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       # taz.de -- Abzocke bei der Untervermietung: Zimmer ja, atmen nein
       
       > Der Wohnungsmarkt ist eine Katastrophe. Immer mehr Leute geben die
       > überteuerten Preise an ihre Untermieter weiter und verlangen auch sonst
       > Unmenschliches.
       
   IMG Bild: Insbesondere junge Menschen suchen oft monate-, manchmal jahrelang vergeblich nach einer Wohnung oder einem WG-Zimmer
       
       Wohnungsangebote zur Untermiete sehen heute so aus: 38 qm für 1.100 Euro.
       90 qm für 2.300 Euro monatlich. 77 qm für 1.800 Euro. Mal sind sie auf vier
       Wochen befristet, mal auf wenige Monate. Wer jetzt argumentiert, das sei in
       Metropolen wie Berlin, Hamburg, München, Leipzig mittlerweile normal, dem
       seien noch „Angebote“ wie diese ans Herz gelegt: WG-Zimmer, 15 qm, 500
       Euro. Aber nur für eine Person, die „pendelt und das Zimmer nur an ein paar
       Tagen pro Woche nutzt“.
       
       Oder so was hier: 20 qm, Hinterhaus, schlicht eingerichtet, 640 Euro
       monatlich plus 3 Monatsmieten Kaution. Man sollte älter als 35 sein und
       nicht im Homeoffice arbeiten.
       
       Es ist noch nicht so lange her, da wurden solche Offerten als unverschämt
       gebrandmarkt, [1][vor zehn Jahren kostete ein WG-Zimmer in Berlin die
       Hälfte]. Der Wohnungsmarkt ist völlig aus den Fugen geraten. Das ist
       allgemein bekannt, die Gründe sind es ebenso: Es mangelt an Wohnraum,
       gebaut wird viel zu wenig und zu teuer. Insbesondere junge Menschen suchen
       monate-, manchmal jahrelang vergeblich nach einer Wohnung oder einem
       WG-Zimmer.
       
       Und jene Älteren, denen die Wohnung – nach Auszug der Kinder, nach einem
       Todesfall oder aus was für Gründen auch immer – zu groß geworden ist,
       können ihre Wohnung, in der sie schon lange und daher preisgünstiger leben,
       nicht gegen eine kleinere tauschen, weil diese inzwischen teurer ist als
       die große. Daher ist es lobenswert, dass sie untervermieten und damit
       Menschen in Not helfen. Und klar will jemand, der einen Teil seiner Wohnung
       zur Verfügung stellt, dafür Geld bekommen.
       
       ## Nach außen gibt man den Gutmenschen
       
       Ich weiß, wovon ich rede, ich habe jahrelang ein Zimmer untervermietet, an
       Bekannte, an Fremde, [2][an Geflüchtete]. Aber die akute Wohnungsnot
       auszunutzen, indem man eine überaus teure Miete verlangt, ist unethisch.
       Manche zocken ihre Untermieter:innen regelrecht ab, weil sie sich fast
       die gesamte Miete bezahlen lassen. Das ist nicht nur menschlich mies,
       sondern zudem komplett verlogen: Nach außen gibt man den Gutmenschen, im
       Grunde aber macht man Reibach – auf dem Rücken unsichtbarer Wohnungsloser.
       
       Gleichzeitig gibt es Menschen, die gezwungen sind, durch Untervermietung
       ihr knappes Budget aufzubessern. Weil sie auf dem entgrenzten Wohnungsmarkt
       selbst nur eine viel zu teure Wohnung ergattern konnten. Aber auch sie
       sollten sich menschlich verhalten und nicht wie gierige Eigentümer:innen.
       Oder wie soll man es nennen, wenn von einer Studentin, die neu in der Stadt
       ist, verlangt wird, am Wochenende das Zimmer zu räumen, weil man seine Ruhe
       haben will?
       
       ## Welche Kompromisse würdet Ihr eingehen?
       
       Das Bedürfnis nach Ruhe in den eigenen vier Wänden ist absolut
       verständlich, das sollten Mieter:innen akzeptieren. Aber: Wer sich als
       Teilzeitvermieter:in auf Mietgäste einlässt, muss Kompromisse
       eingehen. Auch davon kann ich ein Lied singen, manchmal musste ich mehrfach
       deutlich sagen, was nicht geht.
       
       Manche Neuvermieter:innen übertreiben es allerdings mit den
       Benimmregeln: Da wird nicht nur Veganismus gefordert, sondern dass man
       zusätzlich zur Miete für Essen bezahlen soll, das man gemeinsam einzunehmen
       hat. In anderen Wohnungen darf kein Besuch empfangen und nicht gekocht
       werden, weil die Bude sonst nach Essen riecht.
       
       Seit dem Krieg im Nahen Osten sollte ein junger Mann schriftlich
       versichern, dass er sich für das Existenzrecht Israels ausspricht. Was
       kommt noch? Dürfen Untermieter:innen nicht mal mehr atmen? Liebe
       Neuvermieter:innen, vielleicht fragt ihr euch mal, welche Kompromisse ihr
       selbst eingehen würdet?
       
       15 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/03/berlin-brandenburg-potsdam-mieten-zimmer-wg-gesucht-mmi-studie.html
   DIR [2] /Deutsche-Behoerdensprache-fuer-Fluechtlinge/!5525903
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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