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       # taz.de -- Nach starkem Erdbeben in Japan: Ein Echo von Fukushima
       
       > Wieder treffen ein Erdbeben und ein Tsunami ein japanisches Atomkraftwerk
       > hart. Die Ereignisse schüren neue Sicherheitszweifel.
       
   IMG Bild: Das Kernkraftwerk Shika in Shikamachi, Präfektur Ishikawa, Japan, am 2. Januar 2024
       
       Tokio taz | Entgegen ersten Angaben hat das westjapanische AKW Shika einige
       Schäden durch das [1][starke Erdbeben] und einen Tsunami am Neujahrstag
       erlitten. Japans Atomaufsicht lässt die Auswirkungen nun prüfen und
       forderte den Betreiber Hokuriku Electric (Hokuden) zu einer tieferen
       Untersuchung auf.
       
       Das Erdbeben mit der maximalen Stärke 7 auf der nationalen Skala hatte
       Teile der Atomanlage mit zwei Reaktoren so stark belastet, dass die
       Auslegungsgrenze überschritten wurde. Der Keller von Block 1 wurde mit 957
       Galileo-Einheiten (Gal) erschüttert, gebaut wurde der Reaktor für maximal
       918 Gal. Die Maßeinheit gibt die Beschleunigung an. Die Atomanlage steht
       nur 70 Kilometer Luftlinie entfernt vom Epizentrum des Bebens. Beide Blöcke
       der Atomanlage sind seit dem [2][Fukushima-Super-GAU] im März 2011 außer
       Betrieb.
       
       Die Katastrophe bewies erneut die Anfälligkeit von AKWs in Japan für
       Erdbeben und weckte neue Zweifel an der [3][Wiederinbetriebnahme] der 250
       Kilometer entfernten weltgrößten Atomanlage Kashiwazaki-Kariwa mit sieben
       Reaktoren. Dort schwappte radioaktiv kontaminiertes Wasser aus zwei
       Lagerbecken für abgebrannte Brennelemente. Die Atomaufsicht hatte das
       Betriebsverbot erst vor dem Jahreswechsel aufgehoben.
       
       Nach Angaben der Atomaufsicht gab es im AKW Shika keine Probleme mit
       Kühlbecken. Auch die Reaktorgebäude wurden nicht beschädigt. Aber das AKW
       wurde von einem drei Meter hohen Tsunami getroffen, was Hokuden erst
       verspätet berichtete. In Fukushima hatte ein 15 Meter hoher Tsunami die auf
       Meereshöhe stehenden Notstromaggregate zerstört, in der Folge kam es zu
       Kernschmelzen in drei Reaktoren.
       
       ## Elf Meter über dem Meeresspiegel
       
       Die zwei Atommeiler in Shika liegen elf Meter über dem Meeresspiegel und
       werden von einer vier Meter hohen Deichmauer geschützt. Dennoch beschädigte
       der Tsunami offenbar die Stromtransformatoren in den Blöcken 1 und 2.
       Auslaufendes Öl kappte mehrere Verbindungen zur externen Stromversorgung.
       
       Auf dem Meer schwamm ein Teppich mit sechs Litern Öl aus dem Transformator
       für Block 2. Der Chef der Atomaufsicht, Shinsuke Yamanaka, forderte Hokuden
       auf, die Ursachen für den Ausfall der Transformatoren zu beheben, da
       Nachbeben neue Schäden anrichten könnten. Der Betreiber konnte noch nicht
       sagen, wann sie repariert werden, und stellte zunächst Ersatzgeräte auf.
       
       Durch das Beben fielen auch bis zu 18 der 116 Posten für Strahlenmessungen
       aus. Inzwischen wurden fünf Ersatzposten aufgestellt. Der Experte für
       Strahlenschutz bei der Atomaufsicht, Nobuhiko Ban, kritisierte, dass die
       Strahlungswerte nach dem Beben nicht in Echtzeit überwacht werden konnten.
       Der Betreiber hätte Drohnen oder Flugzeuge einsetzen müssen.
       
       ## Auswertung könnte Jahre dauern
       
       Hokuriku Electric wollte Shika Block 2 nach einer Sicherheitsnachrüstung
       eigentlich wieder in Betrieb nehmen und stellte bereits einen
       Prüfungsantrag dafür. Vor einem Jahr hatte die Atomaufsicht bestätigt, dass
       sich keine Verwerfungslinien unter dem Kraftwerk befinden.
       
       Aber das starke Beben stellte diese Einschätzung infrage. Die 45 Sekunden
       langen Erdstöße, die über 200 Menschenleben forderten, gingen von einer 150
       Kilometer langen Bodenfalte aus, die seismisch aktiv bleiben könnte. Sie
       verläuft unter der Noto-Halbinsel von nordöstlicher in südwestlicher
       Richtung auf das Atomkraftwerk zu. Die Küstenlinien nördlich des AKWs
       verschoben sich teils um 200 Meter.
       
       Atomaufsicht-Chef Yamanaka stellte daher klar, dass zunächst die
       Erkenntnisse aus dem Beben ausgewertet werden müssten. Diese seismischen
       Untersuchungen könnten Jahre dauern, betonte Yamanaka. Ein baldiger
       Neustart des Blocks 2 scheint damit ausgeschlossen.
       
       11 Jan 2024
       
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