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       # taz.de -- Diskriminierung im Para-Sport: Die ist nicht genug behindert
       
       > Die zehnfache Weltmeisterin Tully Kearney beklagt sich über den Verband.
       > Es geht um demütigende Überprüfungen und eine falsche Einstufung.
       
   IMG Bild: Muss mehr als nur den Wasserwiderstand überwinden: Tully Kearney bei den Paralympics 2021 in Tokio
       
       Die britische Schwimmerin Tully Kearney gewann bei den [1][Paralympics]
       2021 in Tokio Gold, bei Weltmeisterschaften siegte die 26-Jährige schon
       10-mal, und auch etliche Weltrekorde gehören zum Portfolio der
       Kraulsprinterin.
       
       Was für die einen Grund ist, ihr mit Respekt entgegenzutreten, verführt den
       Verband World Para Swimming eher dazu, sich diese Person mal genauer
       anzuschauen. Bei einer Untersuchung, bei der herauskam, dass man Kearney
       künftig von der [2][Klassifizierung] S5 in S6 verschieben müsse, soll ein
       Offizieller versucht haben, „mich aus meinem Rollstuhl in eine halb
       stehende Position zu ziehen und mich dann mit dem Gesicht gegen die Wand zu
       halten, um zu verhindern, dass ich falle, und zu behaupten, dass dies
       ‚Gehen‘ sei …“ Kearneys Urteil ist eindeutig: „Das war nicht nur eindeutig
       unsensibel, erniedrigend und offen gesagt demütigend für mich als Athletin
       und als behinderte Person, sondern zeigt einmal mehr ein grundlegendes
       Missverständnis meiner Behinderung.“
       
       Kearney führt einen doppelten Kampf: Zum einen will sie nicht in S6
       eingestuft werden, weil das bedeute, dass sie „gegen Athletinnen antreten
       muss, die im Vergleich zu mir einen viel geringeren Grad an
       Beeinträchtigung haben“. Die Klassifizierer des Weltverbands hätten keine
       Ahnung von ihren zwei neurologischen Erkrankungen.
       
       Zum anderen macht sie auf die erniedrigenden [3][Tests] für Parasportler
       und -sportlerinnen aufmerksam. Im März 2023 haben sie „etwa sechs Stunden
       ohne jegliche Kommunikation“ darauf warten müssen, ehe sie erfuhr, dass
       nichts entschieden würde und sie noch mal getestet werde – ohne dass man
       ihr einen Grund genannt habe. „Das ist einfach so unsensibel und verletzt
       mich persönlich.“
       
       Was Kearney beklagt, ist nicht unbekannt. Der [4][Parasport], der doch
       angeblich für möglichst große Teilhabe von Menschen mit Behinderung sorgen
       will, schafft mit seinen Tests und seinem Generalverdacht, es würden sich
       Leute bloß als behindert ausgeben, um Medaillen zu erhaschen, für eine ganz
       neue Form der Diskriminierung. Tully Kearney ist nicht die erste, aber die
       aktuell prominenteste Sportlerin, die das anprangert. Die British Elite
       Athletes Association unterstützt Kearney: Zwar sei klar, dass die
       Klassifizierungsverfahren kompliziert seien, aber an erster Stelle müsse
       das Wohlergehen der Sportler stehen. Dass es hieran mangelt, hat nicht nur
       Tully Kearney überzeugend gezeigt.
       
       28 Jan 2024
       
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