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       # taz.de -- Modulare Flüchtlingsunterkunft: „Sisyphus und Tetris“
       
       > Bis Jahresende sollen in Berlin sechs neue Unterkünfte für Geflüchtete
       > fertig werden. Sie bieten Platz für rund 2.300 Menschen.
       
   IMG Bild: Das Ziel von LAF-Präsident Mark Seibert (Mitte) wäre eigentlich ein „großer Leerstand“ in Tegel
       
       Berlin taz | Verpackte Matratzen liegen zusammengerollt auf einem Holzbett.
       Der Geruch von frischer Farbe schwebt in der Luft. Geduldig wartet die
       Wohnung auf ihre zukünftigen Bewohner:innen. Ab April werden hier vier
       Geflüchtete leben. Insgesamt werden 570 Personen in der neuen modularen
       Flüchtlingsunterkunft (MUF) Platz haben.
       
       Das Gebäude in der Quedlinburger Straße in Charlottenburg-Wilmersdorf ist
       seit fünf Jahren in der Planung. Im Erdgeschoss wird eine öffentliche Kita
       eingerichtet. 60 neue Plätze für Kinder, auch aus der Nachbarschaft, werden
       zur Verfügung stehen.
       
       Es ist die erste MUF, die [1][das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten]
       (LAF) in diesem Jahr beziehen kann. Bis Jahresende sollen fünf weitere
       Objekte dazukommen und damit 2.300 neue Plätze für Unterbringung
       ermöglichen. Ziel ist eigentlich, dass Geflüchtete nach kurzer Zeit in
       eigene Wohnungen umziehen – realistisch werden sie laut dem LAF aber fünf
       bis zehn Jahre hier bleiben.
       
       Für das LAF sind die MUF-Wohnungen aber ein Schritt zur Verbesserung.
       „Unser Ziel ist es, in diesem Jahr einen Weg aus der Notunterkunft zu
       finden“, sagt der neue LAF-Präsident Mark Seibert, als er sich die MUF am
       Donnerstag anguckt. „Das wird ein Marathon.“
       
       ## Zahl der Asylsuchenden steigt um 14 Prozent
       
       Ein Marathon, denn die Zahl der Asylsuchenden in Berlin ist 2023 im
       Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent gestiegen. 2023 hat das Land rund
       16.700 Asylbewerber:innen aufgenommen. 2022 waren es 14.700. Dazu
       kamen Menschen aus der Ukraine: 15.000 waren es 2023, im Jahr 2022 waren
       noch rund 68.000 nach Berlin geflüchtet.
       
       [2][Asylsuchende und Geflüchtete leben immer länger in Notunterkünften] –
       etwa in Tegel. Auf dem alten Flughafengelände hat das LAF eine
       Notunterkunft eingerichtet. Da die Zahl der Asylsuchenden steigt und es an
       regulären Unterkünften mangelt, bleiben Geflüchtete inzwischen
       durchschnittlich ein halbes Jahr in der dortigen Großunterkunft.
       
       Die Vermittlung von Geflüchteten in reguläre Unterkünfte ist eine der
       größten Herausforderungen für das LAF. „Es ist eine Mischung aus Sisyphus
       und Tetris“, erklärt Präsident Mark Seibert. „Wir stapeln hier aber keine
       Möbel. Das sind Menschen, um die wir uns kümmern“, sagt er bei seinem
       Besuch.
       
       In die Quedlinburger Straße werden keine Schutzsuchenden einziehen, die
       gerade nach Deutschland gekommen sind, erklärt Seibert. In die neuen Räume
       werden Menschen aus der Umgebung einziehen, die „relativ weit im
       Integrationsprozess“ seien. Dadurch werden an anderer Stelle Plätze für neu
       ankommende Geflüchtete frei.
       
       Seiberts Ziel wäre eigentlich ein „großer Leerstand“ in Tegel. Allerdings
       bemerkt er: „Es gibt überhaupt keinen Grund zu glauben, dass sich die
       Weltlage ändert, [3][dass die Kriege enden, dass es nicht zu einer
       Klimakatastrophe kommt.]“ Und er räumt ein: „Wir werden uns weiterhin mit
       dieser Herausforderung auseinandersetzen müssen.“
       
       25 Jan 2024
       
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   DIR Clara Suchy
       
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