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       # taz.de -- Repressionen in Russland: Wider Erwarten auf freiem Fuß
       
       > Der linke russische Soziologe Boris Kagarlizki kommt mit einer Geldstrafe
       > davon. Er war der „Rechtfertigung des Terrorismus“ beschuldigt worden.
       
   IMG Bild: Boris Kagarlizki 2017 in St. Petersburg
       
       Mönchengladbach taz | Boris Kagarlizki, russischer Soziologe, Politologe,
       Theoretiker der linken Bewegung und Partner der Rosa-Luxemburg Stiftung,
       ist frei. Am Dienstag verurteilte das Militärgericht des Zweiten westlichen
       Bezirks in Komi den 65-Jährigen zu einer Geldstrafe von umgerechnet 6000
       Euro wegen „[1][Rechtfertigung von Terrorismus]“.
       
       Der seit Ende Juli in Untersuchungshaft lebende Kritiker des russischen
       Angriffskrieges gegen die Ukraine konnte den Gerichtssaal als freier Mann
       verlassen. Außerdem verbot das Gericht dem Soziologen, der schon zu
       Sowjetzeiten Dissident war, für die Dauer von zwei Jahren Webseiten zu
       administrieren. Die Staatsanwaltschaft hatte eine fünfeinhalbjährige
       Haftstrafe gefordert.
       
       Im Juli war gegen Kagarlizkij ein Strafverfahren nach § 205.2, Abs. 2 StGB
       eingeleitet worden. Bei einer Verurteilung hätten ihm bis zu sieben Jahre
       Haft erwarten könnengedroht. Die Staatsanwaltschaft hatte insbesondere der
       Titel eines Videos, „Knallige Begrüßung der Brückenkatze“ gestört, das über
       ukrainische Angriffe auf die Krim informierte. Dieses Video und sein Titel
       erschienen der Staatsanwaltschaft eine Rechtfertigung für die ukrainischen
       Angriffe auf die Krim zu sein.
       
       Geradezu ein Talisman war für die Bauarbeiter der Krim-Brücke eine Katze
       geworden, die den Arbeitern kurz nach Baubeginn zugelaufen und praktisch
       die gesamte Bauzeit auf der Brücke war. Dieser „Brückenkatze“ ist sogar ein
       Wandgemälde gewidmet, das alle Passagiere von Zügen und Schiffen, die diese
       Brücke passieren, sehen können.
       
       ## Auf der Terror-Liste
       
       Alle russischen Internetportale, die über den Prozess berichten, erwähnen
       auch, dass Kagarlizki vom Finanzüberwachungsdienst Rosfinmonitoring in die
       „[2][Liste von Terroristen und Extremisten]“ eingetragen wurde.
       Wohlwollende Worte findet man indes ausgerechnet in der der russischen
       Regierung nahestehenden pravda.ru., die den Politologen Sergej Markow
       zitiert.
       
       Kagarlizki habe nur deswegen eine Geldstrafe erhalten, weil eine Haftstrafe
       für ihn zu einer Zunahme antirussischer Stimmungen in der internationalen
       marxistischen Bewegung geführt hätte, erklärt Markow das „hypermilde
       Urteil“. Unterdessen ruft der russische Telegram-Kanal „Schwarzbuch des
       Kapitalismus“ zu einer Spendenaktion auf, mit der Kagarlizkis Geldstrafe
       finanziert werden soll.
       
       Gerne tue man dies aber nicht, wird auf dem Kanal eingeräumt. Denn diese
       Gelder würden einem „verbrecherischen Regime gezahlt, das mit diesen
       Geldern seinen Krieg weiterfinanziert.“ Schließlich sollten Marxisten den
       bourgeoisen Staat schwächen und ihn nicht sponsern.
       
       12 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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