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       # taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Tatsächlich ernst
       
       > Sofia Coppolas Film „Priscilla“ erzählt, wie Elvis' Ehefrau sich ihr
       > Leben zurück eroberte, das Filmmuseum Potsdam zeigt „Der unsichtbare
       > Dritte“.
       
   IMG Bild: „Der unsichtbare Dritte“ (1959), Regie Alfred Hitchcock
       
       Die Fans von Elvis Presley (und davon gibt es auch 46 Jahre nach seinem Tod
       noch genügend) kennen die Geschichte seiner Beziehung zu seiner späteren
       Frau Priscilla Beaulieu natürlich zumindest in groben Zügen.
       
       Der rund zehn Jahre ältere Elvis lernte das damals 14-jährige Mädchen 1959
       während seiner Zeit als Soldat in Deutschland kennen, wo auch Priscillas
       Stiefvater stationiert war. Jahrelang lebte Priscilla anschließend mit
       Billigung ihrer Eltern auf Elvis' Anwesen Graceland, ehe der Musiker sie
       nach ihrer Volljährigkeit 1967 heiratete.
       
       Es steht zu vermuten, dass für Elvis eine formbare Jugendliche die „ideale“
       Frau war: eine Art Anziehpuppe, die vorerst keine eigenen Bedürfnisse
       entwickelte, während sie zugleich immer für ihn da war – wann und wenn er
       das wollte.
       
       Glaubt man der Autobiografie von Priscilla Presley, auf der Sofia Coppolas
       neuer Film „Priscilla“ beruht, war das gar nicht mal so häufig: Elvis war
       dauernd zu Dreharbeiten weg, umgab sich gern mit einer Gruppe von
       (männlichen) Freunden und hörte ansonsten brav auf seinen dubiosen Manager
       Colonel Parker.
       
       Was Sofia Coppola an dieser Geschichte gereizt hat, ist klar: Immer wieder
       hat sie in Filmen wie „The Virgin Suicides“ oder „Marie Antoinette“ die
       Schicksale fremdbestimmter Frauen beleuchtet, die sich nur langsam ihr
       Leben zurückerobern und zu eigenständigen Persönlichkeiten heranreifen.
       
       Das gelingt schließlich auch Priscilla Beaulieu (die Ehe mit Elvis wurde
       1973 geschieden); Coppola erzählt es wie immer in ihrem gänzlich
       undramatischen Stil, bei dem der Horror meist in der monotonen Langeweile
       eines Lebens im goldenen Käfig steckt. Ehe „Priscilla“ demnächst regulär in
       den Kinos anläuft, ist der Film in Previews zum Jahreswechsel zu sehen (31.
       12., 21.30 Uhr, [1][Sputnik], 1. 1., 20 Uhr, [2][Hackesche Höfe Kino]).
       
       Stummfilme mit Live-Orchesterbegleitung erfreuen sich gemeinhin so großer
       Beliebtheit, so dass man derartige Veranstaltungen mit dem Babylon
       Orchester Berlin im großzügig dimensionierten Kino Babylon Mitte zu einer
       beständigen Einrichtung gemacht hat – auch zwischen den Jahren gibt es
       wieder eine Reihe von Vorstellungen.
       
       Allerdings umfasst die Auswahl lediglich einige kanonisierte Meisterwerke
       wie etwa „Das Cabinet des Dr. Caligari“, den berühmten expressionistischen
       Film mit den stilisierten Bauten und Dekorationen der Maler und Architekten
       Walter Reimann, Hermann Warm und Walter Röhrig. Gemalte Schatten, verzerrte
       Perspektiven und seltsame Symbole bilden hier eine kongeniale ästhetische
       Entsprechung zu den wahnhaften Fantasien der Filmcharaktere.
       
       Weitere Orchester-Veranstaltungen gibt es in der letzten Woche des Jahres
       mit Fritz Langs „Metropolis“, Walter Ruttmanns „Berlin – Die Sinfonie der
       Großstadt“, F.W. Murnaus „Nosferatu“ und Chaplins „Gold Rush“ (28.12.,
       19.30 Uhr, [3][Babylon Mitte]).
       
       „Das kann doch nicht ihr Ernst sein, meine Herren! Sie wollen wirklich
       meinen Sohn ermorden?“ Fragt die Mutter des Werbefachmanns Roger Thornhill
       die dubiosen Männer, die mit den beiden im Fahrstuhl stehen und verhindert
       auf diese Weise fürs Erste eine Gewalttat.
       
       Doch die Herren meinen es tatsächlich Ernst, und der fälschlich für einen
       Agenten gehaltene Roger (Cary Grant) muss sich – stets verfolgt von Polizei
       und Spionen – auf die Suche nach den Hintermännern machen. „Der unsichtbare
       Dritte“ ist einer der besten und vergnüglichsten Hollywoodfilme von Alfred
       Hitchcock: spannend, komisch und extrem temporeich (30.12., 19 Uhr,
       [4][Filmmuseum Potsdam]).
       
       28 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sputnik-kino.com/program/movie/2959
   DIR [2] https://www.hoefekino.de/filme/priscilla-34472/
   DIR [3] https://babylonberlin.eu/orchester/5507-das-cabinet-des-dr-caligari-live-mit-orchester
   DIR [4] https://www.filmmuseum-potsdam.de/index.php?id=a6ecd99e37e716556590001c32540fd1&year=2023&month=12
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Penning
       
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