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       # taz.de -- Meduza-Auswahl 4. – 10. Januar: Widerstand gegen die Zensur
       
       > Russische Bibliothekare trotzen dem Verbot kremlkritischer Bücher.
       > Anderer Pass, anderes Schicksal? Texte aus dem Exil.
       
   IMG Bild: Bücher des Schriftstellers Boris Akunin in einem Buchladen in Russland
       
       Das [1][russisch]- und [2][englischsprachige] Portal Meduza zählt zu den
       wichtigsten unabhängigen russischen Medien. [3][Im Januar 2023 wurde Meduza
       in Russland komplett verboten]. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme
       gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter
       [4][taz.de/meduza] immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber
       Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der [5][taz Panter Stiftung]
       gefördert. 
       
       In der Woche vom 4. bis zum 10. Januar 2024 berichtete Meduza unter anderem
       über folgende Themen:
       
       Bibliothekare in St. Petersburg sprechen über Bücherverbote 
       
       Den Bibliotheken in Russland ist es offiziell zwar nicht verboten, Bücher
       des zeitgenössischen russischen Schriftstellers Boris Akunin in ihrem
       Bestand zu haben. Doch im Dezember hatte der russische
       Finanzüberwachungsdienst Akunin auf seine Liste der „Terroristen und
       Extremisten“ gesetzt. Aus den meisten Online-Shops verschwanden daraufhin
       seine Werke. Viele Bibliotheken zogen sie ebenfalls aus dem Verkehr, doch
       dass sie seine Bücher vorhalten, ist weiterhin nicht verboten.
       
       Das unabhängige russische Medienportal [6][Bumaga] hat mit St. Petersburger
       Bibliotheken gesprochen, die gegen die Kreml-Zensur Widerstand leisten.
       „Man kann viel mehr machen, als man zunächst denkt“, sagt etwa eine anonyme
       Bibliothekarin.
       
       Eine [7][Zusammenfassung aus dem Bumaga-Text hat nun Meduza veröffentlicht]
       (englischer Text). „Ich arbeite seit drei Jahren im Bibliothekssystem, und
       in all den Jahren haben wir völlig unvernünftige Anweisungen erhalten“,
       sagt eine andere Bibliothekarin. Seit Februar 2022 wurden Mitarbeiter etwa
       angewiesen, in den Bibliothekssälen Pro-Kriegs-Plakate aufzuhängen und
       Videos zu zeigen, die für den Angriffskrieg gegen die Ukraine werben.
       
       Wie der Reisepass das Leben vorbestimmt 
       
       Der Forscher Patrick Bixby, Professor an der Universität von Arizona und
       Autor des Buches „Licence to Travel: A Cultural History of the Passport“,
       ist davon überzeugt, dass der Reisepass eines der eindrucksvollsten
       Beispiele für die „Lebenslotterie“ ist. [8][Im Gespräch mit Meduza erklärt
       Bixby, warum] (russischer Text).
       
       Die Bewohner von Staaten mit „schwachen“ Pässen – etwa Afghanistan oder
       Irak – sind immer wieder mit den Folgen historischer Ereignisse, mit denen
       sie nichts zu tun hatten, konfrontiert.
       
       Der Aufhänger des Gesprächs mit Bixby ist der Ukraine-Krieg und seine
       Folgen für die kremlkritische Russ*innen, die heute im Exil leben. Bixby
       schreibt und spricht über die Geschichte des Reisepasses und hat in seiner
       Privatsammlung etwa 30 abgelaufene Reisepässe aus fast allen europäischen
       Ländern und einen US-amerikanischen Pass aus den 1920er Jahren.
       
       Auf die Frage, warum das Prinzip des Nansen-Passes – ähnlich wie der nach
       dem Ersten Weltkrieg – heute kaum mehr Beachtung findet, erklärt er: „Die
       meisten Länder wollen sich heute nicht mit dem Problem der Migranten
       befassen. Sie können höchstens einen Flüchtlingspass ausstellen, der dem
       Inhaber aber keine Bewegungsfreiheit gewährt.“ Der Nansen-Pass ermöglichte
       es staatenlosen Menschen zu reisen.
       
       Wird Russlands Wirtschaft zusammenbrechen? 
       
       Im Jahr 2023 ist die russische Wirtschaft Wachstum gewachsen, obwohl
       unmittelbar nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine und wegen der
       zahlreichen Sanktionen gegen Russland ein erheblicher Rückgang oder sogar
       ein Zusammenbruch erwartet wurde. [9][In dieser neuen Meduza-Podcastfolge]
       von „Was ist passiert?“ weist die Expertin für russische
       Wirtschaftspolitik, Alexandra Prokopenko, darauf hin, dass der Anstieg im
       Jahr 2023 auf eine „Überhitzung“ aufgrund der hohen Militärausgaben
       zurückzuführen ist (russischer Text). Andrei Perstev moderiert den Podcast,
       der die Zukunftsfrage stellt, wie eine Wirtschaftskrise in Russland
       aussehen könnte und wie man sich darauf vorbereiten könnte.
       
       ## Weinproduktion in Armenien – lange Tradition
       
       Unterbelichtete oder unberichtete Geschichten sind der Fokus der
       Reportagen, die Meduza unter der Rubrik The Beet veröffentlicht. Diese
       Woche schreibt die Journalistin Sona Hovsepyan über Armenien und die
       Schicksale armenischer Winzer. Im 19. Jahrhundert produzierte so gut wie
       jede Familie in Nork-Marasch, einem Distrikt der Hauptstadt Jerewan, Wein.
       Nur ganz wenige haben es geschafft, diesen Brauch bis heute zu erhalten.
       [10][Hovsepyan begleitet die Derdzakyans], die 2019 einen von der Familie
       geerbten Weinkeller aus dem 19. Jahrhundert in ein Boutique-Weingut
       umgewandelt hat, um ihre Familiengeschichte zu bewahren (englischer Text).
       
       Der Mitbegründer Artsrun Petrosyan erzählt, dass früher nur Männer die
       Trauben presste. „Frauen durften dem nicht mal nahekommen.“ Selbst während
       der Sowjetzeit, als der Staat die Weinberge der Familie Derdzakyan
       enteignete, arbeitete sein Großvater eifrig daran, die lokale Tradition des
       Weinbaus und der Weinherstellung zu bewahren, und verkaufte seinen Wein
       „auf nicht ganz legale Weise fort“, so sei Enkelkind. „Ursprünglich war der
       Weinbau in der Sowjetunion nicht verboten, aber die Produktionsmengen
       gingen drastisch zurück“, erklärt Petrosyan. Michail Gorbatschows
       Anti-Alkohol-Kampagne machte die Sache nur noch schlimmer. Im Jahr 1985
       begannen sowjetische Beamte mit der Zerstörung von Weinbergen in Armenien,
       wodurch die Weinproduktion halbiert wurde. Auch nach der Unabhängigkeit
       Armeniens im Jahr 1991 litt die Weinproduktion weiter. Erst in den späten
       1990er Jahren erholte sich die Weinindustrie dank Investitionen in neue
       Technologien langsam wieder.
       
       10 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://meduza.io/
   DIR [2] https://meduza.io/en
   DIR [3] /Russische-Medien-im-Exil/!5911767
   DIR [4] /Unser-Fenster-nach-Russland/!t5916992
   DIR [5] /!v=4269299f-23bb-40f2-a4ea-2b1b1ae40192/
   DIR [6] https://paperpaper.io/soprotivlyatsya-mozhno-gorazdo-bolsh/
   DIR [7] https://meduza.io/en/feature/2024/01/05/you-can-resist-much-more-than-it-seems
   DIR [8] https://meduza.io/feature/2024/01/05/kak-pasport-cheloveka-vliyaet-na-ego-sudbu-issledovatel-patrik-biksbi-ubezhden-chto-etot-dokument-odin-iz-samyh-yarkih-primerov-zhiznennoy-loterei
   DIR [9] https://meduza.io/episodes/2024/01/06/ekonomika-rossii-seychas-na-steroidah-voennyh-rashodov-chto-budet-kogda-eto-zakonchitsya-vse-ruhnet
   DIR [10] https://meduza.io/en/feature/2024/01/05/no-longer-withering-on-the-vine
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gemma Teres Arilla
   DIR Tigran Petrosyan
       
       ## TAGS
       
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