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       # taz.de -- Fahrradwege in Berlin: Das neue Schreiner-Tempo
       
       > Der Ausbau der Radwege stockt: Keines der von der CDU-Verkehrsverwaltung
       > überprüften Projekte ist fertig. Auch Spielstraßen drohen unter die Räder
       > kommen.
       
   IMG Bild: Die autofreundliche Senatsverwaltung drängt darauf, dass die Radwege nicht zulasten des Autoverkehrs oder von Parkplätzen gehen
       
       Berlin taz | Berlins Verkehrswende ist ins Stocken geraten. Das wird ein
       Dreivierteljahr nachdem [1][Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) den Bau
       von 19 zentralen Fahrradwegen] vorübergehend stoppte, immer deutlicher.
       Zwar hatte eine „Task Force“ der Verkehrsverwaltung nach einmonatiger
       Prüfphase das Go für 16 Projekte gegeben, doch bis heute wurde keines davon
       fertiggestellt. 5,2 Millionen Euro, die 2023 für den Ausbau vorgesehen
       waren, wurden nicht ausgegeben. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine
       Anfrage der verkehrspolitischen Sprecherin der Grünen, Oda Hassepaß,
       hervor.
       
       Laut Verkehrsverwaltung werde für den Großteil der Projekte, etwa auf der
       Hermannstraße, der Sonnenallee oder dem Adlergestell, mit einem Start der
       Bauarbeiten in diesem Jahr gerechnet; nur im Fall der Köpenicker Landstraße
       ist der Baubeginn ungewiss. Doch an den Zeitplänen gibt es Zweifel: Für
       fünf der Projekte liegen noch nicht einmal die Straßenbaugenehmigungen vor,
       etwa für die Hansastraße in Moabit, die bereits seit 2017 geplant wird. Bei
       insgesamt neun geplanten Fahrradstraßen wurden bislang keine Unternehmen
       für Bauleistungen beauftragt.
       
       Laut Hassepaß wurden „mindestens die Hälfte der Projekte monatelang
       ausgebremst“, möglicherweise würden diese „nie genehmigt“. Die
       autofreundliche Senatsverwaltung drängt darauf, dass die Radwege nicht
       zulasten des Autoverkehrs oder von Parkplätzen gehen. Ein Dokument mit
       „Hinweisen für die Planung von Radverkehrsanlagen“ der Verwaltung aus dem
       August wurde erst im Dezember an die Bezirke übermittelt. Hassepaß spricht
       von einer „unnötigen und nicht nachvollziehbaren Verzögerung“. Für die
       gestoppten Projekte in der Stubenrauchstraße, Roedernallee und der
       Blankenfelder Chaussee soll Ende März entschieden werden, ob und wie sie
       gebaut werden.
       
       Laut Verkehrsverwaltung ließe sich „nicht mit Sicherheit sagen, welcher
       Einflussfaktor welche zeitliche Verzögerung mit sich gebracht hat“. Neben
       der Überprüfung der Projekte hätten auch „fehlende personelle Kapazitäten
       in den Bezirken“ oder „Engpässe bei Bau- und Markierungsunternehmen“ zu den
       Verzögerungen geführt.
       
       ## Autopolitik geht weiter
       
       Zukünftig sollen Radverkehrsmaßnahmen zwar nicht grundsätzlich überprüft
       werden, jedoch dann, wenn „die Task Force von der Hausleitung der
       Senatsverwaltung für Mobilität“ einen entsprechenden Auftrag erhält. Für
       Hassepaß bedeutet das die Abkehr von Vorgaben aus dem Mobilitätsgesetz und
       dem Radverkehrsplan; Planungen würden „passend gemacht, wenn die politische
       Stimmungslage es erfordert“.
       
       Bereits Mitte Januar war bekannt geworden, dass 2023 nur 4,2 Millionen Euro
       für „Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs“ ausgegeben wurden; dabei
       standen 10,75 Millionen Euro dafür bereit. Dabei hatte die
       Vorgängerregierung das Budget extra erhöht, um den Vorgaben des
       Mobilitätsgesetzes gerecht zu werden. Für das laufende Jahr hat die
       schwarz-rote Landesregierung nur noch 7,5 Millionen Euro eingestellt – eine
       Kürzung des Budgets um 30 Prozent. Pro Jahr wurden zuletzt nur etwa ein
       Viertel der laut Radverkehrsplan vorgesehene 100 Kilometer Radwege gebaut.
       
       Neue Vorgaben des Senats werden die Einrichtung [2][temporärer
       Spielstraßen] in Zukunft wohl auch verunmöglichen. Schreiners Verwaltung
       verlangt, dass Bezirke diese nur noch genehmigen dürfen, wenn sie als
       Straßenfest beantragt werden. Das Bündnis Temporäre Spielstraßen, das seit
       2020 auf inzwischen 100 Straßenabschnitten regelmäßig Angebote für Kinder
       organisiert, kritisiert, bei der Beantragung als Straßenfest seien
       „Aufwand, Kosten und Verantwortung viel zu hoch“. Eine wöchentliche
       Regelmäßigkeit sei damit „nicht mehr denkbar“.
       
       Hassepaß sagt: „Wieder einmal geht schwarz-rote Autopolitik auf Kosten der
       Schwächsten und einer gerechtere Verteilung des öffentlichen Raums.“ Die
       Grünen-Fraktion wolle demnächst im Abgeordnetenhaus einen Antrag stellen,
       um den „Fortbestand der temporären Spielstraßen abzusichern und das
       etablierte und unbürokratische Verfahren“ fortzusetzen.
       
       29 Jan 2024
       
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