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       # taz.de -- Asylgesetze in der EU und Frankreich: Die Mitte ist rechts
       
       > Das politische „Zentrum“ macht sich zum Komplizen des rechten Rands –
       > nicht nur beim EU-Asylrecht. Das hat systemische Gründe.
       
   IMG Bild: Europaflagge und Stacheldrahtsymbole: Graffiti an einer Hauswand in Stuttgart
       
       Die Schande kommt als Kompromiss der „Gemäßigten“ daher: Lager an den
       EU-Außengrenzen, in denen sogar Kinder eingesperrt werden, Abschiebung in
       sogenannte sichere Drittstaaten und Asylentscheide nach fragwürdigen
       Schnellverfahren – [1][das Gemeinsame Europäische Asylsystem (Geas)
       entrechtet Menschen]. Parteien wie SPD und Grüne klopfen sich für das
       Umsetzen dieser zivilisatorischen Katastrophe deshalb nicht minder
       [2][selbst lobend auf die Schulter]. Die sogenannte Mitte macht sich ohne
       Not zum größten Komplizen des rechten Rands.
       
       Ähnlich in Frankreich. Dort wurde der Präsident der „Mitte“, Emmanuel
       Macron, zwei Mal unter anderem gewählt, weil er in der Stichwahl gegen die
       Rechtsextreme Marine Le Pen [3][auch seinen Gegner*innen als das
       „kleinere Übel“ galt]. Nach jahrelanger Politik des Sozialabbaus lässt
       seine Regierung nun die letzten Masken fallen. Das [4][neue
       „Einwanderungsgesetz“] sieht eine Zweiklassengesellschaft vor, in der
       Menschen ohne französische Staatsbürgerschaft erst nach fünf Jahren
       Anspruch auf Sozialleistungen haben. Menschen, die oft erst die Sprache
       lernen müssen und auf ihre Arbeitserlaubnis warten. Auch kann die
       französische Staatsbürgerschaft aufgrund von Delikten künftig denjenigen
       entzogen werden, die noch eine anderen Nationalität besitzen. Was sind
       gleiche Rechte für alle, wenn einigen Menschen diese Rechte im Ernstfall
       genommen werden? Le Pen feierte das Gesetz konsequenterweise als einen
       „ideologischen Sieg“.
       
       Dass die Mitte den Rechtsextremen hier wie dort derart erbärmlich nach dem
       Mund redet, ist kein Versehen – sondern systemisch angelegter
       Opportunismus: Vertreter*innen dieser Mitte verfolgen eine radikale
       Marktlogik. Daraus kann nie Humanismus erwachsen und somit auch keine ernst
       zu nehmende Brandmauer gegen rechts. Über Menschenrechte kann in dieser
       Logik eher verhandelt werden als über die Schuldenbremse, [5][einen
       Eckpfeiler der neoliberalen Ideologie].
       
       Geht es um Sozialpolitik, kann die Mitte vermeintlich nicht anders, als zu
       sparen und zu kürzen – auch gegen die Interessen der Mehrheit. Geht es um
       Einwanderung, gibt dieselbe Mitte vor, dass auf die populistischen
       Tendenzen in der Bevölkerung nun einmal gehört werden müsse. So, wie der
       „grüne“, klimafreundliche Kapitalismus eine logische Unmöglichkeit ist, so
       ist auch die Idee eines humanistischen Kapitalismus ein Widerspruch in
       sich. Die grüne Partei verkörpert diese doppelte Lüge – und deren
       Auffliegen. Das macht sie zwar nicht zu einer rechtsextremen Partei. Für
       jene Kinder, die fortan in Lagern an den EU-Außengrenzen inhaftiert sein
       werden, ist diese Politik im Ergebnis jedoch das gleich große Übel.
       
       22 Dec 2023
       
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