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       # taz.de -- Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus: Der Bezirk will kein Zaungast sein
       
       > Das grün-geführte Friedrichshain-Kreuzberg lehnt die Mitwirkung an einer
       > Umzäunung des Görlitzer Parks ab. Das Thema spaltet auch das Parlament.
       
   IMG Bild: Gehen getrennte Wege: Kai Wegner (am Mikro) und Clara Herrmann (daneben)
       
       Berlin taz | Der Bezirk stellt sich quer gegen die Pläne des schwarz-roten
       Senats, den Görlitzer Park zu umzäunen und nachts abzuschließen. In einem
       Schreiben an die Senatsverwaltung für Umwelt lehnt Bürgermeisterin Clara
       Herrmann (Grüne) die geforderte Mitwirkung des Bezirks ab: Man werde die
       „gewünschten Beauftragungen zur Errichtung einer Einfriedung nicht
       übernehmen“, ebenso wenig werde man eine „Benutzungsregelung mit
       Schließzeiten“ erlassen, heißt es in dem der taz vorliegenden Brief.
       
       Der Senat habe nicht dargelegt, was der Bezirk konkret veranlassen soll: So
       seien Art und Umfang der Baumaßnahmen nicht beschrieben und auch nicht
       konkretisiert, wie eine Benutzerordnung aussehen, also zu welchen Tages-
       oder Jahreszeiten der Zaun abgeschlossen werden soll. Die Umzäunung lehnt
       man rundherum ab. Diese sei „mit den Beschlüssen der
       Bezirksverordnetenversammlung nicht vereinbar“.
       
       Der Senat droht unterdessen damit, das Verfahren an sich zu ziehen. Diesem
       Vorgehen hält der Bezirk eine fünfseitige Rechtsschrift entgegen.
       Argumentiert wird, dass sich laut des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes
       Senat und Bezirk zunächst „ins Benehmen“ setzen müssten. Dies sei bislang
       nicht geschehen – der Sicherheitsgipfel von Regierungschef Kai Wegner
       (CDU), an dem auch der Bezirk teilnahm, sei formal dafür nicht zuständig.
       Auch sei der Rat der Bürgermeister bislang nicht wie vorgesehen einbezogen
       worden.
       
       Auf Basis des geltenden Rechts hält der Bezirk ein Eingreifen des Senats
       nicht für möglich. Weder sei eine Überarbeitung des Grünanlagengesetzes,
       die einen Zaunbau ermöglichen soll, bereits beschlossen, noch könne der
       Senat das Vorhaben mit der Begründung an sich ziehen, dass im Görli ein
       „dringendes Gesamtinteresse Berlins“ betroffen sei. Der Park habe keine
       gesamtstädtische Bedeutung und sei auch nicht der einzige
       Drogenschwerpunkt.
       
       ## Betroffene Bewohner können klagen
       
       Gegen einseitiges Handeln des Senats stünden dem Bezirk zwar keine
       Rechtsmittel zu. Es könnte aber jeder betroffene Bewohner klagen.
       Vorbereitungen dafür laufen schon. Im Bündnis Görli Zaunfrei habe man sich
       bereits ausgetauscht, wie man die Sache „juristisch angreifen könnte“, sagt
       Sprecher David Kiefer. Es gebe Anwohnende, „die bereit sind zu klagen“.
       Kiefer sagt: „Wir wollen das machen, wir werden das machen.“ Ob der Zaun,
       selbst wenn er bis zum Sommer kommt, dann auch abgeschlossen werden kann,
       steht damit in den Sternen.
       
       Auch das Abgeordnetenhaus diskutierte am Donnerstag über den Park. Die
       Weigerung des Bezirks, den Zaun auf den Weg zu bringen, spielte dabei nur
       am Rande eine Rolle. Dass man vom Zaun nichts hält, hatte Bürgermeisterin
       Herrmann [1][bei einem Besuch Wegners] in ansonsten guter Atmosphäre – die
       beiden duzen sich – vergangene Woche erneut klar gemacht.
       
       „Wir entreißen diesen Kriminalitätshotspot endlich den Kriminellen und
       geben ihn den Berlinerinnen und Berlinern zurück“, sagte Wegner im
       Parlament. Keine Reaktion gab es von ihm auf Vorwürfe von Grünen und
       Linkspartei, er habe falsch informiert. Wegner hatte jüngst [2][zu hohe
       Angaben zur Einsatzstundenzahl der Polizei im Park] gemacht. Bereits im
       Herbst hatte er gesagt, der New Yorker Central Park sei durch einen Zaun
       sicherer geworden – [3][dabei gibt es dort gar keinen.]
       
       „Wenn Sie nur einen Funken Verantwortung für Ihr hohes Amt haben, dann
       hören Sie auf mit diesen Falschbehauptungen“, verlangte Niklas Schrader
       (Linkspartei) von ihm. Die Grüne Antje Kapek mochte gar nicht bestreiten,
       dass es ein Problem mit organisierter Kriminalität gibt. Ein Zaun aber
       verlagere die Probleme nur ins Umfeld des Parks, eine gesamtstädtische
       Strategie müsse her.
       
       Wegner konterte, man habe beim Sicherheitsgipfel auch über den Leopoldplatz
       in Mitte gesprochen. Er räumte allerdings auch ein: „Niemand im Senat
       glaubt daran, dass ein Zaun allein die Probleme lösen kann.“ Aber man
       glaube daran, dass er „Teil der Lösung“ sei, die aus einem Zweiklang aus
       Prävention und Repression bestehe.
       
       1 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Senatstour-in-Friedrichshain-Kreuzberg/!5984422
   DIR [2] /Polizeieinsaetze-im-Goerlitzer-Park/!5985634
   DIR [3] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/10/berlin-wegner-buergermeister-central-park-zaun.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
   DIR Erik Peter
       
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