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       # taz.de -- Adventskalender (5): Illegal, legal, egal
       
       > Die Initiative 9-Euro-Fonds erstattet ihren Mitglieder*innen die
       > Gebühren für ticketloses Fahren. Das gilt neuerdings auch für weitere
       > Fahrgäste.
       
   IMG Bild: 9-Euro-Fonds setzt sich ein für Solidarität in der S-Bahn
       
       Es gibt sie noch, die nicht ganz so schlechten Dinge – auch wenn sie
       derzeit rar gesät sind. In diesem Advent zaubern wir jeden Tag etwas
       Meckerfreies aus unserem Kalender. Sei's kulinarisch oder klimatisch, mobil
       oder musikalisch. Oder, wie heute, mal klassisch politisch. 
       
       Bomberjacke, Bauchtasche, grimmiger Blick und die Ankündigung: „Fahrscheine
       bitte!“ – es ist die Hass- und Schreckensfigur vieler Berliner*innen.
       Zumindest den Schrecken hat die [1][Initiative 9-Euro-Fonds] den
       Kontrolleur*innen aber genommen. Sie führt das 9-Euro-Ticket
       zivilgesellschaftlich weiter und setzt sich damit für einen bezahlbaren
       Nahverkehr für alle ein.
       
       Das Konzept funktioniert ganz einfach: Mitglieder zahlen monatlich 9 Euro
       in einen Spendenfonds. Wird man in Bus oder Bahn kontrolliert, zahlt die
       Initiative das erhöhte Beförderungsentgelt. Aus dem 207.842 Euro-schweren
       Spenden-Topf wurden bislang mehr als 2.500 Knöllchen ausgezahlt.
       
       Damit setzt sich die Initiative für ein Ende der „Regierungspolitik für
       Reiche und die Autolobby“, den Ausbau des ÖPNV sowie die
       Entkriminalisierung von Fahrer*innen ohne Fahrschein ein. Unterstützt
       werden sie unter anderem von der [2][Initiative Freiheitsfonds, die
       Menschen aus Gefängnissen freikauft], die wegen Schwarzfahren
       Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen.
       
       Um so viele Menschen wie möglich davor zu bewahren, hat der 9-Euro-Fonds
       sein Angebot nun ausgeweitet: Neuerdings kann jedes Mitglied einmal im
       Monat eine weitere Person von ihrem Knöllchen befreien. Wer mitbekommt,
       dass eine Person ohne Fahrschein kontrolliert wird, kann ihr erhöhtes
       Beförderungsentgelt aus dem Soli-Topf mitbezahlen lassen. „Mit der
       Ausweitung sollen sich Menschen gegenseitig vor der drohenden Armutsspirale
       schützen“, so Kampagnensprecher Leo Maurer.
       
       Eingeführt wurde die neue Funktion am 1. Dezember als Reaktion auf den
       Eckpunkteplan des Bundesjustizministers Marco Buschmann (FDP). Bislang
       konnten Menschen für das Fahren ohne Fahrschein eine Haftstrafe von bis zu
       einem Jahr erhalten. Dafür wurden ihnen die Kosten für das ungezahlte
       Ticket erlassen. Nun sollen Menschen maximal 3 Monate in Haft kommen
       dürfen, dafür müssen sie jedoch die Kosten für das ungezahlte Ticket in
       jedem Fall zahlen. Die Menschen würden mit Schulden aus dem Gefängnis
       entlassen und die [3][Armmutsspirale ginge weiter], kritisiert Maurer. Er
       befürchtet mit Buschmanns Reform ein „Weiter so unter anderem Namen.“
       
       Deshalb nutzt die Initiative die emotionale Weihnachtszeit der
       Gnadenerlasse, um auf sich aufmerksam zu machen. So auch der
       Freiheitsfonds, der an diesem Dienstag 26 Berliner*innen freikauft, die
       wegen Fahren ohne Fahrschein in Haft sitzen. Bundesweit sind es über 70
       Menschen. Unter dem Motto „Keine Endstation Knast beim Fahren ohne Ticket“
       laden sie um elf Uhr am Ostkreuz zu einer Protestlesung von Briefen von
       Betroffenen aus der Haft ein. Lilly Schröder
       
       5 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Lilly Schröder
       
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