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       # taz.de -- Brände in Kolumbiens Hauptstadt: Gestank und brennende Augen
       
       > An der Bergkette im Osten von Kolumbiens Hauptstadt Bogotá lodern die
       > Flammen. Zum beißenden Rauch kommt eine Hitzewelle aus Klimawandel und El
       > Niño.
       
   IMG Bild: Der Rauch der brennenden Bergkette vor Bogota zieht bis in die Stadt
       
       Bogotá taz | Es begann mit einer schmalen Rauchsäule auf einer Spitze der
       Bergkette. Das war am Montagmorgen. Seitdem brennt es in Bogotá. Die Cerros
       Orientales sind für die Bewohner:innen von Kolumbiens Hauptstadt der
       Kompass. Wo die Berge sind, ist Osten. An ihnen richtet sich das
       Schachbrettmuster der Straßen aus. Da oben steht das Wahrzeichen
       Monserrate. Da ist die weiße Kirche, die Tourist:innen wegen der
       Aussicht besuchen.
       
       Seit Montag wandern die Augen nur zu den Bergen in der Hoffnung, dass es
       vorbei ist. Aber da sind immer irgendwo Rauch und Flammen. In die Misere
       hinein fliegen mit viel Getöse zwei, manchmal drei Hubschrauber. An ihnen
       hängt an einem langen Seil ein roter Sack. Das Ding heißt „bambi bucket“.
       Tatsächlich sieht es ähnlich imposant aus, wie wenn man ein Rehkitz in den
       Krieg schicken würde. Der Hubschrauber fliegt hin, der Sack öffnet sich –
       und pieselt einen dünnen Strahl an den Berg, 2.460 Liter pro Ladung.
       
       Im Wald auf dem Berg kämpfen rund 200 Feuerwehrleute seit Tagen, um das
       Feuer zu ersticken, schlagen Schneisen, pumpen Löschwasser hoch. Mit
       Unterstützung der Polizei und Luftwaffe. Bogotá liegt auf 2.600 Metern, die
       Berge sind noch mal ein paar Hundert höher, teils senkrecht. Ein
       Knochenjob. Alles Waldschutzgebiet, verwaltet vom Wasserwerk.
       
       Was können wir tun?, fragten sich viele Bogotaner:innen, denen es das Herz
       brach. Essensspenden, Getränke, Elektrolyte, Sonnencreme, Augentropfen für
       die Feuerwehrleute, hieß es. Wenige Stunden später meldeten Stadt und
       Feuerwehr: Bitte keine Spenden mehr, die Sammelpunkte sind voll. Im
       Übrigen, stellten sie klar, werde Geld nicht gesammelt. Offenbar hatten da
       schon Betrüger:innen die Lage ausgenutzt.
       
       ## Dazu dieser irre Wind, der einem die Fenster zuschlägt
       
       In und um Bogotá laden Umweltschützer:innen und andere Organisationen
       seit Donnerstag jeden Tag zum Anpacken ein, damit bloß kein neues Feuer
       ausbricht: Müll sammeln und gießen im Feuchtgebiet, im Forst, auf dem Berg,
       im Páramo, dieser kostbaren moorigen andinen Hochgebirgstundra, wo das
       Trinkwasser entsteht.
       
       Während dieser Text geschrieben wird, brennt es an fünf Orten im
       Stadtgebiet: zweimal in den Bergen, in der Nähe der Mülldeponie Doña Juana,
       im Feuchtgebiet Tibanica und im Stadtteil Kennedy. Gelöscht wurde noch kein
       Feuer seit Montag, bestenfalls „kontrolliert“.
       
       Das Gesundheitsamt rät Leuten, die in der Nähe wohnen oder
       Atemwegserkrankungen haben, zu N95-Mundschutz. Und dazu, die Fenster
       geschlossen zu lassen. Die Luftqualität, in Bogotá generell schlecht, ist
       jetzt noch furchtbarer. Auf der Straße sieht man trotzdem wenige mit
       Mundschutz. Ein paar Schulen wurden evakuiert und geben jetzt virtuellen
       Unterricht.
       
       Die Sonne brennt und brennt. Es ist kein Regen in Sicht. Dazu dieser irre
       Wind, der einem die Fenster zuschlägt. Der die Rauchwolke mal ins eine
       Viertel, mal ins andere treibt. Die Frage ist: Stinkt die Wohnung morgens
       wieder nach Rauch? Brennen die Augen beim Frühstück?
       
       ## Die Wanderwege sind geschlossen, die Kirche auch
       
       Mittlerweile sagt die Feuerwehr, alles habe mit einem streng verbotenen
       Lagerfeuer begonnen. In [1][Usme] hat womöglich die [2][Landmafia] Feuer
       gelegt. An den anderen könnte vieles schuld sein – eine Glasscherbe, eine
       Zigarettenkippe. Oder die irre Hitze, verursacht von der Klimakrise,
       verstärkt von El Niño. Schaut man sich die [3][Karte von Kolumbien] an, ist
       sie großteils rot. Alles Hitzeherde, die zu Feuern werden könnten. An
       vielen brennt es schon.
       
       Die Stadt hat die Wanderwege in den Bergen alle geschlossen. Dazu neun
       Parks, die in der Risikozone liegen, die Kirche Monserrate. Manche fordern,
       die Wanderwege für immer zu schließen, weil es zu viele Deppen gibt. Andere
       sind traurig, weil es in der Stadt eh zu wenig Natur gibt, um sich zu
       bewegen.
       
       Nachts herrscht Stille. Da fliegen die Hubschrauber nicht. An der Bergkette
       glühen die Feuernester. Dann ist sie auf einmal komplett schwarz – bis der
       Berg wieder eine Feuerzunge spuckt. Wie ein erlöschender Vulkan, der sich
       noch einmal aufbäumt.
       
       27 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.elespectador.com/bogota/reportan-emergencia-en-usme-por-otro-incendio-forestal/
   DIR [2] /Zerstoerte-Schutzgebiete-in-Kolumbien/!5723085
   DIR [3] https://www.eltiempo.com/colombia/otras-ciudades/mapa-de-la-nasa-de-los-incendios-en-colombia-reporte-satelital-de-la-emergencia-848073
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Wojczenko
       
       ## TAGS
       
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