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       # taz.de -- Silvester-Böllerverbotsdebatte: Lärmende Traditionen des Nordens
       
       > Während hierzulande noch an überholten Traditionen der Geistervertreibung
       > festgehalten wird, sind einige Länder Südeuropas schon deutlich weiter.
       
   IMG Bild: In Italien sind Böller und Raketen verpönt
       
       Es ist ja auch für Südeuropäer verständlich, wenn die um die Jahres- und
       Sonnenwende in Dunkelheit versinkenden Nordmenschen sich nach Licht sehnen.
       Und schöne Sitten entwickelt haben, um die beklemmende Dunkelheit zu
       bekämpfen. So den Weihnachtsbaum. Oder Kuhglocken und Lärm, um die Geister
       der Kälte zu bekämpfen.
       
       Selbstverständlich wurde im Süden akzeptiert, dass man die Dunkelheit
       vertreiben muss, auch wenn man selbst schon Ende Januar die Sonne genießen
       kann. Im Zeitalter der Elektrotechnik ein herrlich anzusehendes Lichtermeer
       neu zu erschaffen wird auch im Süden geschätzt, und man hat in den letzten
       Jahrzehnten die nördlichen Sitten bis hin zum Kitsch für sich selbst
       genutzt. Selbst [1][die Tradition, den Winter mit Lärm zu vertreiben],
       wurde vom Norden übernommen, ohne sie zu hinterfragen. Bis jetzt.
       
       Denn wenn im Norden und vor allem in Deutschland mit Raketen und Böllern
       [2][ein Tschingderassabum nie gekannter Art] entfesselt wird, ruft das im
       Süden Europas Widerstand hervor. In Italien sind Böller und Raketen
       verpönt.
       
       Seit Jahren schon flüchten Touristen aus den Nachbarländern wie Kroatien,
       Österreich und Slowenien nach Italien, um dem Geschieße und dem Lärm zu
       entgehen. Auch für Hundebesitzer war der Trip nach Venedig oder Triest am
       Silvesterabend quasi Pflicht, um den Übergang ins neue Jahr ohne Angst um
       den Hund und in Ruhe zu genießen – Ärzte haben ja festgestellt, dass die
       Ballerei die Tiere regelrecht krank macht – und nicht nur die.
       
       Dieses Jahr haben über 50 kroatische Städte und Gemeinden Böller und
       Feuerwerke verboten, nur in der dalmatinischen Hafenstadt Split will man
       auf das traditionell durchaus ansehnliche Feuerwerk über dem Meer nicht
       ganz verzichten. Doch drumherum und in den Nachbargemeinden wird alles
       ruhig bleiben.
       
       Szenen wie vor Jahren in Trogir, als während der Neujahrsmesse Böller auf
       die katholische Kirche geworfen wurden, sollen sich nicht wiederholen.
       Darum hat sich die Kirche bemüht. Aber auch Umweltaktivisten und
       Tierschützer meldeten sich zu Wort. Es entstand eine für Kroatien
       ungewöhnliche Allianz. Und nicht nur dort, auch in anderen Ländern des
       Balkans.
       
       Auch in Sarajevo, der Hauptstadt Bosnien und Herzegowinas, hat jetzt die
       Vernunft gesiegt. Denn die Stadt trug für einige Tage den fragwürdigen
       Titel Stadt mit der höchsten Luftverschmutzung der Welt. Bürgermeisterin
       Benjamina Karić verfügte derart strenge Auflagen, dass es wohl kaum zu
       einem Feuerwerk kommen wird. Die Leute aus den höher gelegenen
       Reichenvierteln sind sauer. Ist sie eine Spaßbremse? Für alle jene, die
       Spaß an so was haben, sicherlich.
       
       29 Dec 2023
       
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