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       # taz.de -- Gipfelmarathon in Afrika: Krisengespräche am Victoriasee
       
       > Drei Gipfel vor allem ärmerer Länder finden parallel zu Davos statt.
       > Themen: Sudan und der Konflikt zwischen Somalia und Äthiopien.
       
   IMG Bild: Delegierte während der Eröffnung des 19. NAM-Gipfels (Non Alligned Movement) in Kampala, Uganda, 15. Januar 2024
       
       Kampala taz | Mit Sirenengeheul brausen die Staatskarossen zum
       Konferenzzentrum südlich der ugandischen Hauptstadt Kampala. Entlang der
       Straße sind Soldaten postiert, die Fahrbahn ist frisch geteert, am
       Straßenrand wurden kurz zuvor noch schnell Palmen gepflanzt.
       
       Während sich die weltweit führenden Industrienationen im schweizerischen
       Davos zum Weltwirtschaftsforum treffen, versammeln sich parallel dazu im
       Herzen Afrikas die Staats- und Regierungschefs der ärmeren Länder. Gleich
       drei große Gipfel werden in diesen Tagen nun am Victoriasee abgehalten:
       zunächst der NAM-Gipfel (Non Alligned Movement). In diesem 1960 gegründeten
       UN-Forum sind 120 Länder vertreten, die sich keinem der Blöcke des Kalten
       Krieges zuordnen wollten.
       
       Zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus Afrika, Lateinamerika und Asien
       reisen an, selbst Russland, China und Südkorea haben Vertreter entsendet.
       Viele Delegationen haben sich für länger in Kampala eingebucht. Denn
       nächste Woche findet im selben Konferenzzentrum das Treffen der G-77 statt,
       in welcher 135 Entwicklungsländer vertreten sind.
       
       Zu Donnerstag hat Ugandas Präsident Yoweri Museveni zudem sämtliche
       Nachbarstaaten, die im Regionalblock IGAD (Intergovernmental Authority on
       Development) Mitglied sind, zu einem Sondertreffen eingeladen. Auf der
       Agenda stehen zwei Konflikte, die die ganze Region gefährden: der Krieg im
       Sudan und [1][die eskalierende Lage am Horn zwischen Somalia und
       Äthiopien.]
       
       ## Spannungen im Vorfeld
       
       Doch dieses IGAD-Treffen sorgte im Vorfeld für Spannungen. Kurzerhand hat
       Sudans Außenministerium am Mittwoch seine IGAD-Mitgliedschaft suspendiert –
       aus Protest. Und auch Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed sagte sein
       Kommen ab.
       
       Im Sudankrieg wendet sich das Blatt. Die Rebellenmiliz RSF (Rapid Support
       Forces) nimmt immer mehr Gebiete ein und installiert bereits in der
       Hauptstadt Karthum, die weitestgehend unter RSF-Kontrolle ist, eine
       Verwaltung. RSF-Anführer General Mohammed Hamdan Dagalo, alias Hametti,
       [2][gibt sich nun auch auf internationalem Parkett als Staatsmann.]
       
       Ugandas Präsident Museveni hat ihn vor zwei Wochen empfangen. Und auch
       jetzt ist Hametti nach Kampala gereist. Er soll auf Musevenis Wunsch dem
       IGAD-Treffen beiwohnen. Am Mittwoch traf er sich mit dem Sondergesandten
       der UN-Generalversammlung, Ramatane Lamamra.
       
       Sudans Außenministerium, das der Regierungsarmee unter General Abdel Fattah
       Al-Burhan nahesteht, wirft nun der IGAD und Museveni vor, parteiisch zu
       sein. Dass der Warlord „hofiert“ wird, hat General Burhan entzürnt. Er warf
       der IGAD die „Verletzung der Souveränität Sudans“ vor.
       
       ## Zu Friedensgesprächen bereit
       
       Dafür wird Sudans ehemaliger Premierminister Abdallah Hamdok anreisen, der
       Vorsitzende der Koalition der Zivilgesellschaft, auch Taqadum genannt.
       Taqadum-Vertreter hatten sich bereits Anfang Januar mit Hametti getroffen,
       um Möglichkeiten von Friedensverhandlungen auszukundschaften. Der
       RSF-Anführer beteuerte in den vergangenen Wochen mehrfach, er sei zu
       Friedensgesprächen mit seinem Rivalen General al-Burhan bereit.
       
       Diese Gespräche hätten eigentlich am Donnerstag im Rahmen des IGAD-Gipfels
       stattfinden sollen. Es wäre das erste Mal gewesen, dass sich die beiden
       Erzrivalen in einem Raum eingefunden hätten.
       
       Die Lage im Sudan wird immer schlimmer. UN-Experten, die zu
       Menschenrechtsverbrechen im Sudan ermitteln, veröffentlichten am Mittwoch
       einen Bericht, der die unzähligen Menschenrechtsverletzungen in den
       vergangenen zehn Monaten des Krieges dokumentiert. Der UN-Experte für
       Menschenrechte im Sudan, Radhouane Nouicer, drängte erneut die beiden
       Konfliktparteien, eine Ende des Krieges zu ersuchen, der bereits 7,6
       Millionen Menschen vertrieben hat.
       
       Unterdessen bahnt sich in der Nachbarregion am Horn ein weitere Eskalation
       an. Äthiopien hat zu Beginn des Jahres mit der von Somalia abtrünnigen
       Region Somaliland, das international nicht anerkannt wird, ein Abkommen
       unterzeichnet. Laut diesem darf Äthiopien nun einen Militärstützpunkt am
       Roten Meer in Somaliland errichten.
       
       Somalias Regierung in Mogadischu hat diesen Deal für ungültig erklärt und
       nennt ihn eine „Verletzung der Souveränität“ des Landes. Als eine
       hochrangige äthiopische Delegation am Mittwoch nach Somaliland reisen
       wollte, wurde der Ethiopian-Airlines-Maschine die Landeerlaubnis
       verweigert. Auch hier will IGAD nun vermitteln.
       
       18 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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