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       # taz.de -- Luftangriffe auf die Ukraine: Noch eins drauf
       
       > Russlands überzieht die Ukraine mit den schwersten Angriffen seit
       > Kriegsbeginn. Bisher gibt es 19 Tote. Auch Entbindungskliniken sind
       > offenbar Ziele.
       
   IMG Bild: Kyjiw, 29.12.2023: Menschen suchen in einer U-Bahnstation Schutz vor den russischen Raketenangriffen
       
       Luzk taz | Zerstören um jeden Preis und egal was: Gleich mehrere
       ukrainische Städte und Regionen sind in der Nacht zu Freitag Ziel
       russischer Angriffe geworden. Allein am Freitagmorgen wurden mehr russische
       Raketen auf die Ukraine abgeschossen als in den vergangenen beiden Monaten.
       Es ist ein Déjà-vu: Auch 2022 hatte Moskau das Nachbarland kurz vor dem
       Jahreswechsel massiv unter Beschuss genommen.
       
       Nach Angaben des Militärs handelte es sich um den größten Luftangriff auf
       die Ukraine seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022. Die Zahl der Toten wird
       bislang mit 19 beziffert, hunderte Menschen wurden verletzt. Eine weitaus
       höhere Anzahl an Opfern konnte vermieden werden, weil die Menschen sich
       rechtzeitig in Schutzräume begeben hatten.
       
       In der Nacht zu Freitag feuerten die Russen 158 Raketen und Drohnen ab.
       [1][Die ukrainische Raketenabwehr] will 114 davon zerstört haben. Es war
       eine konzertierte Aktion. Zunächst feuerten die Russen 36
       Shahed-136/131-Drohnen von Russland und der besetzten Krim aus ab. Um drei
       Uhr morgens ließ Moskau strategische Flugzeuge aufsteigen – 18
       Tu-95MS-Bomber, die 90 Marschflugkörper vom Typ Kh-101, Kh-555 und Kh-55
       abschossen.
       
       Anschließend feuerten Tu-22M3-Bomber aus der Region Kursk in Russland acht
       Marschflugkörper vom Typ Kh-22 und Kh-32 in Richtung Norden und Zentrum der
       Ukraine ab. Gleichzeitig griffen die Besatzer Charkiw mit Flugabwehrraketen
       vom Typ S-300 und Iskander an. Aber das war noch nicht alles: Am
       Freitagmorgen feuerten fünf MiG-31-Jäger aeroballistische Kinzhal-Raketen
       aus der Region Astrachan ab, Kampfflugzeuge vom Typ Suchoi Su-35 setzten
       Antiradarraketen ein.
       
       ## Zivile Infrastruktur unter Beschuss
       
       Obwohl die ukrainische Luftverteidigung 27 Drohnen und 87 Marschflugkörper
       unschädlich machen konnte, wurden Objekte der zivilen Infrastruktur
       getroffen. Auch einige Gebäude wurden durch Trümmer abgeschossener Raketen
       und Drohnen beschädigt. In Dnipro explodierte eine Rakete in der Nähe einer
       Entbindungsklinik, die Frauen konnten jedoch rechtzeitig in Notunterkünfte
       gebracht werden.
       
       Eine weitere Rakete zerstörte ein Einkaufszentrum. In der westukrainischen
       Stadt Lwiw wurden drei Schulen und ein Kindergarten beschädigt. In der
       Hauptstadt Kyjiw waren eine U-Bahn-Station und ein Gewerbelager betroffen.
       In Saporischschja wurden bei mehr als zwanzig Hochhäusern, zwei
       Bildungseinrichtungen, mehreren Fabriken und Infrastruktureinrichtungen
       Fenster und Dächer zerstört.
       
       Der Militärbeobachter Nikolai Beleskow schrieb auf Facebook, dass es sich
       bei den jüngsten Raketenangriffen nicht um Terrorismus vonseiten Moskaus,
       sondern um einen allumfassenden Krieg handele. „Im Rahmen eines
       allumfassenden Krieges geht es nicht nur um Kampfhandlungen an der Front.
       Auch gilt es, die Bereitschaft der Bevölkerung zum weiteren Widerstand
       durch Angriffe auf zivile, kritische Infrastruktur und die Wirtschaft zu
       untergraben“, so Beleskow.
       
       Nach diesem „Neujahrsgeschenk“ schrieben viele Ukrainer, dass alle in den
       sozialen Netzwerken doch zumindest für einen Tag aufhören sollten, nach dem
       inneren Feind in der Ukraine zu suchen, um sich stattdessen dem wahren
       Feind zuzuwenden, nämlich Russland.
       
       In dieselbe Richtung geht auch ein Facebook-Post des Bürgermeisters der
       Stadt Dnipro, Boris Filatow. „Ihr könnt [2][Wolodymyr Selenskyj] lieben
       oder nicht. Von mir aus kann er Euch auch gleichgültig sein. Ihr könnt
       Weihnachten am 25. Dezember oder 7. Januar feiern. Oder Ihr feiert gar
       nicht, betrinkt Euch an Silvester und geht dann ins Bett. Macht, was Ihr
       wollt“, heißt es da. Und weiter: „Hört einfach auf, Euch gegenseitig zu
       fressen. Sonst sind wir am Ende alle am Arsch, weil die Russen Raketen auf
       Entbindungskliniken abschießen. Liebt einander. Wir haben jemanden, den wir
       hassen können.“
       
       Aus dem Russischen Barbara Oertel
       
       29 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Juri Konkewitsch
       
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