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       # taz.de -- Parteichef Tino Chrupalla wohl dabei: AfD-Geheimtreffen kein Einzelfall
       
       > Treffen von AfD-Politikern, Neonazis und Unternehmern gab es offenbar
       > schon öfter. Auch Chrupalla war wohl bei einer „Investorenrunde“ im
       > Herbst 2021.
       
   IMG Bild: Ruf nach einem Parteiverbot: Aufgeflogene Geheimtreffen zwischen AfD, Neonazis und Unternehmern haben Verbotsforderungen gestärkt
       
       Berlin taz | Das aufgeflogene [1][Geheimtreffen zwischen Unternehmern,
       AfD-Politikern und Neonazis] war offenbar kein Einzelfall. Das Treffen in
       einer Villa am Lehnitzsee in Potsdam von November 2023, bei dem
       Teilnehmer*innen 5.000 Euro spenden sollten und wohlwollend über die
       millionenfache Deportation Deutscher mit Migrationshintergrund diskutiert
       wurde, könnte eine regelmäßige Runde gewesen sein.
       
       Das legen Mails nahe, über die zuerst [2][Spiegel] und Zeit berichtet
       haben: Demnach soll auch AfD-Parteichef Tino Chrupalla Anfang Oktober 2021
       an einem Treffen des sogenannten „Düsseldorfer Forums“ teilgenommen haben.
       In den vom [3][Hackerkollektiv Anonymous geleakten Mails] ist die Rede
       davon, dass eine Zusammenkunft mit Chrupalla bereits die „5. Düsseldorfer
       Runde“ gewesen sei.
       
       Auch hier soll der rechtsextreme Zahnarzt Gernot Mörig die Runde
       organisiert haben. Im Entwurf für ein Rundschreiben bedankte sich Mörig
       nach dem aus seiner Sicht gelungenen Treffen ausdrücklich beim
       AfD-Parteichef, der nur wenige Wochen nach dem Bundestagswahlkampf Zeit
       gefunden habe, „um vor einem kleinen privaten Kreis völlig unkompliziert
       und glaubwürdig ‚Rede und Antwort‘ zu stehen“.
       
       Daraus geht auch hervor, dass am 15. Oktober 2022 noch eine weitere
       Zusammenkunft geplant war, sodass das vom Recherchekollektiv Correctiv
       aufgedeckte Geheimtreffen mit dem Neonazi-Ideologen Martin Sellner in
       Potsdam bereits das siebte gewesen sein könne. Beim Treffen mit Chrupalla
       Anfang Oktober ging es offenbar um Investitionen in einen [4][rechten
       TV-Sender, der dann allerdings floppte]. Der AfD-Parteivorsitzende
       Chrupalla wollte auf taz-Anfrage nichts zu dem Treffen sagen.
       
       ## „Extrem potent in Finanzdingen“
       
       Was dort über den TV-Sender hinaus diskutiert wurde, ist unklar. Mörig
       schrieb in seiner Dankesmail lediglich von „positiver Resonance“ (Fehler im
       Original), die am „privaten, fast familiären Charakter“, den „vorgestellten
       Projekten“ und „starken Referenten“ gelegen hätte. Man habe sich „einfach
       im Kreise niveauvoller Patrioten wohl“ fühlen, das Netzwerk erweitern und
       gute Projekte unterstützen können. Einen konkreten Spendenaufruf inklusive
       Bankverbindung gab es ebenfalls.
       
       In einer anderen von Anonymous geleakten Mail wird das Netzwerk als
       „Investorenrunde“ bezeichnet, die aus rund 25 Leuten bestehe, „darunter
       extrem potente Menschen in Finanzdingen“. Einige der sehr reichen
       Teilnehmer seien Ende 70 und Anfang 80, hätten keine Kinder und wollten
       „sinnvolle Projekte“ fördern, heißt es da. Insgesamt liege der
       Altersschnitt bei 60.
       
       Auch der ehemalige Vorsitzende des CDU-nahen Vereins Werteunion, Max Otte,
       soll zu den Kontakten des rechtsextremen Zahnarztes Mörig gehören, wie aus
       anderen Mails des Hacker-Kollektivs Anonymous hervorgeht. Otte, der sich
       stets bemühte, eine Scharnierfunktion zwischen Rechtsextremen und
       Rechtskonservativen innerhalb und jenseits der CDU einzunehmen, kandidierte
       2022 erfolglos als Bundespräsident für die AfD – danach hat ihn die CDU aus
       der Partei geschmissen. Mehrfach hatte auch er der AfD hohe Geldbeträge
       gespendet.
       
       ## Deportationspläne auch kein Einzelfall
       
       Ob auch beim Chrupalla-Treffen bereits großangelegte Deportationspläne
       diskutiert wurden, ist unklar. Allerdings gab es ein anderes, offiziell
       bekanntes Treffen, bei dem entsprechende Pläne diskutiert wurden – hier
       waren ebenfalls Tino Chrupalla, Alice Weidel und der gesamte Bundesvorstand
       anwesend: Auf dem [5][AfD-Europaparteitag in Magdeburg im August 2023]
       forderte Irmhild Boßdorf im [6][offenen Widerspruch zum Rechtsstaat]
       „millionenfache Remigration und Pushbacks, egal, was der Europäische
       Gerichtshof dazu sagt!“ Sie bekam Szenenapplaus und wurde danach mit rund
       76 Prozent gewählt.
       
       Gewaltsame Deportationen unter dem verharmlosenden Stichwort „Remigration“
       hatte auch der Chef der völkischen AfD-Strömung, Björn Höcke, schon 2019 in
       seinem Buch angekündigt. Darin forderte er „ein großangelegtes
       Remigrationsprojekt“ mit „wohltemperierter Grausamkeit“.
       
       15 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/
   DIR [2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rechtsextreme-netzwerke-nahm-auch-afd-chef-chrupalla-an-geheimtreffen-teil-a-ba6482db-537f-4ed0-94c5-a9e77919dea0
   DIR [3] https://anonleaks.net/2021/optinfoil/freedoline-hintermaenner-und-finanzierungsrunden/#2
   DIR [4] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-01/afd-rechtsextremismus-tino-chrupalla-duesseldorfer-runde/komplettansicht
   DIR [5] https://twitter.com/akm0803/status/1685618420111294465
   DIR [6] /Die-AfD-und-der-Rechtsstaat/!5960088
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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