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       # taz.de -- Schäden durch Hochwasser: Neue Debatte um Schuldenbremse
       
       > In den Hochwassergebieten steigen die Pegel weiter. SPD-Politiker*innen
       > fordern, die Schuldenbremse wegen der Kosten für die Katastrophe
       > auszusetzen.
       
   IMG Bild: Hochwasser in Lilienthal in Niedersachsen: Die Pegel könnten noch weiter steigen
       
       Berlin dpa | In vielen Teilen Deutschlands herrscht weiter [1][Hochwasser]
       – und in den kommenden Tagen könnten die Pegelstände wieder steigen. Schon
       der Dienstag brachte weiteren Regen für Bremen, Niedersachsen und
       Nordrhein-Westfalen, am Mittwoch könnte es nach Angaben des Deutschen
       Wetterdienstes noch mehr regnen. Auch am Dienstagabend zeigten noch viele
       Pegel die höchste der drei Hochwassermeldestufen an.
       
       Angesichts der akuten Hochwasserlage haben SPD-Haushaltspolitiker ein
       erneutes Aussetzen [2][der Schuldenbremse] ins Gespräch gebracht. „Das
       Hochwasser richtet gerade in Niedersachsen immense Schäden an“, sagte der
       SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz dem Spiegel. „Für diese Kosten
       könnten wir die Schuldenbremse aussetzen.“ Dies sei auch nach [3][dem
       jüngsten Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts] möglich.
       „Schließlich handelt es sich um eine unvorhersehbare Naturkatastrophe.
       Dafür lässt das Urteil Spielräume“, sagte Schwarz.
       
       Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde,
       sagte dem Magazin Stern: „Noch ist das gesamte Ausmaß der Flutschäden nicht
       absehbar, aber für genau solche Fälle haben wir die Möglichkeit, die
       Schuldenbremse auszusetzen, im Grundgesetz stehen.“ Daran habe auch das
       Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts geändert. „Ob wir diese
       finanzielle Dimension erreichen, werden wir jetzt genau prüfen.“
       
       Die Schuldenbremse sieht vor, dass die Haushalte von Bund und Ländern ohne
       Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Sie kann laut Grundgesetz aber
       im Fall von Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notlagen
       ausgesetzt werden, wenn die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt
       wird. Derzeit prüft die Bundesregierung, ob die Fluthilfen nach der
       Hochwasserkatastrophe 2021 im Ahrtal ein erneutes Aussetzen der
       Schuldenbremse in diesem Jahr rechtfertigen.
       
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Sonntag das aktuelle
       Hochwassergebiet im Norden Niedersachsens besucht. Er versicherte, der Bund
       stehe den betroffenen Ländern und Kommunen bei der Bewältigung „mit seinen
       Möglichkeiten“ zur Seite. Konkrete Zusagen für Finanzhilfen machte Scholz
       nicht.
       
       Als Konsequenz aus dem Hochwasser fordern Experten ein Umdenken beim Schutz
       vor Überschwemmungen. „Im Zuge des Klimawandels, wo sich die
       Hochwasser-Prozesse ändern werden, werden wir sicher andere Arten von
       Hochwässer in Zukunft sehen“, sagte Ralf Merz, Hydrologe am
       Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle (Saale), am Mittwochmorgen
       im Deutschlandfunk. „Solche langen Hochwasser-Ereignisse wird es auch in
       Zukunft sicher öfter geben.“
       
       Seit Tagen sind in mehreren Bundesländern Tausende Helfer im Einsatz.
       Betroffen sind vor allem Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt
       und Thüringen. Viele Schäden könnten vermieden werden, sagte der Hydrologe.
       Merz zufolge sollte darüber nachgedacht werden, ob der aktuelle
       Hochwasserschutz so noch funktioniere. „Denn vielleicht ist jetzt das, was
       wir aus der Vergangenheit gelernt haben, nicht immer eine gute Maßnahme für
       die Zukunft.“
       
       Der Experte verwies zum Beispiel darauf, dass es nun viel weniger Flussauen
       gebe – also natürliche Überschwemmungsgebiete. Zugleich gab der Experte zu
       bedenken: „Einen hundertprozentigen Hochwasserschutz werden wir natürlich
       nie haben. Das ist finanziell und technisch nicht machbar und von der
       Landschaft nicht umrüstbar.“
       
       3 Jan 2024
       
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