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       # taz.de -- Rechte Symbolik bei Bauernprotesten: Eiserne Kreuze und Grüne am Galgen
       
       > Reichsadler bei den Bauernprotesten – das auf die Unterwanderung durch
       > Rechtsextreme zu schieben, wäre zu einfach. Rechte Bauern gab es schon
       > immer.
       
   IMG Bild: Rechter Spruch auf einem Traktoren-Fenster bei den Bauernprotesten in Berlin
       
       Die Symbolik der [1][Bauernproteste] ist alles andere als zurückhaltend:
       Ein Galgen auf der Bühne. Eine rote Strohpuppe ist neben einer gelben und
       einer grünen vorne an einem Traktor aufgehängt. Motive und Codes sagen
       manchmal mehr als Worte: In diesem Protest herrschen radikale Ressentiments
       gegen die Bundesregierung, Tötungs- und Umsturzfantasien inklusive.
       
       [2][Der Hass der Landwirt:innen] richtet sich aber vor allem gegen den
       grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seine Partei. Ganz so,
       als ob die Grünen über Jahrzehnte das [3][Hofsterben] durch
       Bundesregierungsbeteiligung gezielt angestrebt und nun alleine die
       Subventionskürzungen durchgesetzt hätten. Alle jene politischen Kräfte, die
       die Grünen stetig als „Verbotspartei“, „ideologisch getrieben“ oder
       „moralisch gängelnd“ markierten, forcieren dieses Feindbild.
       
       Ein Plakat der sächsischen CDU-Landtagsfraktion, auf dem ein Bauer mit
       einer Mistgabel in der Hand vor einem Traktor steht, ergänzt durch die
       Worte „Finger weg vom Agrardiesel“, befeuert diese Entgrenzung. Auch wenn
       das Plakat, das sich gegen die Ampelregierung richtet, von der CDU stammt:
       In der Diskussion über die Proteste wird schnell von einer Unterwanderung
       von rechts gesprochen. Doch die aktuellen Proteste zeigen ja gerade, dass
       sich nicht erst Rechte verschiedenster Couleur einreihen müssen, um
       Verachtung von Parlament und Politik anzutreiben.
       
       ## Keine klare Grenze
       
       Es soll zwar eine Grenze zwischen Landwirten und Rechtsextremen gezogen
       werden. Doch die traditionelle Landwirtschaft war nie frei von rechten
       Einstellungen. Und auch die ökologische Landwirtschaft ist nicht losgelöst
       von solchen Vorstellungen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands
       (DBV), Joachim Rukwied, wurde trotzdem nicht müde zu wiederholen, dass die
       Teilnahme rechter Gruppierungen an den Bauernprotesten unerwünscht sei. Dem
       Diskurs über Rechte in den eigenen Reihen nimmt er damit den Wind aus den
       Segeln. „Rechte und andere radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten
       wollen wir auf unseren Demos nicht haben“, sagte Rukwied.
       
       Das sind klare Worte, aber Taten folgten darauf nicht. Rechtsextreme waren
       bei den Demonstrationen dabei, zeigten rechtsextreme Symbole und
       skandierten rechtsextreme Parolen. Die Organisator:innen schritten
       auch dann nicht ein, wenn ein Plakat mit der Botschaft „Klag nicht, kämpf“
       ergänzt durch ein Eisernes Kreuz und zwei Schwerter an einem Traktor hing.
       Oder: „Die Wahrheit siegt“ zusammen mit einem Reichsadler, der in einem
       Ährenkranz ein Eisernes Kreuz hält.
       
       Nur in Niedersachsen schienen sich die Verantwortlichen etwas mehr zu
       bemühen. Aus Erfahrung. Schon bei Bauernprotesten 2020 wurde ein historisch
       belastetes Symbol verwendet: Eine schwarze Fahne mit einem Pflug und einem
       Schwert. Das erste Motiv steht für die Landwirtschaft, das zweite für den
       Kampf. Bereits Ende der 1920er-Jahre nutzte in Schleswig-Holstein die
       Landvolkbewegung diese Fahne mit einem silbernen Pflug und einem roten
       Schwert. Sie organisierte damals einen Steuerboykott und verübte
       Sprengstoffanschläge auf Landrats- und Finanzämter sowie auf Privathäuser
       von Regierungsbeamten. Mit der NSDAP hatten sie nicht nur den Hass auf die
       Weimarer Republik gemein.
       
       In den Motiven und Parolen der gegenwärtigen Proteste wird nun – bewusst
       oder unbewusst – ein romantisches Landwirtschaftsbild gezeichnet. Und klar,
       viele Landwirt:innen stehen früh im Stall oder auf dem Feld.
       Ausgeblendet wird dabei aber, dass auch Erntehelfer:innen und
       Arbeiter:innen aus der Europäischen Union die Lebensmittelproduktion
       stemmen. Schlecht bezahlt und unter miesen Arbeits- und Lebensbedingungen.
       
       9 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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