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       # taz.de -- Entlassungen bei „Frankfurter Rundschau“: Ein Kompromiss
       
       > Die „Frankfurter Rundschau“ hatte nach einem Streik drei JournalistInnen
       > entlassen, zwei klagten. Nun gab es eine außergerichtliche Einigung.
       
   IMG Bild: Hessischer Streik- und Aktionstag im Handel und Solidarität mit Gekündigten bei der Frankfurter Rundschau am 22. Dezember
       
       Frankfurt taz | Die mit Spannung erwartete Verhandlung über die
       Kündigungsschutzklage der Journalistin Yağmur Ekim Çay gegen die
       [1][Frankfurter Rundschau] ist abgesagt. Die Entscheidung sei ihr sehr
       schwer gefallen, doch angesichts ihrer angeschlagenen Gesundheit habe sie
       einer Vereinbarung zugestimmt, die ihr etwas Luft verschaffe, erklärte die
       geschasste Redakteurin der taz zum außergerichtlichen Vergleich.
       
       Die 29-Jährige laboriert an den Verletzungen, die sie sich am 28. Dezember
       bei einem Unfall zugezogen hatte. Sie war von einer U-Bahn seitlich erfasst
       und dadurch erheblich verletzt worden. Die FR zahlt ihr nun immerhin das
       Gehalt bis zum 31. März, für die Jobsuche ist sie freigestellt.
       
       Die Gewerkschaft Verdi, die ihre Klage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt
       unterstützt hatte, bleibt auch nach dem Vergleich bei ihrer Lesart der
       Kündigungen von Çay und zwei weiteren jungen KollegInnen. Die
       FR-Verlagsleitung habe mit den Kündigungen der NachwuchsjournalistInnen die
       Belegschaft für den Streik am 1. Dezember letzten Jahres abgestraft.
       „[2][Mit Methoden des Union Bustings], der Bekämpfung und Unterdrückung von
       Gewerkschaften, soll gewerkschaftliches Handeln im Keim erstickt werden“,
       heißt es in der Erklärung von Verdi.
       
       ## Bauer, der vom Schachbrett geschoben wird
       
       Die nun abgesetzte Gerichtsverhandlung hätte deshalb interessant werden
       können. Verlag und Gewerkschaft bewerten die Kündigungen nach wie vor
       höchst unterschiedlich. Wenige Tage nachdem die halbe Redaktion für einen
       Tarifvertrag sowie gleiche Löhne und Arbeitsbedingungen gestreikt hatte,
       eröffnete Geschäftsführer Dr. Max Rempel den drei betroffenen KollegInnen,
       dass sie ihren Job verlieren.
       
       „Die angekündigten Kündigungen stehen nicht im Zusammenhang mit dem Streik,
       sondern hängen mit der Einstellung der redaktionellen Betreuung unrentabler
       Produkte zusammen“, versicherte Rempel damals der taz. Doch die von der
       Kündigung Betroffenen und Verdi halten diese Begründung für vorgeschoben.
       
       Es sei schon „sehr auffällig“, wenn wenige Tage nach dem Streik drei
       NachwuchsjournalistInnen gekündigt würde, formulierte Maxi Arnhold, einer
       der drei, damals auf seinem Instagram-Kanal; obwohl sie selbst am Streik
       gar nicht teilgenommen hätten, seien sie wohl deshalb ausgewählt worden,
       weil das in der Probezeit leicht möglich gewesen sei, vermutete Arnhold und
       merkte bitter an: „Man fühlt sich wie ein Bauer, der vom Schachbrett
       geschoben wird, als Verfügungsmasse.“ Arnhold ist nach einer
       außergerichtlichen Vereinbarung bei der FR bereits ausgeschieden und
       arbeitet als freier Journalist.
       
       ## Keine Tarifverträge
       
       Die Frankfurter Rundschau gehört mehrheitlich zum Imperium um den
       Patriarchen [3][Dirk Ippen] (83) und damit zur fünftgrößten Zeitungsgruppe
       in Deutschland. Unter Ippens Regie werden in Hessen zahlreiche Titel
       verlegt, neben der FR unter anderem die Hessisch Niedersächsische
       Allgemeine, die Frankfurter Neue Presse und die Offenbach Post. Seit Jahren
       wehrt sich Ippen gegen Forderungen von Gewerkschaften und
       Journalisteinnenverbänden, nach Tarifverträgen zu bezahlen.
       
       Die Auseinandersetzung bei der Frankfurter Rundschau stellt Verdi in diesen
       Zusammenhang. „Die Belegschaft muss befürchten, dass die Forderung nach
       besserer Bezahlung dazu führt, dass die Ippen Gruppe und Geschäftsführer
       Rempel weitere Personalabbaumaßnahmen ankündigen“, erklärte für Verdi die
       Projektmanagerin Anja Willmann gegenüber der taz und fügte hinzu: „Unter
       diesen Bedingungen wird den Beschäftigten die Wahrnehmung ihres Grundrechts
       auf Streik erheblich erschwert. Die Presse hat eine besondere Verantwortung
       für den Erhalt der Demokratie. Insofern ist es besonders skandalös, wenn
       ausgerechnet deren Repräsentanten Grundrechte mit Füßen treten“, so
       Willmann.
       
       Geschäftsführer Rempel erreichte die taz am Donnerstag auf seinem Rückflug
       aus dem Urlaub. Er bitte um Verständnnis, dass er deshalb zur Erklärung von
       Verdi so kurzfristig nicht Stellung beziehen könne, schrieb Rempel der taz
       und teilte mit: „Ich bin gleichzeitig froh, dass wir eine gütliche Einigung
       mit Frau Cay erzielen konnten.“
       
       11 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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