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       # taz.de -- Berater über Klima-Verhandlungen: „Einer der anstrengendsten Jobs“
       
       > Er schult die Präsidententeams von Weltklimakonferenzen. Berater Kai
       > Monheim findet, in Dubai arbeiten extrem viele gute Experten.
       
   IMG Bild: Gut beraten? Der COP-Präsident Sultan al-Jaber
       
       taz: Herr Monheim, wie tragen Sie dazu bei, dass die Delegierten auf der
       COP28 ambitionierte Entscheidungen treffen? 
       
       Kai Monheim: Auf der COP kommen Tausende Verhandler aus 198 Ländern
       zusammen, die in zwei Wochen das wahrscheinlich komplexeste
       Verhandlungsproblem der Welt lösen müssen. Dabei gilt das Konsensverfahren:
       Wenn ein einziges Land einem Beschluss widerspricht, scheitert er. Es ist
       enorm wichtig, dass sich alle Länder mitgenommen fühlen. Wir beraten das
       Team der COP-Präsidentschaft strategisch, damit das gelingt.
       
       Was heißt das konkret? 
       
       Am Ende sitzen hier auch nur Menschen, die miteinander verhandeln. Und
       Menschen wollen, dass man ihnen zuhört und sie ernst nimmt. Zu Recht. Die
       COP-Präsidentschaft muss also regelmäßig mit sämtlichen Delegationsleitern
       sprechen und zur Not auch in der jeweiligen Hauptstadt anrufen.
       
       Kurz vor Beginn der COP hat die BBC aufgedeckt, dass die
       COP-Präsidentschaft mit diversen Landesvertreter*innen Fossil-Deals
       anschieben wollte. Was bedeutet das für die Verhandlungen? 
       
       Für erfolgreiche Verhandlungen gilt die Grundregel: Das Gastgeberland muss
       neutraler Vermittler sein und darf keine eigenen Interessen verfolgen. Wir
       haben die COP-Präsidentschaft von Anfang an entsprechend beraten, deshalb
       bin ich mir sicher, dass diese Gespräche so nicht geplant waren. Dennoch
       unterlaufen die Dokumente natürlich das Vertrauen in die Präsidentschaft.
       
       Ist die COP28 [1][in einem Ölland] und mit ihrem Präsidenten Sultan
       al-Jaber, der gleichzeitig CEO des Staatsölkonzerns ist, also zum Scheitern
       verurteilt? 
       
       Nein. Es gibt keinen statistischen Zusammenhang, wie fortschrittlich das
       Gastgeberland in Sachen Klimaschutz ist und wie erfolgreich die
       Weltklimakonferenz verläuft. Wichtig für den Erfolg ist vor allem ein
       versiertes Vermittlerteam – und da haben die Emirate in diesem Jahr
       wirklich extrem viele gute Experten mit an Bord geholt.
       
       Die Verhandlungen finden nicht im luftleeren politischen Raum statt. Da
       kommen auch Menschen zusammen, deren jeweilige Heimatländer im Krieg sind.
       Können diese bei der COP sachlich über das Klima debattieren? 
       
       Ja. Viele Verhandler auf den Weltklimakonferenzen sind seit Jahrzehnten
       miteinander im Austausch. Die kennen sich als Menschen. Sie haben über die
       Jahre ein Vertrauen aufgebaut, das nicht so leicht von anderen politischen
       Konflikten beeinflusst wird.
       
       Wie kann man diese Vertrauensbasis auf organisatorischer Ebene fördern? 
       
       Es ist wichtig, dass es genug Raum für informelle Treffen gibt. Manchmal
       hilft es schon, wenn man eine Verhandlung nicht Verhandlung nennt, sondern
       sie als Veranstaltung für ungezwungenen Austausch „tarnt“. Außerdem: Ein
       lichtloser, trister Konferenzraum ist Gift für konstruktives Denken.
       Kolumbien hatte die Räume beim UN Gipfel zur Artenvielfalt deshalb mit
       tropischen Blumen geschmückt und frisch gepresste Säfte verteilt. Klingt
       banal, aber am Ende sitzen hier eben auch nur Menschen, die entweder gut
       oder schlecht gelaunt sind und Energie brauchen.
       
       Apropos Energie. Die Verhandlungen sind kräftezehrend, Schlaf kommt oft zu
       kurz. Wie sorgt man dafür, dass die Delegierten trotzdem gute
       Entscheidungen treffen? 
       
       Klimaverhandler zu sein, ist wahrscheinlich einer der anstrengendsten Jobs
       der Welt. Wenn man schon aus dem letzten Loch pfeift, wie kreativ und offen
       ist man dann? Das ist ein Problem – und [2][es führt zu Ungerechtigkeiten]
       zwischen armen und reichen Ländern.
       
       Inwiefern? 
       
       Länder des Globalen Nordens können es sich finanziell leisten, deutlich
       größere [3][Delegationen zur COP zu schicken] als Länder des Globalen
       Südens. Je kleiner die Delegation, desto weniger können sich die Verhandler
       abwechseln, um sich mal auszuruhen.
       
       Wie könnte man das lösen? 
       
       Das ist schwierig. Grundsätzlich müssen die Organisatoren darauf achten,
       dass die Menschen zumindest gut mit Essen und Trinken versorgt sind. Das
       ist nicht selbstverständlich. Es gab bereits Klimagipfel, [4][auf denen das
       Wasser ausgegangen] ist oder das Essen für einige Teilnehmer schlicht zu
       teuer war.
       
       13 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /UN-Klimakonferenz/!5978883
   DIR [2] /Studie-zu-Gerechtigkeit-beim-Klimaschutz/!5975665
   DIR [3] https://www.tagesschau.de/ausland/asien/cop28-klimakonferenz-verlaengerung-100.html
   DIR [4] /Trockenheit-in-Katalonien/!5975564
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lena Wrba
       
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