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       # taz.de -- Jahresrückblick des taz Medienressorts: Die besten Serien des Jahres
       
       > Die letzte Staffel von „Succession“ über „Capital B“ bis zu „Intimates“
       > und „The Last of Us“: Die taz stellt die zehn besten Serien des Jahres
       > vor.
       
       Der [1][Streik der Autor_innen und Schauspieler_innen in Hollywood] hat für
       das [2][Serienjahr 2023] bisher nur wenige Auswirkungen gehabt. Noch immer
       ist ein scheinbar unzählbares Sammelsurium an Mini- und langen Erzählserien
       von Horror über Coming-of-Age bis zu Dokuformaten erschienen. Einige seit
       Jahren erfolgreiche Serien sind dieses Jahr weitergegangen – oder zu Ende
       gegangen. Aber auch neue Überraschungen sind dabei. 
       
       Wir haben in der Redaktion und bei unseren Autor_innen nachgefragt, was sie
       im Jahr 2023 am liebsten gesehen haben. Nach einer (fast) demokratischen
       Wahl, ist diese Top 10 zustande gekommen. Sortiert nicht nach Platzierung,
       sondern nach Alphabet. Und ganz sicher haben wir das ein oder andere
       Schmankerl auch vergessen.
       
       ## Beef
       
       Immer wieder fantasieren Feuilletonist_innen den Tod des Streaminganbieters
       Netflix herbei. Nur noch billige Shows würden dort laufen. Und auch wenn
       ein gewisser Qualitätsabfall nicht zu leugnen ist, ist „Beef“ das beste
       Beispiel dafür, dass Netflix doch noch etwas drauf hat. In dem Zehnteiler
       von Lee Sung Jin geraten zwei Menschen auf einem Parkplatz aneinander,
       eigentlich geht es nur darum, wer Vorfahrt hatte. Doch Danny Cho (Steven
       Yeun) und Amy Lau (Ali Wong) beginnen sich fortan zu bekriegen – bis zum
       bitteren Ende. Voller schwarzem Humor, aber trotzdem menschelnd.
       
       „Beef“, 1. Staffel bei Netflix 
       
       ## [3][Capital B] 
       
       Der Ausverkauf der Hauptstadt mag lange ein diffuses Gefühl für viele
       gewesen zu sein, „Capital B“ liefert die politischen Zusammenhänge, die
       dazu führten, dass in Berlin künstlerisch genutzte Brachflächen immer mehr
       verschwinden, Mieten unbezahlbar werden und so die einst gefeierte Seele
       der Stadt nach und nach stirbt. Der Filmemacher Florian Opitz hat sich
       chronologisch von 1989 an bis in die Gegenwart gewühlt und erzählt in fünf
       Folgen – ohne Off-Kommentar – vom Niedergang dieser Stadt.
       
       „Capital B“, 1. Staffel in der Arte-Mediathek 
       
       ## [4][Echt – Unsere Jugend] 
       
       Erinnern Sie sich noch an „Echt“? Diese fünf Teenie-Jungs aus Flensburg,
       die in den 90er Jahren auf einmal überall waren: Auf den großen Bühnen, dem
       Cover der Bravo und in gefühlt jeder Sendung bei Viva. In einer
       dreiteiligen Doku erzählt der Sänger Kim Frank vom rasanten Auf- und auch
       Abstieg dieser Band. Sehenswert ist die Doku vor allem wegen der Vielzahl
       an Original-Aufnahmen, die die Band mit ihrer „Echt-Cam“ rund um die Uhr
       von sich gemacht hat. Die drei Stunden erzählen nicht nur die
       Bandgeschichte, sondern auch davon, was es heißt, in den 90er Jahren Musik
       zu machen, welche Bedeutung das (Musik-)Fernsehen hatte und wie sich die
       Wahrnehmung von psychischer Gesundheit in den letzten Jahrzehnten verändert
       hat.
       
       „Echt – Unsere Jugend“, dreiteilige Doku in der ARD-Mediathek 
       
       ## Everyone is fucking crazy
       
       Eine deutsche Serie über mentale Gesundheit? Könnte furchtbar bemüht sein.
       Zum Glück gibt es „Everyone is f*cking crazy“. Denn Regisseurin Luzie Loose
       nimmt ihre Protagonist_innen ernst – aber das mit Humor. Schröder, die ein
       Aggressionsproblem hat. Malik, der mit Drogen und Angststörungen kämpft.
       Chloë, die unter Zwangsstörungen leidet. Und Derya, die nach dem Tod der
       gemeinsamen Therapeutin den Laden übernimmt. Die 8-teilige ARD-Serie ist
       schnell, deep und hat einen Hammer Soundtrack. Wer Psychoscheiße kennt,
       findet sich darin wieder. Wer nur einen Teil der Psychoscheiße kennt,
       versteht endlich auch die anderen.
       
       „Everyone is fucking crazy“, 1. Staffel in der ARD-Mediathek 
       
       ## [5][Good Mothers] 
       
       Geschichten über die Mafia gibt es viele. Doch noch nie wurde die Tristesse
       eines zentralen Ortes der ’Ndrangheta wie dem in der Ebene von Gioia Tauro
       gelegenen Rosarno, die Geducktheit der Menschen und die Brutalität, der
       Hass auf die Frauen und der Rassismus des mafiösen Milieus so eindrücklich
       und realistisch dargestellt wie in „Good Mothers“. Dafür wurde die
       Miniserie dann auch bei der [6][diesjährigen Berlinale mit dem ersten
       Award] als beste Serie gekürt.
       
       „Good Mothers“, 1. Staffel bei Disney Plus 
       
       ## [7][Intimates] 
       
       Es gibt diese Momente im Leben, in denen man hofft, die Erde würde sich
       unter einem auftun und verschlucken. Weil der Moment, den man gerade
       erlebt, zu peinlich, zu unangenehm ist. Bei den Hamburgern Bruno Alexander,
       Oskar Belton, Emil Belton, Leo Fuchs und Max Mattis ist das anders: Sie
       suchen nach diesen Momenten, reizen sie aus, provozieren sie. Sehen kann
       man das in ihrer selbst produzierten Serie „Intimates“, die in diesem Jahr
       bei Joyn startete. Ihre Fremdscham-Momente sind zum Teil so schwer mit
       anzusehen, dass es gar körperliche Schmerzen verursachen kann, nicht
       wegzuschalten. Genau das macht den Reiz aus. Bitte, Jungs, macht 'ne
       Fortsetzung davon!
       
       „Intimates“, 1. Staffel bei Joyn 
       
       ## [8][Silo] 
       
       Mit tausenden Leuten das ganze Leben in einem Bunker eingesperrt zu sein,
       klingt wie der Altraum eines jeden normalen Menschen – und ist der Plot
       einer der packendsten Serien des Jahres: In „Silo“ beherbergt ein
       gigantischer Untergrundbau die Überlebenden einer Apokalypse. Was die genau
       war, wissen sie nicht, denn sie sind schon so viele Generationen hier
       eingesperrt, dass das Wissen um die Welt davor verloren gegangen ist. Klar
       ist nur: Wer das Silo verlässt, stirbt. Aber es lebt sich ganz gut in
       dieser hippen brutalistischen Architektur, die durchgehend in großartigem
       70s Vintage ausstaffiert ist. Doch die von Ingenieurin zum Sheriff
       gewordene Juliette (toll: Rebecca Ferguson) kommt unverhofft einer
       Verschwörung auf die Spur und so entspannt sich ein Mystery-Thriller, auf
       dessen zweite Staffel man kaum warten will.
       
       „Silo“, 1. Staffel bei Apple TV 
       
       ## [9][Succession] 
       
       Wer gerne reichen Leuten dabei zusieht, wie sie ihren Vater-Komplex in
       Gemeinheiten gegen ihre Geschwister umsetzen, wird 2023 eine Träne
       nachweinen. Die HBO-Serie Succession über den patriarchalen Medientycoon
       Logan Roy, in shakespearehafter Boshaftigkeit gespielt von Brian Cox, und
       die Intrigen seiner Kinder (Bube: Jeremy Strong, Dame: Sarah Snook, Arsch:
       Kieran Culkin) lief in letzter Staffel. Wer mehr freudianische Konflikte
       unter Superreichen braucht, kann die Vorlage der Roys, die Murdochs in
       Klatschspalten und Wirtschaftspresse verfolgen – oder King Lear aus dem
       Regal ziehen.
       
       „Succession“, 4. Staffel bei Wow 
       
       ## [10][The Bear] 
       
       Mit zweiten Staffeln ist es ja so eine Sache: Oft schaffen sie es nicht an
       den Erfolg einer ersten anzuknüpfen. Bei „The Bear“ ist das zum Glück nicht
       der Fall. Denn der Ex-Sternekoch Carmy (Jeremy Allen White) ist noch immer
       so attraktiv wie zuvor und seine smarte und begabte Kollegin Sydney (Ayo
       Edebiri) bekommt noch mehr Raum. Das rasante Erzähltempo, die Schnitte, die
       Kameraführung, die Dialoge, die Ästhetik: Es ist schwer bei dieser Serie
       aus dem Schwärmen herauszukommen. Besonderes Highlight ist die 65-minütige
       Weihnachtsfolge.
       
       „The Bear“, 2. Staffel bei Disney 
       
       ## [11][The Last of Us] 
       
       Zombies, eine queere Ausreißerin, ein Schmuggler im Kampf mit seinen
       Gefühlen und seiner Vergangenheit. „Last of us“ bietet Widerstandsgruppen,
       ein gewalttätiges System, Unterdrückung – und ganz viel mehr. Diese Serie,
       eine freie, aber trotzdem seele-erkennende Adaption des erfolgreichen
       Games, ist die vielleicht beste in ihrem Genre seit der ersten Staffel
       „Walkind Dead“ vor 13 Jahren. Das liegt nicht am Blut, nicht an der Angst,
       sondern an den zarten Zwischentönen und der einfühlsamen Erzählweise, etwa
       über einen rechten Prepper, den seine Liebe zu einem Liberalen vor dem
       moralischen Niedergang bewahrt. Das Zombie-Grummeln rauscht und poltert im
       Hintergrund und gibt wundervoll schlicht den Takt für das Große: die
       Entwicklung von Menschen.
       
       „The Last of Us“, 1. Staffel bei Wow
       
       31 Dec 2023
       
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