# taz.de -- Selenskyjs Jahrespressekonferenz: Vage, aber nichts beschönigt
> Manches war befremdlich in Selenskyjs Jahrespressekonferenz. Die Lage ist
> angespannt. Die Hoffnung auf ein positives Signal aus Washington bleibt.
IMG Bild: Selenskyj am Anschlag: Während seiner Jahresend-Pressekonferenz kanzelte der Präsident einige Journalist*innen barsch ab
Wie seine ermüdenden und traumatisierten Landsleute im bereits zweiten
Kriegswinter zum Durchhalten motivieren, ohne dabei gleichzeitig die
festgefahrene Situation an der Front zu verharmlosen oder zu beschönigen?
Zumindest letzterer Versuchung erlag Wolodymyr Selenskyj am Dienstagabend
nicht.
Doch der große Wurf war sie dennoch nicht, die [1][Jahrespressekonferenz
des ukrainischen Präsidenten] vor changierendem Hintergrund, abwechselnd in
Form einer EU-Flagge und der Ukraine in ihren Grenzen von 1991. Vor allem
diejenigen, die sich einige erhellende Ausführungen zur komplexen
innenpolitischen Gemengelage erhofft hatten, dürften enttäuscht gewesen und
etwas ratlos zurückgeblieben sein.
Zu Recht. Selenskyj mäanderte, wich aus oder beantwortete die Fragen gleich
gar nicht. Seine [2][Meinungsverschiedenheiten] mit dem Oberbefehlshaber
der Armee, [3][Walerij Saluschnyj, die seit Wochen offen zutage liegen],
spielte er herunter und sprach von normalen Arbeitsbeziehungen. Dabei
vergaß er jedoch nicht, darauf hinzuweisen, bei wem für was die
Verantwortung liegt – unter anderem bei Saluschnyj. Das „Mastermind der
Armee“ erfreut sich wachsenden Zuspruchs in der Bevölkerung.
Auch beim Thema Mobilmachung, ebenfalls ein heißes Eisen, blieb Selenskyj
vage. Tatsache jedoch ist, dass die ukrainische Armee neben schlagkräftigen
Waffen auch frische Kräfte braucht, um gegen den Aggressor Russland weiter
bestehen zu können. Doch woher diese Ressourcen nehmen, wenn es gilt,
anders als Kremlchef Wladimir Putin, bei derart gewichtigen Entscheidungen
auch die Befindlichkeiten der Zivilgesellschaft zu berücksichtigen?
Befremdlich war überdies, wie barsch der Präsident bei seinem Auftritt
einige Journalist*innen abkanzelte. Auch dies ist ein untrügliches
Anzeichen dafür, dass Selenskyjs Nerven blank liegen. Aus gutem Grund:
Sollten die US-Finanzhilfen wegen interner Querelen weiter ausbleiben, wird
es für Kyjiw eng. Aber vielleicht gibt es doch noch ein positives Signal
aus Washington. Den Ukrainer*innen wäre es zu wünschen.
20 Dec 2023
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## AUTOREN
DIR Barbara Oertel
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