URI: 
       # taz.de -- Künstliche Intelligenz: Regulierung mit mehr Überwachung
       
       > Der frische Kompromiss zu künstlicher Intelligenz wird gerade schon
       > wieder aufgeweicht. Bürgerrechtsorganisationen sind verärgert.
       
   IMG Bild: Immer mehr Aufzeichnungen von Überwachungskameras können mit KI ausgewertet werden. Das schafft viele neue Probleme
       
       Berlin taz | Einen Monat [1][nachdem sich die EU-Gremien auf eine
       Regulierung zu künstlicher Intelligenz (KI), den AI Act, geeinigt haben],
       gibt es neuen Streit über die Details. Konkret geht es um die Frage der
       biometrischen Massenüberwachung. So hat das Portal netzpolitik.org nun die
       bereits im Dezember von der spanischen Ratspräsidentschaft formulierte
       Version des umstrittenen Artikels [2][veröffentlicht], die die mündlich
       geschlossene Einigung ausformuliert. Deutlich aufgeweicht darin: die
       Grenzen für die biometrische Massenüberwachung von Menschen.
       
       EU-Kommission, Parlament und Rat hatten sich im Dezember, nach einem rund
       37-stündigen Verhandlungsmarathon auf Regeln für KI geeinigt. Der
       Kompromiss gilt als Meilenstein, ist es doch die erste verbindliche
       Regelung in diesem Umfang. Die Inhalte werden als Blaupause gehandelt, an
       der sich auch andere Länder, etwa die USA, orientieren könnten.
       
       Bereits [3][im Vorfeld der letzten Verhandlungsrunde war die biometrische
       Massenüberwachung ein Streitpunkt zwischen den Verhandler:innen]. Das
       eher bürgerrechtsfreundliche EU-Parlament stand dabei den Sicherheits- und
       Überwachungsinteressen der EU-Mitgliedstaaten gegenüber. Am Ende einigte
       man sich auf einen Kompromiss – der jedoch nun Makulatur zu sein scheint.
       Aufgeweicht sind demnach unter anderem die Regeln für eine nachträgliche
       biometrische Fernüberwachung. Das betrifft beispielsweise Situationen, in
       denen Behörden nachträglich die von Überwachungskameras aufgezeichneten
       Daten mit biometrischer Gesichtserkennungssoftware durchsuchen.
       
       Das EU-Parlament hätte sie am liebsten ganz verboten. In den Verhandlungen
       mit Kommission und Rat einigte man sich auf einen Kompromiss. Doch in der
       Verschriftlichung scheinen die Einschränkungen – etwa die Beschränkung
       dieser Überwachungsform auf bestimmte schwere Straftatbestände, die in
       einer Liste konkretisiert waren – nun vom Tisch zu sein.
       
       ## Richterliche Anordnung wäre nicht mehr nötig
       
       Gegenüber netzpolitik.org sagte Ella Jakubowskas von der europäischen
       Bürgerrechtsorganisation EDRi, dass damit beispielsweise eine Überwachung
       von Frauen, die in EU-Staaten mit restriktiver Gesetzgebung eine Abtreibung
       vornehmen lassen, gerechtfertigt werden könnte.
       
       In Deutschland würde damit die umstrittene Überwachung im Kontext mit dem
       G20-Gipfel in Hamburg im Jahr 2017 legal. Damals hatten die
       Ermittlungsbehörden noch lange nach den Protesten das Bildmaterial mit
       einer biometrischen Gesichtserkennungssoftware durchsucht. Auch ist nicht
       mehr vorgeschrieben, dass die Überwachung nur erlaubt ist, wenn ein:e
       Richter:in sie angeordnet hat. Nun soll es reichen, wenn eine Justiz-
       oder Verwaltungsbehörde die Überwachung absegnet.
       
       Noch ist die schriftliche Fassung des AI Act nicht komplett, so fehlen etwa
       die Erwägungsgründe. Dennoch ist davon auszugehen, dass die nun
       festgehaltenen Befugnisse nicht wieder strenger gefasst werden. In den
       kommenden Wochen soll die finale Abstimmung über das Regelwerk anstehen.
       
       14 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Nach-Marathonsitzung/!5975892
   DIR [2] https://netzpolitik.org/2024/ki-verordnung-biometrische-massenueberwachung-ohne-wenn-und-aber/#biometrische-ueberwachung
   DIR [3] /Debatte-im-EU-Parlament/!5940600
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
   DIR Schwerpunkt Überwachung
   DIR Biometrie
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
   DIR Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
   DIR Schwerpunkt Überwachung
   DIR wochentaz
   DIR Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
   DIR Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
   DIR Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
   DIR Schwerpunkt Überwachung
   DIR Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Vor Gipfel in Paris: Künstliche Intelligenz als Bedrohung
       
       Vor einem großen KI-Gipfel in Paris warnen Expert:innen vor möglichen
       Folgen. Der Gastgeber fordert mehr „wirtschaftlichen Patriotismus“.
       
   DIR KI für EU-Grenzschutz: Grenzenlose Überwachung
       
       Die NGO AlgorithmWatch hat 24 Projekte untersucht, die zum Einsatz von KI
       im EU-Grenzschutz genutzt werden sollen. Die Ergebnisse seien „verstörend“.
       
   DIR Überwachung per Drohne: Die Polizei guckt aus dem Himmel zu
       
       Die Hamburger Polizei überwacht Fußballfans per Drohne. Eine gesetzliche
       Regelung gibt es dafür nicht. Der Senat findet das unproblematisch.
       
   DIR Model über KI in der Sexindustrie: „Ich wollte mich neu erschaffen“
       
       Sika Moon ist ein KI-Model. Ihre Schöpferin – vorher selbst Model –
       verdient mit pornografischem Bild-Content viel Geld. Was ist das für ein
       Job?
       
   DIR Vor finaler Abstimmung: Kann die Welt KI bändigen?
       
       Diese Woche werden zwei entscheidende Weichen in Sachen KI gestellt. Doch
       NGOs und Wissenschaftler:innen sehen problematische Parallelen.
       
   DIR EU-Gesetz zur Künstlichen Intelligenz: Zittern bei KI-Regulierung
       
       Die Bundesregierung zögert beim Ja zum EU-Gesetz zur Künstlichen
       Intelligenz. Das könnte das weltweite Vorreiterprojekt zum Scheitern
       bringen.
       
   DIR Nach Marathonsitzung: EU einigt sich auf Regeln für KI
       
       Verbote, Pflichten und Geldbußen sind vorgesehen. Doch Verbraucher- und
       Bürgerrechtsorganisationen sind besorgt.
       
   DIR Debatte im EU-Parlament: Streit um Überwachung mit KI
       
       Kurz vor der Abstimmung über die Regeln für Künstliche Intelligenz gibt es
       Streit im EU-Parlament. Es geht um die Frage der Massenüberwachung.
       
   DIR EU-Regulierung für ChatGPT und Co.: Keine Massenüberwachung
       
       EU-Abgeordnete stimmen für Auflagen für Künstliche Intelligenz.
       Bürgerrechtler:innen äußern sich positiv. Das war beim Vorschlag des Rats
       noch anders.