URI: 
       # taz.de -- Künstlerin Sandra Mujinga in Leipzig: Zwischen Alien und Ding
       
       > Sandra Mujingas kreatürliche Installationen im Museum der bildenden
       > Künste Leipzig erzählen von einem Zusammenleben über Spezies und Zeit
       > hinweg.
       
   IMG Bild: Stoff, Haut, Oberfläche, Kreatur: Sandra Mujingas „Fleeting Home“
       
       „2100“, „2077“, „2090“, „2045“ – es scheinen Jahreszahlen aus einer nicht
       mehr allzu fernen Zukunft zu sein, die Sandra Mujinga ihren Objekten im
       Museum der bildenden Künste in Leipzig als Titel gegeben hat. Vier
       ungewöhnliche Gebilde stehen auf der lichtdurchfluteten Terrasse in der 2.
       Etage. Wie Zeichnungen im Raum wirken die geometrischen
       Stahlkonstruktionen, die an Skelette von Dinosauriern oder Elefanten
       erinnern.
       
       Über dem harten Metall liegen verschlungene Netze aus Stoff in Grau, Braun
       und Lila. Offenbar von Hand fest geknüpft, scheinen sie miteinander zu
       interagieren, Informationen auszutauschen und die Stahlkörper zu
       überwuchern. Auch ein Zelt ist zu erkennen, ein kaputtes Fußballtor, ein
       ausgebranntes Auto. Dahinter ist eine Giraffe in sich zusammengesunken.
       
       Im vergangenen Jahr hat Museumsdirektor Stefan Weppelmann die Künstlerin
       Sandra Mujinga eingeladen, in Leipzig eine ortsspezifische Arbeit zu
       entwickeln, die nun erstmals ausgestellt ist. Je länger man die Terrasse
       mit ihrer enormen Deckenhöhe, dem Muschelkalk am Boden und das
       Fensterraster auf sich wirken lässt, umso deutlicher wird, dass diese
       Kreaturen nicht zufällig hier gelandet sind.
       
       Subtil spielen die Formen und gedeckten Farben auf die Museumsarchitektur
       an. Die bietet zum wiederholten Male Raum für Kunst, die sich als
       erweiterte Skulptur fassen lässt. Im letzten Jahr tobten über 100
       Schulklassen auf dieser Terrasse – [1][Performancekünstler Tino Sehgal]
       hatte sie eingeladen, sich hier Spiele auszudenken.
       
       ## Goma, Oslo, Berlin, Venedig
       
       Sandra Mujinga, geboren 1989 in Goma, Demokratische Republik Kongo, kam als
       Kind nach Norwegen, lebt und arbeitet heute in Berlin [2][und Oslo]. Sie
       studierte in Malmö und Wien und [3][nahm 2022 an der 59. Biennale in
       Venedig] teil. Ihre Themen sind Identität, queer-feministische Fragen und
       historisch-futuristische Fiktionen.
       
       Die Haut sei Ausgangspunkt für ihre Kunst, erklärte Mujinga Ende November
       in Leipzig bei einem Artist Talk, der bald in Auszügen vor Ort nachzuhören
       sein wird. Mit verschiedenen Techniken schaffe sie Oberflächen und
       versuche, andere Körper und andere Formen des Zusammenseins sichtbar zu
       machen.
       
       Auch Octavia E. Butler, eine der wenigen US-amerikanischen, schwarzen
       Schriftstellerinnen des Science-Fiction-Genres, sei eine wichtige Referenz
       für sie. Die entwarf etwa mit der Erzählung „Lilith’s Brood“ Ende der
       1980er Jahre eine dystopische Welt: Nach einem apokalyptischen Ereignis
       treffen Überlebende auf Aliens mit einem dritten Geschlecht. Mujingas
       zeitlose Kreaturen scheinen so nicht nur als Überreste aus der
       Vergangenheit, sondern auch als Boten aus der Zukunft.
       
       Als Fleeting Home, als schwebendes Zuhause bezeichnet Sandra Mujinga ihre
       Leipziger Installation. Wer gibt hier wem ein Zuhause? Die Architektur den
       Objekten? Oder sind es die Objekte, die auch Behausungen sein könnten und
       temporär Schutz bieten?
       
       ## Hybride Gestalt auf neun Metern LED
       
       2021 erhielt Sandra Mujinga für ihre in Grün getauchten Wesen von einem
       anderen Planeten den Preis der Neuen Nationalgalerie Berlin. Zuletzt zeigte
       sie in der historischen Halle des [4][Hamburger Bahnhofs Berlin eine
       hybride Gestalt auf einem neun Meter hohen LED-Screen], begleitet von einem
       düster-langsamen Sound. Im hallenden Museumsraum in Leipzig sind es nun die
       Besucher:innen, die für die vier Kreaturen kontinuierlich einen neuen
       Soundtrack erzeugen.
       
       22 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wiederentdeckung-von-Solomon-Nikritin/!5813497
   DIR [2] /Edvard-Munch-in-Oslo/!5937246
   DIR [3] /Auftakt-der-Kunstbiennale-in-Venedig/!5846732
   DIR [4] /Preis-der-Nationalgalerie-Sandra-Mujinga/!5900180
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sarah Alberti
       
       ## TAGS
       
   DIR Installation
   DIR Bildende Kunst
   DIR Science-Fiction
   DIR Ausstellung
   DIR Künstlerin
   DIR Techno
   DIR Ausstellung
   DIR Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Techno-Album von Speaker Music: Arbeitskräfte der Zukunft
       
       Der US-Produzent Speaker Music veröffentlicht das neue Album „Techxodus“.
       Das überführt sein Buch „Assembling a Black Counter Culture“ in Musik.
       
   DIR Preis der Nationalgalerie Sandra Mujinga: Invasion der Architektur
       
       Sandra Mujinga, Trägerin des Preises der Nationalgalerie, eröffnete ihre
       Installation „IBMSWR“ in Berlin. Ihre Kunst befragt die Architektur der
       Gesellschaft.
       
   DIR Angela-Davis-Ausstellung in Dresden: Ziemlich verlogene Umarmung
       
       Die Ausstellung „1 Million Rosen für Angela Davis“ im Dresdner Albertinum
       untersucht die Bedeutung der marxistischen Philosophin in der DDR.