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       # taz.de -- Afrika-Cup im Fußball: Im Stadion des Friedens
       
       > Bouaké liegt im Norden der Elfenbeinküste. Hier hat der Fußball schon
       > einmal Geschichte geschrieben – dank des Einsatzes von Didier Drogba.
       
   IMG Bild: Mehr als ein Fußballer: Didier Drogba bei einem Länderspiel der Elfenbeinküste, 2005
       
       Es ist heiß in Bouaké. Im Norden der [1][Elfenbeinküste] steigt die
       Temperatur in diesen Tagen gern auf 36 Grad oder darüber. Dazu lähmt die
       hohe Luftfeuchtigkeit. Das sind schwere Bedingungen für die Fußballer, die
       gerade am [2][Afrika-Cup] teilnehmen. Bouaké ist eine von fünf Städten, in
       denen der Cup ausgespielt wird. Am Samstag findet hier das erste
       Achtelfinale des Wettbewerbs statt – Namibia wird im „Stadion des Friedens“
       auf Angola treffen.
       
       Die Hitze erschwert im Grunde jede körperliche Betätigung. Tritt man in der
       Stadt aus dem zentral gelegenen Carrefour-Supermarkt, um anschließend die
       Avenue Jaques Aka zu überqueren, sollte man dennoch hellwach sein. Man
       läuft sonst Gefahr, von einem der zahlreichen Mopeds erfasst zu werden. Die
       Stadt, rund 350 Kilometer nördlich vom Wirtschaftszentrum Abidjan gelegen,
       ist voll von den kleinen Motorrädern. „Ein Erbe aus der [3][Rebellenzeit]“,
       sagt Kafalo Sekongo.
       
       Der Lehrer, der in Bouaké aufgewachsen ist, war damals dabei, als die
       Mopeds in die Stadt kamen. Es passierte, als in der Elfenbeinküste 2002
       Teile des Militärs einen Putschversuch starteten und das Land nach dessen
       Scheitern in zwei Teile zerfiel: Während im Süden die Regierung um
       Staatspräsident [4][Laurent Gbagbo] die Kontrolle behielt, übernahm eine
       Rebellengruppe namens „Die neuen Kräfte der Elfenbeinküste“ den Norden mit
       dessen Zentrum Bouaké.
       
       Ministerien, Staatsbeamte, Polizei, Politiker – sie alle verließen damals,
       im Sommer 2002, den Norden. Auch die Zollbeamten. „Daraufhin wurde Bouaké
       regelrecht von günstig zu erwerbenden chinesischen Motorrädern
       überschwemmt, die aus Burkina Faso und Mali ins Land gebracht wurden. Weil
       sie zollfrei und damit sehr günstig waren, konnten sich viele Leute
       plötzlich so ein Ding leisten“, erklärt Sekongo.
       
       Der heute 57-Jährige, der seinerzeit die Beziehungen Bouakés zur deutschen
       Partnerstadt Reutlingen organisiert hatte, kehrte selbst nach kurzer Flucht
       in seine Heimatstadt zurück und bekam alles mit: den Zerfall des Ortes und
       seinen Wiederaufbau, nach dem Friedensabkommen von 2007, bei dem die
       verfeindeten Parteien Frieden schlossen.
       
       ## Der Appell des Didier Drogba
       
       Dass es zu dieser Befriedung kam, hatte ganz wesentlich mit Fußball zu tun.
       Besser gesagt: mit [5][Didier Drogba] und seinen Leuten – Kolo Touré,
       Emmanuel Eboue, Arouna Dindane und Didier Zokora. Es war die goldene
       Fußballergeneration der Elfenbeinküste, die sich 2005 – inmitten des
       Bürgerkriegs – für die Weltmeisterschaft in Deutschland qualifizieren
       konnte. Die Fußballer galten als Helden im Land, [6][Drogba] wurde zu jener
       Zeit bereits wie ein Erlöser verehrt.
       
       Nach dem entscheidenden 3:1-Sieg über den Sudan – Konkurrent Kamerun hatte
       zeitgleich nur 1:1 gegen Ägypten gespielt – rief dieser Drogba ein
       internationales TV-Team zu sich und seinen Leuten in die Umkleidekabinen in
       den Katakomben des Stadions im sudanesischen Omdurman.
       
       „Männer und Frauen der Elfenbeinküste“, sprach Drogba in die Kamera, „wir
       haben heute Großes für unser Land geschafft. Aber das ist alles nichts
       wert, wenn wir nicht zusammenhalten. Ich bitte Euch: Legt die Waffen
       nieder. Haltet Wahlen ab. Befriedet unser gemeinsames Land!“
       
       Ein Jubelschrei ging durchs Land. Doch erst zwei Jahre später kam es zum
       wirklich entscheidenden Moment, der den Frieden bringen sollte. Und wieder
       war es Drogba, der den entscheidenden Impuls gab. Diesmal ging es um die
       Qualifikation für den nächsten Afrika-Cup. Eigentlich sollte das letzte
       Qualifikationsspiel von Drogbas „Elefanten“ gegen Madagaskar im Juni 2007
       in Abidjan stattfinden. Doch der Kapitän des Teams überredete die
       Verbands-Verantwortlichen dazu, das Match in Bouaké, der Rebellenhochburg,
       stattfinden zu lassen.
       
       So liefen die Fußballhelden inmitten von Tausenden von Soldaten ins
       baufällige Stadion der Stadt ein und bezwangen den bemitleidenswerten
       Gegner unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen mit 5:0. Es war die Wende.
       Wie ein Messias wurden Drogba und seine Teamkollegen von Rebellensoldaten
       und Regierungskräften durch die Arena geleitet – das Symbol war deutlich:
       Das Land sollte wieder vereint werden. Ein halbes Jahr später, im Dezember
       2007, wurde ein Friedensvertrag geschlossen.
       
       Es dauerte noch, bis es wirklich losging mit dem Wiederaufbau und der
       Beilegung sämtlicher Scharmützel. [7][Drogba] zog sich 2018 nach einer
       glanzvollen Karriere aus dem Fußball zurück. Vier Premier-League-Titel,
       vier FA Cups, drei Ligapokale und eine Champions-League-Siegermedaille. Nur
       mit der Nationalmannschaft blieb ihm ein großer Titel verwehrt. Es scheint
       beinahe so, als wären Drogba & Co. im Nationaltrikot für Größeres als
       fußballerischen Erfolg ausersehen gewesen.
       
       27 Jan 2024
       
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