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       # taz.de -- Cannabis-Legalisierung: SPD skeptisch bei Cannabis-Gesetz
       
       > Die Cannabislegalisierung sollte bereits verabschiedet sein. Doch ein
       > Termin im Bundestag steht weiter aus. Und nun bremsen die
       > Innenminister*innen.
       
   IMG Bild: Wie lange noch warten? Die von der Ampel geplante Cannabis-Legalisierung verzögert sich
       
       Berlin taz | Eigentlich hätte der Gesetzentwurf [1][längst im Bundestag
       verabschiedet sein sollen]. Aber die Cannabislegalisierung, welche die
       Ampel als zentrales Projekt angekündigt hatte, bleibt weiter in der
       Schwebe. Und nun stellen sich auch die Innenminister*innen der Länder
       gegen das Gesetz, auch die der SPD. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser
       (SPD) hat ebenfalls Bedenken.
       
       Bereits im August hatte das Bundeskabinett [2][einen Gesetzentwurf von
       Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für die Cannabislegalisierung
       beschlossen]. Damit soll Cannabisanbau zunächst zu Hause und in Anbauclubs
       erlaubt werden, später auch in Modellprojekten in lizenzierten Geschäften.
       Über Wochen hatten die Ampelfraktionen im Bundestag den Gesetzentwurf
       danach [3][nochmal überarbeitet], im Dezember sollte das Gesetz im
       Bundestag verabschiedet sein und am 1. April in Kraft treten.
       
       Dann aber äußerten Innenpolitiker*innen der SPD Sicherheitsbedenken
       und die SPD-Fraktionsspitze vertagte die finale Abstimmung des Gesetzes im
       Parlament. Ein neuer Termin steht bis heute aus. Aus Kreisen der
       Ampelfraktionen hieß es nur, dass über das Gesetz „wahrscheinlich“ nach der
       Verabschiedung des Haushalts im Bundestag abgestimmt würde. Der Etat soll
       [4][am 2. Februar beschlossen] werden.
       
       ## „Gravierende negative Auswirkungen“
       
       Inzwischen aber stellen sich auch die Innenminister*innen der Länder
       geballt gegen das Projekt. Schon im Dezember hatte sich die
       Innenministerkonferenz (IMK) geschlossen gegen die Cannabislegalisierung
       ausgesprochen – SPD-Innenminister*innen inklusive. Das Vorhaben habe
       „gravierende negative Auswirkungen“ auf die Bekämpfung der Organisierten
       Kriminalität, auf den Kinder- und Jugendschutz sowie den Gesundheitsschutz,
       heißt es in einem gemeinsamen Beschluss.
       
       Auch bedeute das Projekt „hohe Aufwände für die Strafverfolgungs- und
       Ordnungsbehörden“. So müssten die geplanten Anbauvereine kontrolliert
       werden, genauso wie die Einhaltung von Konsumverboten, die zum Beispiel im
       Umkreis von 100 Metern um Schulen oder Kitas gelten sollen. Zusätzliche
       Kontrollen seien im Verkehr nötig, um Fahrten unter Cannabiseinfluss zu
       stoppen. Angesichts all dessen spreche man sich „deutlich gegen dieses
       Vorhaben aus“, so der IMK-Beschluss.
       
       Lauterbach hatte dagegen mit der Ankündigung von strengen Kontrollen der
       Anbauvereine und Konsumverbote versucht, Sicherheitsbedenken zu zerstreuen.
       Auch hatte die Ampel eine Entlastung der Polizei und Behörden versprochen:
       Durch einen Wegfall der Strafverfolgung von Konsumierenden bliebe diesen
       Arbeit für die Strafverfolgung erspart.
       
       Ein Sprecher von Faesers Bundesinnenministerium erklärte dagegen, man nehme
       die Befürchtungen der Länder „ernst“. Im Gesetzgebungsverfahren habe man
       sich dafür eingesetzt, dass Jugendschutz und Sicherheitsaspekten „Rechnung
       getragen wird“. Der organisierten Kriminalität dürften „keine vermeidbaren
       Einfallstore eröffnet werden“, warnte auch der Sprecher.
       
       ## Internes Gutachten sieht „Widersprüche und Schwächen“
       
       Und auch in einem Gutachten des Bundeskriminalamts werden Befürchtungen
       artikuliert. Dort ist nach taz-Informationen von „Widersprüchen und
       Schwächen“ des Gesetzentwurfs die Rede. Dieser bleibe „in vielen Punkten
       unscharf“. Auch sei es tatsächlich so, dass die Legalisierung für die
       Polizei und Ordnungsbehörden „zusätzliche Aufgaben und Aufwendungen“ für
       Kontrollen von Konsumverboten, der Anbauverein oder im Verkehr, so der
       Bericht.
       
       Ebenso klar sei, dass die Regelungen „in den Landesverordnungen
       konkretisiert werden müssen“. Dies werde noch „umfangreiche
       Abstimmungsverfahren zwischen den Ländern erfordern“, um sicherzustellen,
       dass möglichst überall einheitliche Regeln gelten würden. Zudem fordert der
       Bericht ein: „Klargestellt wird, dass auch in Bezug auf cannabisbezogene
       Delikte weiterhin eine konsequente Bekämpfung der organisierten
       Kriminalität gewährleistet sein muss.“
       
       Auch der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler, der bereits zuletzt vor
       Sicherheitsgefahren durch die Art und Weise der geplanten Legalisierung
       gewarnt hatte, bleibt bei seinen Bedenken. Daran habe sich nichts geändert,
       sagte Fiedler aktuell der taz. „Dem Gesetz würde ich so keinesfalls
       zustimmen.“
       
       ## Grüne und FDP pochen auf baldige Abstimmung
       
       Grüne und FDP machen dagegen Druck, dass die Legalisierung endlich kommt.
       „Die inhaltlichen Verhandlungen sind abgeschlossen“, sagte die Grüne
       Kirsten Kappert-Gonther der taz, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses. Es
       brauche „eine zeitnahe Verabschiedung“ des Gesetzes im Gesundheitsausschuss
       und Plenum des Bundestags. Das könne auch innerhalb einer Sitzungswoche
       geschehen.
       
       Auch die FDP-Gesundheitspolitikerin Kristine Lütke sagte, die jetzt
       geäußerte Kritik einzelner SPD-Innenpolitiker sei „höchst irritierend, da
       es in den vergangenen eineinhalb Jahren genügend Zeit gab, diese Einwände
       vorzubringen“. Die unterschiedlichen Aspekte der Cannabislegalisierung
       seien „intensiv diskutiert“ worden und das geeinte Gesetz enthalte auch die
       benannten Sicherheitsaspekte. Es sei „ein sinnvoller Ausgleich zwischen
       Jugend- und Gesundheitsschutz, Sicherheit und Strafverfolgung“ und erkenne
       die gesellschaftlichen Realitäten an, so Lütke. „Ich sehe hier keinen
       weiteren Änderungsbedarf.“ Die Beschlussempfehlung müsse nun
       „schnellstmöglich im Januar eingebracht werden“.
       
       Korrektur: In einer ersten Version des Artikels war die Rede von einem
       Bericht des Bundesinnenministeriums zu den Folgen der Cannabislegalisierung
       auf die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden. Das Gutachten stammt aber
       vom Bundeskriminalamt, über welches das Bundesinnenministerium auf der
       jüngsten Innenministerkonferenz Bericht erstattete.
       
       14 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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