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       # taz.de -- No-Budget-Film „The Woddafucka Thing“: Wärste doch bei der Mafia geblieben
       
       > Die angenehm verpeilte Komödie „The Woddafucka Thing“ zeigt ein
       > migrantisch geprägtes Berlin. Ihre Protagonisten sind Ganoven wider
       > Willen.
       
   IMG Bild: Sweety (Dela Dabulamanzi) bekommt auch von Hülya (Sithembile Menck) rassistische Sprüche ab
       
       Da ist zunächst einmal Sweety (Dela Dabulamanzi). Sie arbeitet als
       Radiomoderatorin für Musiksendungen, und wie das in der Branche so ist,
       reicht das, was sie damit verdient, anscheinend nicht zum Überleben im
       Berlin der Gegenwart. Sie hält sich mit Gelegenheitsgaunereien über Wasser.
       Ein großer Auftrag verspricht viel Geld für sie. Bei der Übergabe wird sie
       jedoch ausgetrickst. Statt mit dem Geld wacht sie wenig später allein auf
       der Straße auf.
       
       Und dann ist da Gino (Carlo Loiudice). Er betreibt mit seinem Halbbruder
       Ninja (Marc Phillipps) eine Karateschule, die mäßig läuft und bei der eine
       Mieterhöhung ansteht, die das Aus für ihr Unternehmen bedeuten würde.
       Nachdem er die Schule spätabends verlassen hat, findet er auf seinem
       Heimweg die bewusstlose Sweety auf dem Pflaster. Als sie halbwegs wieder
       stehen kann, nimmt er sie zunächst mit zu sich nach Hause.
       
       Persönlich verbindet die beiden wenig. Sie glaubt am nächsten Morgen, er
       habe ihre Lage sexuell ausgenutzt. Er versichert ihr jedoch, sie habe ihn
       zu Handlungen zwingen wollen, zu denen er in der Situation nicht bereit
       war. Daraus erwächst ein kleiner Klamauk aus Rückblenden und vertauschten
       Rollen. Denn Gino, stellt sich heraus, hat viel mehr Angst vor Sweety als
       umgekehrt.
       
       Zusammen kommen sie dann allerdings doch, der beiderseits fehlenden
       materiellen Basis wegen. Sweety braucht das Geld, das ihr bei ihrem Job
       geraubt wurde, zurück, und Gino und Ninja brauchen Geld, um ihren Laden zu
       retten. Man einigt sich schließlich auf einen gemeinsamen kleinkriminellen
       Auftrag, der allen Beteiligten die gewünschte Lösung verspricht.
       
       „The Woddafucka Thing“ von Gianluca Vallero ist eine schnörkellose Komödie,
       in gestochenem Schwarzweiß gefilmt und ohne Förderung über sechs Jahre
       hinweg entstanden. Der Film leistet vieles von dem, was üppig geförderte
       Filme in Deutschland oft vermissen lassen. Er hat, das ist schon ein großes
       Verdienst für sich, einen spontanen Witz, der weder bemüht-verkrampft noch
       dämlich-steril daherkommt.
       
       ## Hättste gleich in Italien bei der Mafia bleiben können!
       
       Seine Besetzung ist vielfältig, deutschstämmige Darsteller bilden eher die
       Minderheit, mit einer schwarzen Protagonistin. Dela Dabulamanzi sorgt in
       ihrem Part zudem für die erforderliche Energie, um die gesamte
       Angelegenheit zu tragen.
       
       Denn übermäßig streng erzählt ist das alles nicht unbedingt, Vallero mag es
       lieber angenehm verpeilt. Was eine ungezwungene Form ergibt für ernsthafte
       Fragen, die er auf diese Weise angeht. Begonnen mit Dingen wie
       [1][Gentrifizierung, die sich in Gestalt von Mietwucherern manifestiert],
       bis hin zu [2][alltäglichem Rassismus], den Sweety von allen Seiten erfährt
       und den sie selbst bei Gelegenheit weitergibt. Als sie von Gino wissen
       will, warum er nach Deutschland gekommen ist, und dieser verlegen etwas mit
       „Arbeit“ antwortet, spottet Sweety: „Da hättest du ja gleich in Italien bei
       der Mafia bleiben können!“
       
       Stilistisch hat Vallero ein paar Spielereien eingebaut, bei Rückblenden zum
       Beispiel werden rote Flächen koloriert, die Gegenwart der Handlung hingegen
       ist konsequent schwarzweiß. Sweetys Boss (Emilio De Marchi), der den ganzen
       Tag in seinem Van herumchauffiert zu werden scheint, hört im Auto stets
       Opernarien. Bloß der Titel, könnte man einwenden, wirkt selbstverliebt
       verrätselt. Immerhin macht er neugierig.
       
       28 Jan 2024
       
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