# taz.de -- Autokratie in Ungarn und Serbien: Was läuft da falsch?
> Während in anderen Ländern Osteuropas Wandel möglich ist, scheint er in
> Ungarn und Serbien ausgeschlossen. Das liegt am Umgang mit der
> Geschichte.
IMG Bild: Der serbische Präsident Aleksandar Vucic während des Wahlkampfs in Belgrad, 2.12.2023
Mehrere (süd-)osteuropäische Staaten erlebten autoritäre Regime in ihrer
jüngeren Geschichte: Franjo Tudjman in Kroatien, Ion Iliescu in Rumänien
oder Vladimir Mečiar in der Slowakei. Sie erwiesen sich aber als kurze
Phänomene. In zwei Ländern scheint der autoritäre Weg dagegen kein Ende zu
nehmen: Ungarn und Serbien. Wie lässt sich erklären, dass ein
demokratischer Machtwechsel in Slowenien oder Polen möglich ist, in Ungarn
und Serbien aber immer wieder scheitert?
Ein großer Unterschied zwischen diesen Ländern und den anderen der Region
besteht darin, dass sich dort ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung
als „Verlierer der Geschichte“ sieht und dafür „den Westen“ verantwortlich
macht. Dabei werden historische Traumata tagespolitisch mobilisiert: In
Ungarn wird der Gebietsverlust nach dem Ersten Weltkrieg revisionistisch
erinnert, in Serbien wird die Unabhängigkeit vom Kosovo nicht akzeptiert.
Teile der ungarischen und [1][serbischen Rechten] waren auch historisch
gesehen immer antiwestlich orientiert: In Ungarn wird beispielsweise die
angeblich türkische Abstammung der Magyaren kontrafaktisch als Ideologie
für eine Abkehr vom „Westen“ herangezogen. [2][Diese Orientierung lässt
sich auch in der Budapester Außenpolitik erkennen.]
Das weitverbreitete Gefühl, vom „Westen“ verraten zu werden, fördert ein
antiwestliches nationalistisches Klima in diesen Ländern, auch in der
Opposition. Für fast alle [3][serbischen Oppositionsparteien] ist die
Anerkennung des Kosovos als unabhängiger Staat ein Tabu. In Ungarn
betrachten die meisten Oppositionsparteien die „Auslandsungarn“ im
völkischen Sinne als Teil der „ungarischen Nation“. Völkische Ideen über
das Wesen des „Magyarentums“ oder des „Serbentums“ gehören zum Mainstream
der ungarischen und serbischen Öffentlichkeit.
Solange die historischen Frustrationen in Ungarn, Serbien oder auch
Russland nicht selbstkritisch bewältigt werden, wird auch ein politischer
Machtwechsel in diesen Ländern keine grundlegende Veränderung anstoßen.
28 Dec 2023
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## AUTOREN
DIR Péter Techet
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