnen gegen Moscheen und für eine
       „bürgerliche Revolution“ in Erscheinung. Unter der Überschrift „Diakonie
       als Handlanger der (linksgerichteten) Politik“ wetterte er auf seiner
       Plattform gegen die Absage seiner Tagungsanmeldung in Stollberg. Für ein
       Gespräch mit der taz stand Schneider nicht zur Verfügung.
       
       Pfarrer Thomas Lißke aus Bernsbach hingegen ist gerne zu einem Gespräch
       bereit. Er konstatiert „große Bedürftigkeit, Unzufriedenheit, Frust und
       eine Suche nach Antworten“ und beobachtet auch unter Kirchenmitgliedern
       Abkehr und Radikalisierung. „So stolz die Erzgebirger sind, ziehen sie sich
       aber auch schnell aus politischen Themen zurück.“ Seinem christlichen
       Menschenbild folgend glaubt er an die Erreichbarkeit von Menschen, man
       müsse ihnen nur persönlich begegnen und eine Vertrauensbasis aufbauen. Als
       Pfarrer genieße er oft noch diesen Vorschuss.
       
       Und es gibt noch mehr gemäßigte Stimmen in der Region: Der Schwarzenberger
       Kirchenvorstand initiierte eine breit getragene [10][Erklärung gegen
       Extremismus.] Im benachbarten Grünhain, wo eine Erstaufnahme für
       Flüchtlinge eingerichtet werden soll, entstand ein Gesprächsforum.Ähnlich
       klingt es beim „miteinander e. V.“ ausgerechnet im einstigen
       Coronaleugner-Mekka Zwönitz. Im Juli hat der Verein auf eigene Kosten eine
       zentral gelegene Begegnungsstätte „Mittendrin“ anmieten können. Ein
       größerer Veranstaltungsraum, der in eine Kneipe übergeht. Eigentlich sei
       immer jemand zum Zuhören da, und man komme auch mit nur zwei Euro von der
       Theke wieder weg, ermuntern die Vereinsvorsitzenden Katrin Mulcahy und ihre
       Freunde zum Besuch.
       
       Sie übernehmen im Grunde die Strategie der Anknüpfung an den Status quo, an
       die Nöte und Wünsche der Bürger – eine Strategie, mit der auch die Rechten
       erfolgreich sind. Gestartet ist die Begegnungsstätte mit einer
       Fotoausstellung „Zwönitz früher und heute“. Fotografien von Plätzen und
       Gebäuden aus derselben Perspektive, über einen Zeitraum von 100 und mehr
       Jahren. Spontan entwickelten sich lebhafte Debatten. Ob denn früher
       wirklich alles besser gewesen sei?, kam dabei auf.
       
       „Du kannst hier im Moment nur Sachen machen, die nicht politisch sind. Oder
       so, dass das gar nicht auffällt“, schränkt Vereinsfrau Christine Lippold
       allerdings ein. Dem sich bis heute tendenziell immer ausgegrenzt und
       wirtschaftlich abgehängt fühlenden Bergvolk bringen auch alle, die einen
       urdemokratischen Geist wiederbeleben wollen, eine Grundsympathie entgegen.
       So wie Pfarrer Lißke. Auch er will nur wenige hart extremistische Kräfte
       sehen, er sieht sie als eher Mitläufer und leicht beeinflussbare Suchende,
       die sich an Traditionen klammerten.
       
       Aktuelle Wirtschaftsdaten rechtfertigen diese Mischung aus Stolz,
       Weinerlichkeit und Abwehrhaltung gegenüber allem Fremden indessen nicht. Im
       sächsischen Kreisvergleich sind hier die meisten Handwerksbetriebe und
       Industrieunternehmen angesiedelt. Die klein- und mittelständischen
       Unternehmen gelten als überdurchschnittlich innovativ und flexibel. Bei
       deren Zahl soll der Erzgebirgskreis nach Angaben der Wirtschaftsförderung
       sogar zu den Top 5 der Bundesrepublik zählen.
       
       ## Manche fliehen vor der AfD
       
       Auch Julia Loßnitzer von der Diakonie in Stollberg will die Menschen im
       Erzgebirge nicht aufgeben. Sie ist eine von zwei Frauen im [11][Projekt
       NetzERZ], das seit dem Vorjahr verschiedene Initiativen und Institutionen
       zusammenbringt. Das Projekt will die demokratischen Prozesse in der Region
       fördern. Persönlich hätte sie allen Grund, sich gekränkt zurückzuziehen.
       Als Tochter eines Mosambikaners in Dresden aufgewachsen, ist sie auch nach
       zehn Jahren im Erzgebirge stets eine „Uhiesige“, also eine Fremde,
       geblieben. Sie erzählt, sie habe hier in der erzgebirgischen Provinz weit
       mehr rassistische Anfeindungen erlebt als in Dresden.
       
       Und dennoch: Loßnitzer zeigt Verständnis für den „Gefühlsstau“, aus dem nur
       leider keine demokratische Einbringung, kein Engagement folge. Deshalb
       hätten es jene so leicht, die ihnen mit Triggerpunkten für ihren Frust
       entgegenkommen.
       
       Prognosen fallen unter den Einheimischen dennoch kaum düster aus. Die
       Zwönitzer seufzen zwar bei Erwähnung des Landtagswahljahres 2024. Denn sie
       wissen, dass auch die jüngste Einstufung der sächsischen AfD als gesichert
       rechtsextrem keinen Wähler und keine Wählerin umstimmen wird. [12][In Pirna
       gewann jüngst] erstmals in der Bundesrepublik ein AfD-Kandidat die
       Oberbürgermeisterwahl Die Zwönitzer kennen junge Familien, die wegen der
       AfD Sachsen und das Erzgebirge verlassen wollen. Andererseits entdecke man
       Symptome wie im Erzgebirge auch in anderen „Randregionen“ wie der Lausitz,
       meinen sowohl die „miteinander“-Freunde als auch der gläubige Michael
       Beyerlein.
       
       Julia Loßnitzer rechnet damit, in den kommenden Jahren „noch stärker und
       bewusster miteinander arbeiten zu müssen“. Die Engagierten würden sich von
       den Resignierten nicht beeindrucken lassen. Sollte etwas schiefgehen 2024 –
       Umfragen prophezeien AfD und CDU bei den Landtags- und Kommunalwahlen je
       etwa ein Drittel der Wählerstimmen –, könne ein Dämpfer vielleicht helfen,
       etwas schlauer zu werden, übt sich der Seelsorger Thomas Lißke in
       christlicher Zuversicht. „Kommen bessere Antworten aus der Politik, lassen
       sich viele wieder für den demokratischen Pfad gewinnen!“ Sätze, die is
       Raacherkazl wieder etwas süßer duften lassen im Weihnachtsland.
       
       22 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Hutzenstube
   DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Schwibbogen
   DIR [3] /AfD-in-Regierung-verhindern/!5977533
   DIR [4] /Verfassungsschutz-stuft-AfD-Sachsen-ein/!5978757
   DIR [5] https://efbi.de/details/efbi-policy-paper-2022-3-situationsanalyse-und-antidemokratischer-strukturen-im-erzgebirgskreis.html
   DIR [6] https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_G%C3%BCnther_(Volksdichter)#:~:text=Anton%20G%C3%BCnther,%20bekannt%20auch%20als,und%20Mundart-Liedern%20im%20Erzgebirge.
   DIR [7] /Corona-in-Sachsen/!5817190
   DIR [8] https://freie-sachsen.info/
   DIR [9] https://sachsenversand.shop/product_info.php?info=p271_teelichtkorb-jugend-ohne-migrationshintergrund---freie-sachsen.html
   DIR [10] https://www.diakonie-erzgebirge.de/fileadmin/user_upload/Erklaerung_gegen_Extremismus_1.pdf
   DIR [11] https://kge-erz.de/netz-erz.html
   DIR [12] /AfD-Kandidat-wird-Oberbuergermeister/!5977811
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Bartsch
       
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       Oberbürgermeister. Der sächsische Verfassungsschutz stufte die AfD als
       gesichert rechtsextremistisch ein.
       
   DIR Rechte Esoterik auf dem Land: Reichsbürger sucht Dorf
       
       In der rheinland-pfälzischen Provinz entstehen immer mehr Treffpunkte
       rechter Selbstverwalter*innen. Nicht alle Gemeinden können damit umgehen.