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       # taz.de -- Gericht kritisiert Räumung von Baumdorf: Polizei Hannover kassiert Klatsche
       
       > Die Einschränkung der Berichterstattung in der Leinemasch wird von
       > Verwaltungsgericht kritisiert. Rodung für eine breitere Schnellstraße
       > geht weiter.
       
   IMG Bild: Die Aktivist*innen im Protestcamp „Tümpel Town“ besteigen mehrere Tripods und zeigen, dass sie für die Räumung bereit sind
       
       Hannover taz | „Ihr seid nicht allein“, schallt es am Dienstag über die
       Sportanlage Döhren. Auf dem Fußballplatz vor dem Baumhausdorf „Tümpel Town“
       in der hannoverschen Leinemasch stehen Klimaaktivist*innen vor einem
       Bauzaun. Hoch oben greifen Polizist*innen erste Besetzer*innen
       heraus. Immer wieder fliegt Pyrotechnik und undefinierbare Flüssigkeit
       durch die Luft. [1][Seit September 2022 kampieren die ersten
       Besetzer*innen] in der Leinemasch, um gegen den Ausbau des
       „Südschnellwegs“ zu protestieren. Umweltschützer*innen und
       Klimaaktivist*innen sind gegen die geplante Verbreiterung der
       Schnellstraße von 14,50 auf 25,60 Meter.
       
       Nun wird es offenbar richtig ernst. [2][Seit mehreren Tagen haben die
       Aktivist*innen sich in dem Naturschutz- und Naherholungsgebiet
       verbarrikadiert], um sich der Rodung zahlreicher Bäume in den Weg zu
       stellen. „Die Besetzung hat bereits jetzt viel länger gehalten, als wir
       dachten“, schreiben die Aktivist*innen der taz per Messenger. Doch nun
       wird das Herz des Widerstandes geräumt. Geschätzt vierzig Personen in
       geschätzt 13 Baumhäusern dürften sich bislang in der Besetzung befunden
       haben, am Dienstagnachmittag waren es nach Angaben der Besetzer*innnen
       immer noch mehr als zehn in etwa der Hälfte der Baumhäuser.
       
       Seit Montagfrüh ist das Gebiet Sperrzone. Es gilt ein Versammlungsverbot in
       einem für die Rodung eingerichteten Sicherheitsbereich. Um das Gebiet herum
       macht das Bündnis „Leinemasch bleibt“ mit Kundgebungen auf die Situation
       aufmerksam und unterstützt die Aktivist*innen im Waldstück.
       
       Zahlreiche Medien berichten über den Höhepunkt der Auseinandersetzung
       zwischen Klimaaktivist*innen und der Landesstraßenbaubehörde. Das
       ermöglichte die Polizei allerdings nicht immer problemfrei. Zunächst
       sollten Journalist*innen mit einem Platz etwa ein Fußballfeld von der
       Besetzung entfernt vorliebnehmen, um von dort aus das Geschehen zu
       beobachten. Die Betreiber der Sportanlage sorgten sich um den Rasen, hieß
       es.
       
       ## Journalisten-Gewerkschaft schlug Alarm
       
       Man wolle einen guten Blick auf die Situation ermöglichen, sicherte die
       Pressestelle der Polizei Hannover zu – und stellte am Montag einen
       Shuttleservice zur Verfügung. Die Fahrten starteten einen halben Kilometer
       vom Geschehen entfernt. Die zwölf Plätze waren schnell belegt. Für die
       übrig gebliebenen Berichterstatter*innen hieß es: Zwei Stunden auf die
       nächste Fuhre warten – ohne Möglichkeit, nahe ans Geschehen zu gelangen.
       Die Tour an sich: eine kurze Beschauung der Rodung, aber keine
       uneingeschränkte Berichterstattung. Immerhin etwas näher durften
       Journalist*innen am Nachmittag dann an die Besetzung heran.
       
       [3][Die Gewerkschaft Deutsche Journalist*innenunion schlug
       schließlich Alarm]: „Journalist*innen vor Ort berichten, dass ihnen die
       Beobachtung der polizeilichen Maßnahmen praktisch nicht möglich ist“,
       kritisierte Landesmediensekretär Peter Dinkloh. „Sicherheitsbedenken sind
       kein Blankoscheck für die Polizei“, so Dinkloh weiter. Unterschiedliche
       Medien protestierten gegen die Blackbox-Räumung: Bild, dpa, HAZ, Neue
       Presse und andere Medien riefen dazu auf, eine freie Berichterstattung zu
       ermöglichen.
       
       Mittlerweile hat das Verwaltungsgericht Hannover diese Forderung bestätigt.
       In einem Beschluss, der der taz vorliegt, heißt es, die Polizei müsse das
       grundgesetzlich garantierte Recht auf Pressefreiheit wahren und einen
       Zugang ermöglichen – trotz Rodungsarbeiten. „Angesichts der Größe des
       genannten Gebietes rechtfertigen diese punktuellen, wenn auch mobilen
       Gefahrenquellen nicht die Unterbindung des Zugangs zum gesamten Bereich“,
       schreibt das Verwaltungsgericht. Eine Pressesprecherin der Polizei Hannover
       sagte der taz, der Beschluss werde umgesetzt.
       
       Vor Ort war das am Dienstag spürbar: Während behelmte Polizist*innen
       sich am Boden unter dem Baumhausdorf verteilten und Klettereinheiten von
       oben begannen, Menschen herauszugreifen, konnten sich Journalist*innen
       kurzzeitig frei im Hüttendorf „Tümpel Town“ bewegen.
       
       ## Räumung vor dem Ende
       
       Eine Aktivist*in, die sich „Wolke“ nennt und in einem der niedrigeren
       Baumhäuser sitzt, sagte der taz, es gehe allen Besetzer*innen den
       Umständen entsprechend. Sorge machte Wolke, dass die Polizei immer wieder
       Seile gekappt und damit Menschen gefährdet habe. Überprüfen ließ sich das
       nicht. Nach einer Stunde war wieder Schluss mit Bewegungsfreiheit, als die
       Medienvertreter*innen hinter ein Flatterband verwiesen wurden. Die
       Räumung in der Höhe war derweil in vollem Gang. Darunter drohe Gefahr,
       sagte die Polizei per Lautsprecher.
       
       Einzeln griffen sich die Polizist*innen am Dienstag die
       Aktivist*innen heraus. Baumhäuser wurden abgeschnitten und fielen
       krachend zu Boden. Die Aktivist*innen sagten der taz, sie wollten
       kollektiv die Angabe ihrer Personalien verweigern. Die Polizei brach
       vorerst die Arbeit ab und wollte am Mittwoch weitermachen. Dann, so
       schätzen Beobachter*innen, dürfte die Räumung beendet werden.
       
       16 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rodung-befuerchtet/!5979851
   DIR [2] /Protestcamp-Raeumung-bei-Hannover/!5982954
   DIR [3] https://dju.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++e6af57b4-b3b9-11ee-be3e-d3ca3d4603d8
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Trammer
       
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