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       # taz.de -- Lokführerstreik ab Mittwoch: Gericht erlaubt Streik
       
       > Die Lokführergewerkschaft GDL ruft von Mittwoch bis Freitag zum
       > Bahnstreik auf. Der Bahn gelang es nicht, den Streik juristisch
       > aufzuhalten.
       
   IMG Bild: Insgesamt 64 Stunden will die Lokführergewerkschaft GDL streiken: ab Mittwoch, 2 Uhr bis Freitag, 18 Uhr
       
       Bahn taz | Dass das Streikrecht gut geschützt ist, zeigt erneut die
       Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main. Vor ihm scheiterte die
       Deutsche Bahn, den Streikaufruf der Lokführergewerkschaft GDL juristisch zu
       stoppen. Das Gericht lehnte die einstweilige Verfügung, die der Konzern am
       Montagmorgen im Eilverfahren eingereicht hatte, noch am Montagabend ab.
       „Die GDL ist nicht offenkundig tarifunfähig“, sagte der Richter zur
       Begründung.
       
       Prompt kündigte die Bahn an, sie wolle in Berufung gehen und vor dem
       Hessischen Landesarbeitsgericht das Urteil prüfen lassen. Eine Entscheidung
       der zweiten Instanz ist voraussichtlich für Dienstag zu erwarten.
       
       Von Mittwoch 2 Uhr bis Freitag 18 Uhr will die Lokführergewerkschaft GDL im
       Personenverkehr streiken: insgesamt 64 Stunden. Im Güterverkehr sollen
       bereits ab Dienstag 18 Uhr die Züge ruhen. Der Streik geht auch gegen die
       Eisenbahnunternehmen Transdev und City Bahn Chemnitz.
       
       Die Chancen der GDL, einen starken Streik mobilisieren zu können, stehen
       gut. Erst im Dezember sprachen sich laut GDL-Chef Claus Weselsky 97 Prozent
       der GDL-Mitglieder aus, intensiver, womöglich auch unbegrenzt zu streiken.
       
       ## GDL fordert kürzere Arbeitszeiten
       
       Im Zentrum steht die Forderung der GDL nach einer kürzeren Arbeitszeit.
       Diese soll von 38 auf 35 Stunden die Woche gesenkt werden, bei vollem
       Lohnausgleich. Die Lokführer klagen schon lange über schlechte
       Arbeitsbedingungen, die den Beruf auch für den Nachwuchs unattraktiv
       machten.
       
       Während des [1][Weihnachtsfriedens] habe die Deutsche Bahn versäumt, ein
       verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen, sagte Weselsky. Das Angebot, das
       die Deutsche Bahn vergangenen Freitag machte, geht zwar erstmals auf
       Arbeitszeitverkürzung ein, doch die GDL lehnt es strikt ab. Es sei
       „substanzlos und vergiftet“.
       
       Der Konzern wolle über ein Wahlmodell für Schichtarbeiter verhandeln. Im
       [2][Interview mit der Süddeutschen Zeitung] stellt Bahn-Personalvorstand
       Martin Seiler vor: „Die können dann statt 38 nur noch 35 Stunden arbeiten –
       oder auch 40 Stunden. Jeder wählt aus, wie in einer Cafeteria.“ Doch das
       ginge nur mit Abstrichen bei einer tariflich vereinbarten Lohnerhöhung.
       Eine 35-Stunden-Woche für alle käme für die Bahn allerdings nicht infrage,
       da dies ihre Personallage nicht hergeben würde.
       
       Mit Blick auf die Entgelte bleibt die Bahn bei ihrem bisherigen Angebot von
       11 Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von 32 Monaten. Die Gewerkschaft
       verlangt 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie in
       Höhe von 3.000 Euro.
       
       ## Fronten bleiben verhärtet
       
       Über das Angebot der Deutschen Bahn sagte Weselsky, dieses empfänden die
       „Mitarbeiter als Schlag ins Gesicht“ und es sei eine „Mogelpackung“, die
       bestehende Regelungen als neuartige Verbesserungen verpacke. Auch in dieser
       Tarifrunde verfolge der DB-Vorstand die Taktik „tarnen, tricksen, Taschen
       füllen“.
       
       Bahn-Personalvorstand Seiler kann umgekehrt kein Verständnis für den Streik
       aufbringen. Die Bahn argumentiert, es fehle eine rechtliche Grundlage.
       Dabei bezieht er sich auch auf einen zweiten Rechtsstreit. „Die
       Lokführergewerkschaft hat ihre Tariffähigkeit durch die Gründung ihrer
       Leiharbeiter-Genossenschaft verloren“, begründet Seiler das Vorgehen der
       Bahn.
       
       Bereits vergangene Woche hat die Deutsche Bahn eine Feststellungsklage
       erhoben, eine „Nebelkerze“ in Augen der GDL. In der Klage geht es um die
       Leiharbeitsgenossenschaft Fair Train, die die GDL voriges Jahr gegründet
       hatte, bei der Lokführer zu besseren Arbeitsbedingungen angestellt werden
       und von dieser an Bahnunternehmen verliehen werden sollen.
       
       Die Deutsche Bahn sieht darin einen Interessenkonflikt. Rechtsprofessorin
       Lena Rudkowski zweifelt daran, dass die Feststellungsprüfung den aktuellen
       Streik beeinflussen würde. „Bis über die Klage der Bahn entschieden ist,
       kann es noch einige Zeit dauern“, [3][sagt sie der taz im Interview].
       
       Bis jetzt bleibt mit einem Streik zu rechnen und Fahrgäste müssen sich auf
       weitreichende Einschränkungen einstellen. Wenn auch die letzte Instanz noch
       nicht ausgeschöpft ist, kündigte die Bahn einen [4][Notfallplan] mit stark
       eingeschränktem Angebot, doch dafür längeren Zügen an. „Dennoch kann eine
       Mitfahrt nicht garantiert werden“, teilte das Unternehmen mit. Wie auch in
       vergangenen Streiks gilt, dass die Zugbindung für Tickets in diesem
       Zeitraum ausgesetzt wird und die Fahrten auch zu einem späteren Zeitpunkt
       noch angetreten werden können.
       
       9 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /GdL-beschliesst-Bahnstreik/!5980915
   DIR [2] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bahn-bahn-unterbreitet-lokfuehrergewerkschaft-neues-angebot-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-240105-99-501662
   DIR [3] /Juristin-ueber-Bahnstreik/!5982118
   DIR [4] /Lokfuehrerstreik-ab-Mittwoch/!5983911
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Adefunmi Olanigan
       
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