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       # taz.de -- Entwicklungspolitik in Asien: Weiter so, aber feministisch
       
       > Das Entwicklungsministerium hat die neue Asien-Strategie vorgestellt.
       > Feministische Entwicklung, Innovationen und Klimagerechtigkeit stehen im
       > Fokus.
       
   IMG Bild: Ein Brunnen in Telamwadi im Nordosten von Mumbai: Wasser ist hier ein Luxusgut
       
       Mumbai/Berlin taz | Nach fast einem Jahrzehnt gibt es eine [1][neue
       Asienstrategie des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ)]. Sie wurde am
       Dienstag in Berlin vorgestellt. Die Schlagworte klingen vertraut: Wie auch
       in der [2][Strategie von Vorgänger Gerd Müller] (CSU) soll es um die sozial
       gerechte und nachhaltige wirtschaftliche Transformation gehen, die
       Förderung von Fachkräfteausbildung, Schaffung grüner Jobs und sozialer
       Sicherung sowie den Erhalt der Biodiversität. Neu ist die feministische
       Perspektive, die allem zugrunde liegen soll.
       
       Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) wollte mit der Wahl der
       Eröffnungsrednerin, Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, der
       feministischen Perspektive Rechnung tragen. Ressa betonte jedoch einen
       anderen Schwerpunkt, den sie in der Strategie vermisse: den Umgang mit
       künstlicher Intelligenz, das Sammeln von Daten für Profit und Überwachung
       sowie die Vormachtstellung einiger weniger mächtiger Tech-Konzerne. Dennoch
       lobte sie das Asien-Positionspapier als aufgeklärt.
       
       Schulze betonte die Bedeutung Asiens: „Jeder zweite Mensch der Welt lebt in
       Asien. Daraus folgt: Kein relevantes globales Problem kann ohne die
       Zusammenarbeit mit den asiatischen Staaten gelöst werden.“ Das gelte vor
       allem für Herausforderungen wie den Klimawandel, der die asiatischen
       Staaten besonders hart treffe. Aber auch die Folgen von Kriegen und
       Konflikten könne niemand allein bewältigen, heißt es im 35-seitigen Papier.
       
       Deutschland hat 19 Partnerländer in Asien, einer der wirtschaftlich
       stärksten Regionen der Welt. „Unser Ziel ist, einen ökologisch nachhaltigen
       Wandel gemeinsam sozial gerecht zu gestalten“, sagte Schulze. Dabei sei der
       Dialog wichtig, auch wenn Werte und Interessen nicht immer übereinstimmen.
       
       ## Entwicklungspolitik in Asien gemeinsam mit China und Indien
       
       Das BMZ hat bereits Projekte auf den Weg gebracht, die der neuen Linie
       folgen: vergünstigte Darlehen, die Kooperation „Just Energy Transition
       Partnership“ (JETP), die den Kohleausstieg in Vietnam und Indonesien
       beschleunigen soll. Sowie die [3][Dreieckskooperation zur Entwicklung
       gemeinsamer Lösungen], zum Beispiel für die Kartoffel-Saatgut-Produktion in
       Kamerun, unterstützt von Deutschland mit Wissenstransfer aus Indien. Die
       Kosten dafür trägt Deutschland sowie Indien oder China als jeweils
       beteiligte Länder in der Dreierkonstellation für nachhaltigere Entwicklung.
       
       Schulze würdigte die einstige „Werkbank“ Asien als „Innovations- und
       Technologie-Hub sowie Vorreiter der Digitalisierung“. Mit all den
       Vorteilen, dass dort große Datensätze, wie sie für künstliche Intelligenz
       benötigt werden, trainiert werden können, aber auch mit den Risiken des
       Missbrauchs, wie Ressa betonte.
       
       Für Indien steht außer Frage, dass der Privatsektor für nachhaltige
       Entwicklung einbezogen werden muss, sagte der indische Botschafter in
       Deutschland, Harish Parvathaneni. Der Botschafter von Bangladesch in
       Deutschland, Mosharraf Bhuiyan, merkte an, statt Kredite und Zuschüsse
       brauche es „Partnerschaft in der Entwicklung“. Er wies auch auf die
       unzureichend bezahlten Textilarbeiterinnen hin. Dort arbeiteten
       überwiegend Frauen, sagte er. Gegenüber der taz forderte er, dass
       Deutschland sich für [4][bessere Abnehmerpreise bei deutschen Unternehmen
       in der Textilbranche] einsetzen solle.
       
       ## Linke kritisiert fehlende Strategie zur Armutsbekämpfung
       
       Auch der afghanische Botschafter in Deutschland, Yama Yari, äußerte sich:
       „Afghanistan wurde als Sonderfall in der Strategie hervorgehoben, aber wir
       müssen mutiger sein“, sagte Yari, der nach eigener Angabe nicht die
       aktuelle Taliban-Regierung repräsentiere, aber die [5][Frauen in
       Afghanistan]. EU-Vertreterin Myriam Ferran versicherte, dass die
       Zusammenarbeit mit Frauen weiterhin Ziel sei, soweit es möglich ist. Dies
       ist nur eines von vielen Beispielen für die aktuellen Krisen, die mit mehr
       Gleichberechtigung angegangen werden müssten.
       
       Kritik bekam Schulze hingegen von der entwicklungspolitischen Sprecherin
       der Linken im Bundestag, Cornelia Möhring. Sie bezeichnete das Papier als
       „Bilderbuchbroschüre“ und forderte einen „echten Kurswechsel“ in der
       Entwicklungszusammenarbeit statt ein „Weiter-so“.
       
       Möhring verwies auf die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich: Laut der
       Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) sind 2022 rund 68 Millionen Menschen im
       asiatisch-pazifischen Raum in extreme Armut gefallen. Für nachhaltige
       globale Beziehungen müsse Deutschland sich intensiv mit der anhaltenden
       Armut in Asien und Europa auseinandersetzen.
       
       13 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bmz.de/resource/blob/195426/deutsche-entwicklungspolitik-mit-asien.pdf
   DIR [2] https://expydoc.com/doc/9061777/die-neue-asien-politik-des-bmz/
   DIR [3] https://www.bmz.de/resource/blob/104020/dreieckskooperation-in-der-deutschen-entwicklungszusammenarbeit.pdf
   DIR [4] /Unterstuetzung-fuer-Protest-in-Bangladesch/!5968356
   DIR [5] /Frauenrechte-in-Afghanistan/!5969568
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Natalie Mayroth
   DIR Leila van Rinsum
       
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